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Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien
#26 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Zitat von Kabees240 im Beitrag #25[quote="Kabees240"|p14594]
Mit Brücken, Bäumen oder Häusern lässt sich eine Tunnel- oder Kulisseneinfahrt einigermaßen wegtarnen.
Eben. Man baut am Ende der Zunge eine Kulisse quer und tarnt die Einfahrt mit geeigneten Mitteln. Damit vermeidet man nicht nur eine womöglich unansehnliche oder schlecht motivierte Kurve, sondern auch den "lange Gerade - scharfe Kurve - lange Gerade" - Effekt, der mir schon bei so manchem Gleisplan im Model Railroader aufgefallen ist.
Dass es bei der Modellbahn nicht ohne Kompromisse abgeht, sagt ja noch nicht, dass man nicht auch schon mal auf einen Kompromiß verzichten darf. Letztlich ist es aber eine Frage der persönlichen Schmerzgrenze.
Herbert
#27 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Zitat von HFy im Beitrag #26
Eben. Man baut am Ende der Zunge eine Kulisse quer und tarnt die Einfahrt mit geeigneten Mitteln.
Herbert
Dann habe ich auf der Stirnseite der Zunge eine 1 m breite Kulisse, welche die Sicht auf die Anlage versperrt. Auch nicht schön. Aber man sollte ja kompromissbereit sein.

Gruß
Hans
mein Video-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCzNi2p1SkNYVxc1_1mJJhhA
#28 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Zitat von Kabees240 im Beitrag #27
Dann habe ich auf der Stirnseite der Zunge eine 1 m breite Kulisse, welche die Sicht auf die Anlage versperrt.
Hans
Insbesondere versperrt sie die Sicht auf eine unansehnliche Kurve. Außerdem kann man so auf den technisch vertretbaren Radius heruntergehen, wodurch die Zunge schmäler wird und man Raum für die Gänge gewinnt. Die Trennung zweier verschiedener Szenen (Stadt und Land z.B.) ist dann auch kein Problem mehr. Ich sehe da nur Vorteile.
Herbert
#29 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Gegebenenfalls macht der enge Radius der Kehre eine Zunge überhaupt erst möglich. In dem Fall überwiegt meines Erachtens die gewonnene Strecke den Verlust nicht einsehbarer Strecke durch den weggetarnten engen Radius. Die gute Trennung von einzelnen Szenen hat Herbert ja bereits erwähnt.
Auch die Kombination schlanker Weichen und enger Radien würde ich nicht allgemein ausschließen wollen. Hier kommt es auch auf die Trennung bzw den Abstand an. Liegt eine schlanke Weinert-Weiche direkt an einen 55cm-Radius angrenzend, sieht das sicher nicht vorteilhaft und realistisch aus. Schließt sich aber z.B. direkt ein Radius mit z.B. 150cm oder größer an, fällt es nicht mehr negativ auf. Wenn die Strecke ca 1m weiter dann in einen engeren Radius von beispielsweise 75cm übergeht und dieser ggf. noch nicht voll einsehbar ist (z.B. durch einzelne Häuser, Büsche, Bäume; also nicht mal voll getarnt), fände ich das akzeptabel als Kompromiss.
Ich persönlich finde, dass hier keine allgemeingültige Aussage möglich ist, sondern es stark auf die situationsspezifischen Gegebenheiten ankommt.
Grüße, David
#30 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Hallo,
der Mindestradius ist und bleibt ein Kompromiss zwischen der zur Verfügung stehenden Fläche für die Umsetzung des Vorbildes ins Modell und den tatsächlichen Abmessungen der nachgebildeten Szene.
Wenn man eine Kleinbahn oder Lokalbahn mit einem im Original Mindestradius von 180 Metern nachbilden möchte, gilt 1:1 etwa 2,1 Meter Radius. Das ist für eine Heimanlage in der Regel undiskutabel. Einfünftel des Vorbildradius wäre 42 cm. Eine T3 mit wenigen Zweiachsern könnte m. E. bei entsprechender Gestaltung der Strecke durchaus vorbildähnlich wirken.
