Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten

30.11.2017 20:19 (zuletzt bearbeitet: 30.11.2017 22:43)
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#1 Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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Hallo zusammen,

ich nehme OOKs Anregung wahr und schreibe meine bescheidenen Beobachtungen, Erfahrungen und Gedanken hierzu.

Vorbildnähe
ensteht meinem Verständnis nach durch die Anlage selbst, das Rollmaterial und den Betrieb. Da Vorbildnähe wenigstens in Sachen Rollmaterial meiner Ansicht nach auch ein gewaltiger Kostenfaktor ist, welcher mir seit dem Wiedereinstieg erheblich aufgefallen ist, soll auch der Investitionspart etwas beleuchtet werden. Wenn ich jemandem erzähle, daß Modellbahn mein Steckenpferd ist, kommt früher oder später „aber das ist doch ganz schön teuer“...

Zum Thema Betriebssicherheit gehört für mich nicht nur Rad/Schiene sondern auch ein Lok-Design, welches einwandfreie Wartung ermöglicht, da diese regelmäßig anfällt (außer für Sammler). Aber eins nach dem anderen.

Betriebssicherheit - Rad-Schiene:
Erst letztes Wochenende auf einer Messe konnte ich ca. 3-4 m lange Güterzüge mit RP25 auf einer Code 83 auf Modulanlage störungsfrei laufen sehen. Selbige in einem großen Radius (ich schätze 4-5 m) geschoben - bei einwandfreier Gleisverlegung funktioniert das. Sehr gewissenhaftes Arbeiten ist angesagt (nicht jedermanns Sache (Einstiegsbarriere!); es handelte sich um einen sehr ambitionierter Verein). Weiterhin habe ich darüber gelesen, daß es betriebstechnisch erst recht grenzwertig wird, wenn man über RP25 hinaus geht, um die Spurkränze nochmal deutlich zu verkleinern -> genauestes Arbeiten, größte Radien, um Heraushebeln der Wagen in Kurven oder generelles Scheitern an Weichen zu vermeiden. An sich ist es logisch - die Anforderungen an die Gleislage, aber auch an die Federung der Lokachsen (Stiefkind der Modellbahn-Großserienhersteller) sowie der Wagenachsen (m.W. praktisch nicht vorhanden) steigen mit jedem Schritt weiter in Richtung Radkranz genau maßstabsgetreu.

Selbst habe ich mit RP25 nur erste Erfahrungen. Meine BR75 (RP25 Fine) macht auf Tillig Elite Weichenzungen, die etwas zu wenig Radius an der Oberkante des Zungenprofils aufweisen, sofort Probleme (entgleist - kann aber auch an der Lok an sich liegen, habe das nicht näher eruiert). Meine NEM Loks bemerken das gar nicht. RP25 fine Räder sind 2,2 mm breit. Dementsprechend wenig „Fleisch“ besitzen die Speichen. Eine Lok hatte schon den Postweg zu mir in Top Verpackung nicht ohne einen 8er überstanden. Der anderen habe ich nach Service den Vorläufer wieder eingeklipst (Standardvorgehensweise) und schon war auch ein 8er drin. (Natürlich fasse ich die Dinger fortan nur noch mit Samthandschuhen an). Aber nur mal ein Ausrutscher beim Fiddeln oder an einem schlechten Tag beim Aufgleisen und schon kann man wieder ne halbe Stunde Rad richten. Also wenn überhaupt RP25, gäbe es für meine Dampfloks schon mal kein Fine, da mir nicht robust genug.

Außerdem – ich weiß nicht ob das nur mir so geht: Wenn ich neben der Lok als Zugführer herlaufe, sehe ich silbrig blitzende RP25 Radreifen wesentlich deutlicher als schwarz verzinkte NEM Serienräder. Bei einer 1:1 Lok sind die Räder für mich eher unauffällig. Man hat also mit RP25 gut Geld für das schönere Radprofil gelassen, aber vorbildnäher wirkt es durch den hohen, silbernen Glanz am Ende auch nicht. War es nicht der auffällige Farbton Silber, von welchem man ab Anfang der 90 weg wollte? Hier traue ich mich das zu schreiben, in anderen Foren würde ich spätestens jetzt gesteinigt.

