HavelSpree - Die Treidelbahn

15.11.2021 21:49
#1 HavelSpree - Die Treidelbahn
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TEIL 1 Es dauerte nun doch etwas länger, ich bin noch im vollen Erwerbsleben.

Treidelbahner´s Idee

Die in meiner Vorstellung genannte sehr außergewöhnliche Anlagenidee „HavelSpree“ soll hier nun etwas näher vorgestellt werden, in der Hoffnung auf eine rege kritische Diskussion zu diesem „Randthema“.
Der Mut dazu, hat mir das ADJ 02/2021 von OOK gegeben. Die dort gezeigte emphatisch-liebevolle Strenge von OOK und andere Forenmitglieder bei der Anlagenbewertung ist auch ein Grund für den Mut.

Bevor es aber Ideen/Gleispläne zusehen gibt, interessiert mich erst mal, ob das Thema hier überhaupt richtig ist und Interesse finden kann?

Habe auch das Planungsschema „ #1 und #2 Systematik der Anlagenplanung“ von Hubert unter Pfalzbahn schon auf dem Tisch, um es im Teil 2 demnächst abzuarbeiten.

Woher und Warum dieses Thema?

Die Idee entstand in den Jahren 2019 - 2020, nach einer 30 km langen Stadtwanderung entlang des insgesamt ca. 38,39 (35 km + 3,39 km Britzer Zweigk.) langen Teltowkanals von Teltow Stadt nach Berlin Grünau, dem schon vorhandenen Interesse an schmalspurigen Klein- und Sonderbahnen und durch die folgende näheren Beschäftigung mit der Geschichte der Treidelbahn dieses Schifffahrtskanals.

Es sind komplexe Herausforderungen für mich, diese -meine erste- Anlagenplanung, die mir nur durch Zufall begegnete, auch sinnvoll als Modellbahn in der Spur 0e/ ggf. 0m umzusetzen. Warum erstmal in Spur 0e bei einer 1,0 m Bahn werde ich im Teil 2 näher erläutern.

Historischer Hintergrund:

Der Treidelbahnbetrieb, eröffnet 1906, mit dem Kanal zusammen (Bauzeit seit 1900) ist, nach den starken Zerstörungen 1945, dann nicht wieder aufgenommen worden.
Den Rest erledigten die Reparationsleistungen Deutschlands an die UdSSR in Form von 21 der 26 elektrischen Treidelloks, der Schienen, Teile der Oberleitungsanlagen und letztlich die deutsche Teilung beginnend 1948 bis 1989 in Berlin.
Von den restlichen Loks gingen 3 Loks 1948 auf nimmer wieder sehn in den Lausitzer Braunkohlen-Bergbau und die anderen zwei sind in Berlin museal erhalten geblieben.
Heute 2021 sind nur noch einige unscheinbare Relikte der Treidelbahn erhalten, die kaum auf eine Bahnanlage von ca. zweimal 35 km schließen lassen. Heute fahren Motorschiffe und kleine Schubverbände mit geringer Geschwindigkeit und befördern ca. 1,1 Mio t/a.

Im Jahr 2006 erschien anlässlich des 100 jährigen Kanal-Jubiläums, das Buch „Lebensader durch Sumpf und Sand – 100 Jahre Teltowkanal“ von Jan Feustel aus dem Bäßler Verlag. Weiterhin sind im Internet eine alte private TV Produktion von 2006 und zahlose Bilder von Postkarten etc. und auch Hafenplänen auffindbar. Der Schwerpunkt dieser Literatur liegt aber mehr auf dem Kanal selbst, als auf der elektrischen Treidelbahn. Ich bin mir sicher ca. 85% aller im Netz verfügbaren Quellen gesehen zuhaben. Für weitere Hinweise zu Quellen, ist aber jeder Modellbauer sehr dankbar!

Die Treidelbahnen im Allgemeinen:

Die Bedeutung des Wort treideln:
Es kommt aus dem lat. tragulare und weiter im mittelniederdeutschen treilen = ziehen, schleppen.

Eine Treidelbahn hat ein paar Spezifika:

1. Es fahren im regulären Betrieb nur Treidelloks ohne weitere Wagen auf der Eisenbahn.
2. Güter werden in riesigen Einheiten ( Hier meist nur eine oder zwei 600 t Kähne oder mehrere 250 t Finow Kähne; diese auch nebeneinander) neben der Bahn im Kanal schwimmend gezogen.
3. Die schwimmenden Gütereinheiten müssen separat per Ruder lenkt werden.
4. Die erreichbare Geschwindigkeit der Treidellok ist bei 16 PS bescheiden mit 4 -4,5 km/h in der Arbeitsstellung. Aber es hängen max. 1200t schwimmende Last am Haken.

Der Teltowkanal und die Treidelbahn:

Diese Treidelbahn war eine elektrische Eisenbahn in Spurweite 1000 mm mit 600V Gleichstrom Oberleitung und nebenbei gab es auch elektrischen Hafenschlepper. Die Treidelbahn hatte eine ständige Überhöhung von
30 mm in Treidelabschnitten auf der kanalseitigen Schiene zur Kompensation der schrägen Zugkraft der Kähne an der Lok.