Nimmt man eine Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecke der Epoche 5/6 als Vorbild, läge der Mindestradius im Original bei knapp vier Kilometern, in H0 bei ca. 45 Metern und auf 1/5 zusammengeschrumpft immer noch bei neun Metern und damit nicht einmal für eine Turnhalle geeignet.
Selbst wenn man auf "alten" Strecken einen 700 - 800 Meter langen Güterzug der heutigen Zeit in Originallänge in H0 fahren lassen möchte, wären Modellradien weit größer als zwei Meter erforderlich, wenn man vermeiden will, dass der fiktive Lokführer im Bogen vor sich das Ende des eigenen Zuges sieht.
Im Thread "Hyperrealismus" #31 habe ich etwas provozierend vom Maßstab 1:1000 gesprochen. Und ich bleibe bei der Ansicht: Je jünger die Epoche, desto schwieriger ist es, das Vorbild nachzubilden ohne den Maßstab extrem zu verkleinern. Die einzugehenden Kompromisse werden in H0 TT und sogar N und Z immer größer. Die Kunst der Umsetzung der "Neuen" Bahn wird darin bestehen, das Vorbild längenmäßig so zu stauchen, dass der Charakter und der Wiedererkennungswert der Bahn erhalten bleibt. Das kann man m. E. nicht an festen Formeln festmachen.
Die optische Täuschung des Betrachters muss hier das Maß aller Dinge sein.
Viele Grüße
Burkhard
#31 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Zitat von Kabees240 im Beitrag #25
Überall Kompromisse, aber gerade bei den Radien sollen die nicht möglich sein?
Zitat von eiltriebwagen im Beitrag #30
Wenn man eine Kleinbahn oder Lokalbahn mit einem im Original Mindestradius von 180 Metern nachbilden möchte, gilt 1:1 etwa 2,1 Meter Radius. Das ist für eine Heimanlage in der Regel undiskutabel. Einfünftel des Vorbildradius wäre 42 cm. Eine T3 mit wenigen Zweiachsern könnte m. E. bei entsprechender Gestaltung der Strecke durchaus vorbildähnlich wirken.
Nimmt man eine Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecke der Epoche 5/6 als Vorbild, läge der Mindestradius im Original bei knapp vier Kilometern, in H0 bei ca. 45 Metern und auf 1/5 zusammengeschrumpft immer noch bei neun Metern und damit nicht einmal für eine Turnhalle geeignet.
Beides meiner Ansicht nach sehr zielführende Beiträge. Ich gehöre auch nicht zu den Radius-Fetischisten, obwohl ich natürlich auch stets den für die gegebenen Verhältnisse größten Radius anstrebe.
Auch der größte Radius, den wir realisieren können, liegt unterhalb umgerechneten Vorbildradien. Aber unsere Augen haben ja gelernt, damit umzugehen. Ich habe auf meiner 0m-Anlage auf der Hauptstrecke einen Minimalradius von 100 cm, das wären also umgerechnet 45 m. Gibt es bei Meterspurbahnen durchaus. Aber der Minimalradius meiner Vorbildbahnen im Harz war und ist 60 m, das wären in meinem Maßstab 133 cm. Und die habe ich auch an einer Stelle realisiert (Eselsschlucht). Der Effekt ist interessant: Während ein 60m-Radius beim Vorbild enorm eng aussieht, wirkt der 133cm-Radius auf der Anlage mächtig groß. (Das hat vermutlich was mit Albert Einsein zu tun.)
Und noch ein Wort zur Kehrkurve am Ende einer Zunge. Ich habe eine solche Zunge, an deren Ende die Strecke mit dem erwähnten Meterradius um 180° kehrt. Da man das nicht aus der Entfernung betrachten kann, sondern beim walk-around immer nur aus unmittelbarer Nähe (Gangbreite ca. 70cm), sieht man immer nur einen kurzen Ausschnitt dieser Kurve. Dabei ist kein einziger Zentimeter kaschiert, wenn man mal vom kurzen Einschnitt am Achtermannstor absieht. Von irgendeiner verheerenden Wirkung kann da überhaupt keine Rede sein. Allerdings habe ich auch Fahrzeuge, die auf dem Radius noch keine 45°-Winkel zueinander bilden.

