Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof

06.03.2024 19:13
#1 Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Hallo Leute,

ums gleich vorweg zu nehmen: das ist keine Konkurrenz zu Berlin, mehr eine, sagen wir Ergänzung. Ich versuch‘s mal zu erklären:

Industriebahnen sind toll, und Güterwagen und Rangierloks der Epoche IV sind auch toll. Aber der Betrieb ist doch recht simpel. Wagen stehen im Übergabebahnhof, werden auf die Anschließer verteilt, wieder eingesammelt, kommen zurück in den Übergabebahnhof. Aus diesem Konzept wollte ich partout immer mehr herausholen und hab dafür einiges an Handständen gemacht, den Unimog, Betrieb mit zwei Loks zugleich, Vorsortieren der Wagen vor der Übergabe. Alles schön und gut, aber es kommt trotzdem nicht das Feeling auf, was ich haben will.

Wenn ich nun also eh schon an zwei Orten heimisch bin, Kiel und Zürich, so dachte ich mir neulich, kann ich doch eigentlich auch zwei verschiedene Welten verwirklichen: Eine fürs Güterwagen durch die Stadt schubsen, und eine fürs Betriebs-Feeling.

Jetzt muss ich noch mein Betriebs-Feeling erklären. Kurz gesagt zwei Stichworte: die Komplexität der Warenflüsse, und Zugbildung. Güterzüge kommen, werden aufgelöst, neugebildet, und verschwinden wieder. Das ist für mich die Essenz von Eisenbahnbetrieb, wenn das passiert, habe ich das Gefühl eine Eisenbahn zu betreiben. Wie schon erwähnt ist das bei einer Industriebahn nur ansatzweise umzusetzen, ein richtiger Rangierbahnhof ist andererseits natürlich viel zu groß.

Der Schlüssel zum Schrumpfen ist zugegebenermaßen genau Ottos Weg. Eine Schmalspurbahn in der Epoche I oder II bringt neben kleinen Fahrzeugen und kurzen Zügen nämlich auch kleinräumige Verkehrsbeziehungen.
Deshalb meine Idee, den Betriebsmittelpunkt eines Schmalspurnetzes zu bauen.

Damits keine Textwand wird teile ich den Beitrag hier, gleich kommt der nächste Teil, wos dann interessant wird...

Gruß

Alex


 Antworten

 Beitrag melden
06.03.2024 19:47
#2 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Dann also zunächst mal etwas Geographie und Geschichte

Elbing, an der Mündung des Elbing-Flußes ins Frische Haff, zwischen Danzig und Königsberg. Eine Elbinger Kreisbahn hat es nie gegeben, wohl aber Pläne für ein Kleinbahnnetz im Kreis Elbing als Fortsetzung der Kleinbahnen auf dem Danziger Werder der WKAG. Grob gesprochen bestand die Planung aus einer 30 km langen Strecke von Elbing nordöstlich nach Neukirch-Höhe und einer ebenso langen Strecke südwestlich nach Altfelde, von der ein Zweig die Nogat querend Lupushorst erreichen sollte. Dazu wären einige kurze Zweigstrecken gekommen. In Altfelde und Lupushorst hätte Übergang zur WKAG bestanden. Das Netz der WKAG erstreckte sich auf einer Länge von über 300 km bis hinauf nach Danzig.



Ein Streckenschema meiner Elbinger Kreisbahn. Die drei Kleinbahnstrecken in schwarz, die Strapenbahn in rot. Grau unterlegt sind kurze Zweigstrecken, auf denen höchstwahrscheinlich nur Güterverkehr nach Bedarf stattgefunden hätte, ein Charakteristikum der Werder-Bahnen.

Stadtplan von Elbing, die meisten Pläne hab ich eher verlinkt anstatt sie hier einzufügen, da sie so besser vergrößer- und scrollbarer sind.

Hier eine polnische Streckenkarte des WKAG-Netzes, Lubstowo = Lupushorst, Stare Pole = Altfelde

Jetzt müssen wir einen kleinen Exkurs machen, noch weiter nach Osten und noch weiter nach Norden. Die Kleinbahn in Memel, ehemals Deutschlands nördlichster Stadt, wies die Besonderheit auf, daß sie direkt mit der Städtischen Straßenbahn verbunden war. Diese wiederum war besonders in Dem, daß sie neben einigen kleineren Betrieben und einem Zellstoffwerk auch See-, Fluß- und Fischereihäfen der Stadt erschloß. Die Güterwagen der meterspurigen Kleinbahn konnten also direkt bis an die Kaikante rollen, befördert von Straßenbahn-Elloks. Stadtansichten zeigen hierbei, daß auch die Ladegleise am Wasser mit Oberleitung überspannt waren!