Wo gab es so was sonst, als im innovativen Berlin/Preußen der Zeit vor 1914. Die Erbauer es Panama -Kanals kamen zur Hospitation. Diese Teltowkanal - Treidelbahn, wird behauptet, war Vorbild für den die Treidelbahnen an den Panamakanalschleusen. (gebaut 1904- 1914)
Zumal der Teltowkanal die Fahrt der Dampfschiff-verbände von der Elbe zur Oder um ganze 30 Stunden reduzierte – (ca. 16 km kürzere Weg und endliche Schleuen in Havel und Spree weniger).


Der Landrat Ernst v. Stubenrauch des preußischen Kreises Teltow schwärmte für die Ideen der Ingenieure Ch. Havestadt und A. Contag und konnte so, einen sehr flachen und daher billigen Kanal in den märkischen Sand graben lassen.
Die nach einem gewonnen Wettbewerb und Versuchen gebauten Loks von Siemens&Halske (später Siemens&Schuckert) waren extra nur für diesen Kanal gebaut worden.

Der Name der Lokserie „HavelSpree“ ist namesgebend für meine Modellbahnanlage.

Die Nutzung durch Schiffe mit eigenem Antrieb war verboten, nicht nur zum Schutz des Treidelgeschäfts, sonder auch zum Schutz der flachen unbefestigten Kanalsohle und der unbefestigten Ufer. Einige Personenschiffe waren zugelassen.
So entstand eine, auch damals sehr modere und aus heutiger Sicht umweltfreundliche Eisenbahn-Transportlösung.

Zumal der Strom für die elektrische Treidelbahn und die elektrischen Hafenschlepper extra in einem der kommunalen Kanalgesellschaft gehörenden Kraftwerk am Kanal erzeugt wurde. Diesen Strom nutzten zunehmend auch industrielle Anrainer des Kanals.

Werner v. Siemens und Johann G. Halske hatten schon 1895 eine experimentelle Treidellok (MonoRail würde man heute sagen) am Finowkanal bei Liebenwalde (heute Land Brandenburg) betrieben.
Dies ermöglichte die asymetrische durchaus innovative Gestaltung der Treidellok für den Teltowkanal.

Das Treideln erfolgte in mehren untereinander verbunden Abschnitten, die nicht mal durch die eine Schleuse in Klein Machnow, sondern nur durch nicht treidelbaren Seen im Zuge des westlichen Abschnitt zur Havel hin, getrennt waren. Die Treidel-Loks führen im Kreisverkehr – einer hier im Forum sehr verpönten Betriebsart, die hier aber realisiert wurde. Also wird das Modell auch so funktionieren.

Es gab auch Fahrpläne für den gesamten Kanal einschließlich des Britzer Abzweigs (sowohl Fahrpläne für Winter und Sommer).
Die Treidelloks fuhren durchgehend - über die Abschnitte hinweg - im Kreisverkehr, immer den Schleppverband linksseits ziehend – also Rechtverkehr im Wasser. Die Loks wechselten, Rampen befahrend, über die sowieso neu errichtet Straßenbrücken am Ende der Abschnitte die Kanalseiten, was aus transporttechnischen, Vorgaben des Reliefs und wartungstechnischen Gegebenheiten sinnvoll war. In jedem Treidelabschnitt befanden sich Lokschuppen zur Unterstellung der Loks in der nächtlichen Betriebsruhe. Die Hafeneinfahrten der kommunale und privaten Häfen wurden mit mindestens 8 stählernen Leinenpfadbrücken längs zum Kanal von den Treidelloks überquert. Es war auch eine Werft und eine Reparaturwerkstatt für die Loks angelegt worden.

Die Modellanlage „HavelSpree“

Die angedachte Modellbahnanlage „HavelSpree“ wird einen Treidelabschnitt in verkürzter Form mit vier Brücken, ein Lokschuppen, einem Hafen mit Portalkran und einer Leinenpfadbrücke über den Hafeneingang für die Treidelbahn darstellen. Echtes Wasser wird es nicht geben. Die Schleuse wird auch nicht Thema sein.

Geplant sind 6 Module mit je 1000 mm Länge und mind. 1000 mm Breite. (bestehend aus: 2 Schattenmodule zum Wenden der Lok, 2 Module mit Brücke, 1 Hafenmodul und 1 Kanalmodul) Die Spurweite wird erstmal 0e sein im Maßstab 1:43,5. (Keller, langer Flur oder Vereinsraum sind erforderlich)

Weiterhin ist der notwendige Eigenbau von mindesten 2 Lokomotiven geplant. Diese Challenge ist hier erstmal nicht Thema, aber Grund für die Entscheidungen zur Spurweite, um einfach vorhandene H0-Gleise zu nutzen und den Lokbau zu vereinfachen (Antriebslösung).
In der Maßstabsumsetzung mit 0e ist Ziel, mehr als nur fahren zu können, es soll auch der Treidelarm bewegt werden.
Die Lastkähne sollen als Pseudoschiffe magnetgeführt über EpoxidWasser rollen – getreidelt werden.