Nun sehen wir Gleisanlagen des Vorbilds seltener aus Blickwinkeln, bei denen wir den Halbmesser einer Kurve oder ihren Winkel halbwegs abschätzen können. Wir müßten schon von einem Berg, einem hohen Gebäude oder einem Luftfahrzeug herabblicken (oder uns die Situation auf google maps anschauen). Dasselbe gilt von der Länge der Bahnhofsgleise. Die Radien von Straßenbahnen und Schmalspurbahnen können wir sowieso oft genug maßstäblich nachbilden, und mit zwei- oder dreiachsigen Fahrzeugen und passenden Lokomotiven auf der Normalspur haben wir auch noch einigen Spielraum nach unten. Die Schwierigkeiten haben wir mit vierachsigen Wagen und Hauptbahnlokomotiven. Zwar wir kaum jemand den Radius einer Kurve auf der Modellbahn ohne weiteres angeben können, aber wenn die Faltenbälge auseinanderklaffen, die Schienen neben den Fahrzeugen hervorschauen und parallele Gleise einen Abstand haben müssen, dass beim Vorbild noch ein drittes dazwischen passen würde, dann erkennt man auf den ersten Blick, dass da etwas nicht stimmt. Wie schon erwähnt, fällt so etwas umso mehr ins Auge, wenn man die Kurve von außen sieht. Da Streckenlänge ja kein Selbstzweck ist, kann es sinnvoll sein, die Kurven am Ende von Zungen wegzutarnen, damit sich der Rheingold nicht um eine Kurve zwängen muß, auf der alles Größere als eine V 100 mit dreiachsigen Umbauwagen unbeholfen aussieht.
Herbert
#33 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Als Maschinenbauingenieur schaut man sich gerade die Dampfloks (ich kenne sie noch aus dem Regelbetrieb) schon mal genauer an ...
Rahmenbreite ist dort i. d. R. eine direkte Funktion des Mindestradius und der Radbreite. Bei 'ner 1:1 T3 kann man seine Hand kaum zwischen Spurkranz und Rahmen dazwischenklemmen ... bei den vergrößerten Modellen sehr wohl. Das die Zylinderblöcke zu weit aussen sitzen und damit der ganze Fahrwerksbereich vieler Industriemodelle in meinen Augen eher wie eine Karikatur daherkommt ... ich mache ja auch bei Normalspur H0pur ... damit hat sich das weitgehend erledigt ... ist aber sehr aufwendig ... aber wem erzähle ich das.
Dieselloks oder Triebwagen haben diese Problematik auch, aber da sitzen einfach die Drehgestellblenden bzw. die Radlager etwas weiter aussen und das fällt viel weniger auf.
Auch die Vorbildbahner "knüppelten" ihre Dampfloks allerdings oft durch zu kleine Radien ... dann laufen halt die Spurkränze schneller scharf mit dem Resultat des öfteren Aufenthalts im AW oder vermehrter Entgleisungen.
#34 RE: Gute Radien, schlechte Radien, Mindestradien

Hallo, ich bin mal wieder auf dieses interessante Thema gestoßen, da ist mir aufgefallen, dass ein Bild von mir in #12 verschwunden ist. Das habe ich wieder hervorgeholt, weil es m. E. immer noch ganz aussagekräftig ist:
Dazu nochmal der alte Text:
Ich habe mal paar Beispiele fotografiert, immer 700 mm, oben langer Wagen 1:87, dann langer Wagen 1:100, dann kürzere Wagen. Schlimmer als in der Außenansicht wirds nirgends!
Ich halte in HaNull einen Radius von 700 mm für einen guten Kompromiss, wenn es sich um sichtbare Anlagenteile handelt. In Schattenbahnhöfen und bei weniger im Blickfeld liegenden Nebenbahnstrecken gehe ich auf meinen Anlagen bis 535 mm runter, da kommen auch noch längere Großserienfahrzeuge gut um die Kurve, auch mit Kolbenstangen-Schutzrohren. Bei 700 und mehr mm nehme ich 50 mm als Gleisabstand, unter 700 mm müssen es 55 mm sein, sonst gibt es Probleme mit den 26,4 m-Wagen.
Mit Hp1-Gruß - Helmut
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