Stadtplan von Memel der auch fast alle Gütergleise zeigt! Zu beachten das Gleis zum Fischereihafen in Planquadrat C4 und die Ladegleise an der Dange in J10, G10, G11 und F11.

Zu guter Letzt fusionieren wir diese beiden Konzepte, indem wir der Elbinger Straßenbahn eine neue Linie spendieren, welche die Häfen und eine fiktive Zuckerfabrik anbindet. Zuckerfabrik anstelle Zellstoffwerk deshalb, weil es auf dem Werder kaum Wälder gibt und Zuckerrüben der alles dominierende Faktor und Lebenssinn der dortigen Kleinbahnen waren.

Die Action auf dem Kreisbahnhof, um die sich hier alles dreht, ist nun also das Bilden und Auflösen der Züge für die drei Kreisbahnstrecken einerseits, und für die Straßenbahnstrecke und die Ladestellen im Bahnhof bzw. Umladung zur Reichsbahn andererseits. Dafür gäbe ich sogar meinen alten Grundsatz, keine Schattenbahnhöfe bzw. ungestaltete Fiddleyards zu bauen, auf.
Sollte mir das Konzept langfristig zusagen, lässt es sich natürlich noch stark erweitern, Endzustand wären dann folglich alle Strecken ausgestaltet und betrieben, so richtig amerikanisch „large layout“-mäßig, nur eben alles etwas kleiner…

Und jetzt kommt eine Frage, die ich hier etwas breiter diskutieren würde. Die Verknüpfung von Klein- und Straßenbahn in Memel war recht simpel, beide Betriebe waren meterspurig. Die Werder-Kleinbahnen hingegen liefen auf 750 mm, die Straßenbahn Elbing war wiederum meterspurig. Die für mich bisher plausibelste Lösung: Eine meterspurige Straßenbahn-Lok zieht die Kleinbahnwagen auf einem Dreischienengleis. Das würde für H0 aber ein Dreischienengleis 12mm/9mm bedeuten, entspräche TT/TTm, aber so etwas gibt es nicht zu kaufen, das müsste komplett im Selbstbau entstehen. Eine Möglichkeit wäre die Umspurung der Straßenbahn auf Normalspur, dann käme ein H0/H0e-Dreischienengleis zum Zug. Die Kleinbahnwagen würden in diesem Fall von einer 750mm-spurigen Lok traktioniert werden.
Wie seht ihr das?
Habt ihr bessere Ideen?
Haltet ihr das für plausibel?

Wer bis hierher durchgehalten hat sei gegrüßt,

Alex


 Antworten

 Beitrag melden
06.03.2024 20:22
#3 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Hallo Alex,

da ich gerade vor der Schatulle sitze, versuche ich eine Antwort auf deine konkrete Frage.

Die Spurweite von Straßenbahnen ist meistens nicht wirklich wahrnehmbar. Vollspur- und Meterspurbahnen haben dieselben Fahrzeuge, die Fahrzeugbreite liegt ohnehin im Schmalspurbereich und die Gleise sind eingebettet. Also: Dein technischer Kompromiss mit Vollspur ist tragbar. Und dass die Güterlok zu den von ihr beförderten Wagen passt, ist auch plausibel. Und damit gebe ich das Wort weiter…

Gruß
Thomas


 Antworten

 Beitrag melden
06.03.2024 21:01 (zuletzt bearbeitet: 06.03.2024 21:02)
#4 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Hi Alex,

Die geschilderte Konzeption ist sehr spannend. Ich möchte aber dringend raten gut zu überlegen ob es ein Zweitprojekt sein muss.

Ich hätte da die Befürchtung dass da du ja ein sehr begrenztes Zeitbudget hast, keins der Projekt eine Betriebsfähigkeit nahekommt. Hast du Zeit, Geduld, Mittel und Energie beides voranzutreiben?

Geh noch mal in dich und überlege welche Art Eisenbahn und Eigenbetrieb das ist was dich wirklich anmacht. Und diese eine Anlage baue dann.

Meint
Sebastian


 Antworten

 Beitrag melden
06.03.2024 21:40
#5 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Moin Sebastian,

definitiv ein valider Punkt.
Jetzt nach dem Ende meines Studiums deutet alles darauf hin, daß Zürich mein Lebensmittelpunkt bleiben wird.
Und da hätte ich gern eine Anlage in der Nähe. Hier kann ich ja nur begrenzt Dinge für die Berlin-Anlage zu Hause in Kiel vorbereiten. Und die Teile der Berlin-Anlage beschädigungsarm nach Zürich zu transferieren sehe ich irgendwie auch gerade nicht.
Ich glaube schon, daß man zwei kleinere Anlagen statt einer großen fertigstellen und betreiben kann. Jörg Windberg hat es vorgemacht, sogar im selben Raum, wenn auch mit zwei großen Anlagen...
Ich wäre auf jeden Fall gewillt, es auszuprobieren.
Das hier jetzt soll kurzfristig ja eh nur den Umfang eines elaborierten Rangierdioramas annehmen.