Bild1

Hier nur mal ein kurzer Blick auf den ersten völlig unvollkommenen Entwurfstand von 2020 ohne Gebäude, Lok und Schiffe. Gezeichnet mit SketchUp.

Literatur / Quellen:
Neukölln TV, 2006; https://www.youtube.com/watch?v=loAWMmvWBkc
Seite von Axel Krüger https://www.preussische-ostbahn.de/254/index.html und
https://www.ferdinandmarkt.com/2018/09/2...am-teltowkanal/
diverse Internet Bildfunde zum Suchwort „Teltowkanal“ "Bilder"
Festschrift zur Kanaleröffnung von 1906 als Sonderdruck der Zeitschrift für Bauwesen "Der Bau des Teltowkanals" von Havestadt & Contag - königliche Bauräte.

In Fortsetzung werde ich die Forderungen der Planung- und Diskussionanforderungen für die Anlage hoffentlich erfüllen.

Fortsetzung in Teil 2 „Anlagenentwurf im Jahr 2021“ folgt.

Zitat von Fischkopp im Beitrag Friedenfelser Lokalbahn falsch umgesetzt
Friedenfelser


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16.11.2021 12:35
#2 RE: HavelSpree - Die Treidelbahn
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Wow! - überleg Dir auf jeden Fall, einen Teil davon ausstellungs-hinschlepp-und-vorzeigbar zu machen: Wenn ich sowas auf einer Modellbahnausstellung* sehen würde, wär ich begeistert!

H.M.

* Corona wird ja wohl irgendwann halbwegs vorbei sein ...


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22.11.2021 09:38
#3 RE: HavelSpree - Die Treidelbahn
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Hallo Andreas,

meine Frau und ich haben im September bei noch schönstem Sommerwetter von Potsdamm aus eine "Schlösser-Rundfahrt" über die Seen rund um Potsdamm gemacht und dabei wurde auch der Teltowkanal angesprochen bzw. ein klein wenig übr ihn berichtet; das Thema modellbahnerisch umzusetzen ist eine ganz famose und ausserordentlich fantastsiche Idee! ich bin sehr gespannt

Beste Grüße
Dirk

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22.11.2021 20:45 (zuletzt bearbeitet: 24.11.2021 04:39)
avatar  Gilpin
#4 RE: HavelSpree - Die Treidelbahn
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Hi Treidelbahner,

Deine Planung ist eine Sensation! Klar ist sie ein

Zitat von Treidelbahner im Beitrag #1
„Randthema“
, aber ein sehr sympathisches, das Du auch außerordentlich tierschürfend ausgeführt hast. Treidelpfade sind mir ein Begriff, auf denen Pferde oder Mulis (oder einfach Menschen?) die Kähne zogen, etwa auf dem historischen Main-Donau-Kanal. Dass es als Zugkraft auch Loks bzw. eine Eisenbahn gab war mir neu - klar gibt's den Panamakanal und das dortige, tja nun, treideln, aber die gedankliche Verbindung wäre mir nie gekommen!

Einige Details sind frappierend, etwa die
Zitat von Treidelbahner im Beitrag #1
ständige Überhöhung von 30 mm in Treidelabschnitten auf der kanalseitigen Schiene.


Du hast etliche ganz typische Elemente in Deine Planung eingebaut, zum Beispiel das Hafenbecken Lichterfelde. Und Du führst die Loks im Kreisverkehr, was mir zwei Fragen aufwirft: (1) würde nicht ein einfacher Bogen dazu ausreichen statt in der Form bei Dir mit ihren m.E. unnötigen Vor- und Zurück-Manövern?, und (2) Warum packst Du nicht den Bullen bei den Hörnern und stellst die entsprechende(n) Brücke(n) wenigstens auf einer Seite dar? Und logisch sollen die Lastkähne
Zitat von Treidelbahner im Beitrag #1
als Pseudoschiffe magnetgeführt über EpoxidWasser rollen – getreidelt werden.
Nur: machen die an den Enden des Kanalabschnitts ebenfalls eine Halse? - Indes: wenn ich schon beim Wünsche äußern bin: mir gefällt der Lokschuppen um 14:10 in dem von Dir verlinkten Video schon sehr!

Zur Frage 0e oder 0m mögen sich Andere äußern, die tiefere Enblicke in das Angebot an Antriebslösungen haben. Aber ich versuch's schon mal: hier. So als Startpunkt...

Nimm meine Bemerkungen bitte als launige, keinesfalls kritische, vielmehr aufmunternde,
Reiner


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23.11.2021 15:38
#5 RE: HavelSpree - Die Treidelbahn
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Hallo Andreas,
das Treideln mit Pferden kannte man auch an der Ruhr. Vom Panamakanal und Treideln mit Lokomotiven hatte ich auch schon gelesen. Das Thema Teltowkanal und Treideln war mir völlig neu und ist sicher ein schönes Thema für einen Modellbauer.
Beitragen kann ich zu deinem Thema nichts...
außer einem Beitrag auf DSO, über den ich gerade gestolpert bin:
Treidellokomotiven am Tunnel in Arzwiller (F)

Gruß von Ruhr und Nette
Hans


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