Gruß
Alex


 Antworten

 Beitrag melden
07.03.2024 11:14
avatar  Gilpin
#6 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Hi Alex, hallo Alle,

zunächst einmal ein großes erci für Deine weitreichende Dokumentation der Vorbildsituationen! Wenn man in Deinem Wikipedia-Beitrag zur Memeler Kleinbahn nach unten scrollt, entdeckt man noch einen Weblink, dessen Informationen Du schon eingearbeitet hast, der aber nett illustriert ist und einige nebensächliche Informationen und Spekulationen enthält, etwa zur Begründung der frühzeitigen Einstellung der Straßenbahnbetriebes. Ich muss Dir noch ein wenig folgen!

Zur Deiner Frage integrierter 1000mm- und 750mm- Indutriebahn- und Straßenbahn-Netze meine ich: solche sind einerseits eher unplausibel und selten, andererseits: warum willst Du Dir das antun?

Nachdem @Sebastian schon mal grundsätzlich argumentiert hat, will ich da auch mitmachen: tätest Du Dir nicht mit einem schweizer Thema leichter?

Schöne zweite Wochenhälfte,
Reiner


 Antworten

 Beitrag melden
07.03.2024 19:33
#7 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Moin Rainer,

Versuche der Integration mehrerer Spurweiten zu solchen Zwecken gab es zumindest ein paar.
Im Danziger Kleinbahnhof gab es eine Rampe, um 750mm-Wagen auf normalspurige Tragwagen aufzurollen, um sie den Betrieben an der Industriebahn zustellen zu können.
Die meterspurige Meißener Straßenbahn hat auf Rollböcken normalspurige Tragwagen transportiert, auf denen 750mm-Wagen von der Strecke nach Wilsdruff aufgerollt waren.
Da ist meine Variante noch die am wenigsten Abenteuerliche...

Braubach ist ja eine auch hier im Forum wohlbekannte Form der Überlagerung zweier unabhängiger Betriebe in unterschiedlichen Spurweiten. Stells dir ein bisschen vor wie "Braubach mit Oberleitung"

Ich möchte mir das gerne antun, weil es fast alle meine anderen Interessen neben "Industriebahn, Epoche IV" vereint: Güterstraßenbahn, Hafenbahn, Ostdeutsche Kleinbahn, historische Innenstädte.

Ein Schweizer Thema ähnlicher Ausprägung würde schnell deutlich größer werden, da die Bahnen mit Netz-Charakter und komplexen Verkehrsflüßen wie RhB, MOB oder AB schon eher schmalspurige Hauptbahnen sind.

Das ist eben genau das Optimum, das Betriebe wie die WKAG treffen: ein komplexes und großes Netz, auf dem trotzdem nur winzige Zugchen unterwegs waren.

Gruß
Alex


 Antworten

 Beitrag melden
08.03.2024 19:17 (zuletzt bearbeitet: 08.03.2024 19:25)
avatar  Frank
#8 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Hallo Alex,
schon einmal über Gera nachgedacht? Staatsbahn, Umladung auf Straßenbahn und Übergang auf Schmalspur in Pforten, beides 1000mm.
Sehr gutes Buch dazu ist ISBN 9783837520293. Die Straßenbahn bediente zahlreiche Anschlüsse.


Grüße Frank

P.S. Hier ein Link
http://www.museumseisenbahn.de/images/de...me98_1_gmwe.pdf


 Antworten

 Beitrag melden
09.03.2024 16:27
#9 RE: Zweitprojekt: Elbing Kreisbahnhof
avatar

Moin Frank,

vielen für den DME-Artikel! Besonders der Gleisplan von Pforten ist hilfreich als konkrete Ausführung der Schnittstelle Straßenbahn/Kleinbahn.

Eine andere Alternative zum Dreischienengleis wäre das Spiel mit der Straßenbahn-Spurweite in die andere Richtung:
Die Straßenbahnen im Oberschlesischen Industrierevier hatten analog zu den Werksbahnen und der Kleinbahn Gleiwitz - Rauden - Ratibor, zu denen auch Gleisverbindungen bestanden, eine Spurweite von 785mm.
Rein technologisch wäre also wohl auch eine 750mm-Straßenbahn für Elbing möglich gewesen.
Trotzdem würde ich das Dreischienengleis vorziehen wollen, weil es doch eher verbreiteter war als solch schmale Straßenbahnen...

Gruß
Alex


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!