Betriebssicherheit-Lokdesign:
Ich beschäftige mich erst (wieder) seit 2 Jahren nach Wiedereinstieg, dafür aber recht intensiv mit H0 Fahrzeugtechnik – mit der Fragestellung : Was war früher (Anfang der 80er als ich zum ersten Mal zu einer gebrauchten Märklin Bahn kam) und was verkauft sich heute im Vergleich dazu gut? Auf der Suche nach dem besten Kompromiß für mich. In der Zeit habe ich zwar nur ein Dutzend analoge Fahrzeuge auf Sound sowie digitale Zusatzgimmicks (Führerhaus-/ Fahrwerksbeleuchtung, Feuerbüchse, Digitalkupplung) umgerüstet. Jedoch gingen beim Fahrzeuge selektieren (ich bin ein mechanischer Pedant) zig Modelle aus den frühen 80ern, viele aus den 90ern bis 2000, und etliche nach 2010 bis heute gebaute durch die Hände. „Durch die Hände“ = Zerlegen, reinigen, schmieren und dann erst Testen. Manche auf Faulhaber umbauen. Gefahren wurde/wird auf Code 83 und 75 Schienenmaterial, lose verlegt auf einer Testanlage. Das war einiges an Aufwand, aber mich hat‘s als Mechanikfreak interessiert und so habe ich viel gekauft und verkauft, um die Technik in Ruhe studieren zu können.

Mein Eindruck: Ab den 90er Jahren boten Fleischmann und Roco hohen Detailgrad (ich kann aufgrund meiner Epoche nur für Dampfloks sprechen), durchdachtes Design (viele Teile gesteckt und nicht geklebt, zerstörungsfreie Zerlegbarkeit in kurzer Zeit ohne gedankenlose Hindernisse sowie höchste mechanische Zuverlässigkeit, was insgesamt gesehen (für mich) bis heute ihresgleichen sucht (die beiden Hersteller empfehle ich auch heute noch, denn Service und Ersatzteilservice sind für heutige Verhältnisse 1a – da wird nicht nur verkauft und vergessen). Leider kamen einige Hersteller (marktgetrieben) nach der Jahrtausendwende auf die Idee, die Details noch feiner auszuführen. Zerlegbarkeit trat in den Hintergrund. In einem weiteren Schritt wurden Griffstangen und Stellgestänge von dünnem Draht auf Plastik umgestellt, welches im Gegensatz zu Metall oft zu Verzug neigt. Ein Kennzeichen der Fernost-Produktionen, die ich in der Hand hatte: Fast alle Anbauteile sind verklebt. Manchmal auch Teile, die gar nicht verklebt werden sollten, wie etwa ein Führerhaus oder eine Lampe mit Glühbirne darin. Der Trend ist immer noch aktuell, gerade habe ich eine optisch im Netz vielfach bejubelte G10 wieder retourniert aufgrund zahlreicher schief verklebter und teils verzogener Anbauteile. Noch eine Erfahrung bzgl. serienmäßig verklebter Kunststoffteile: Anstatt einfach rauszufallen, brechen die Teile bei unsanfter Berührung viel schneller ab. Mancher Kleber versprödet meiner Erfahrung nach Kunststoffe. Die Reparatur solcher Fälle ist ein Heidenspaß. Wie schon in einem anderen Strang erwähnt, halte ich sämtliche Entwicklungen, die vorbildnäher aber weniger betriebssicher und schlecht zu warten sind, für den falschen Weg. Wer hat schon Lust, sich regelmäßig herumzuärgern?

Kosten:
Der Fremo empfiehlt in seiner Norm RP25. Manch ambitionierter Verein bewegt sich ebenfalls in die Richtung. Nehmen wir mal die erwähnte BR75. Es gibt keine Weinert Radsätze dafür, die derzeit im Übrigen lange, undefinierte Wartezeiten haben und ohnehin nur für einen kleinen Teil Loks erhältlich sind. Diese würden mit „nur“ um die 150 Euro zu Buche schlagen. Also zum Räderspezialisten – ca. 200 Euro (3-6 Monate warten). Für die Arbeit fair, aber 200 Euro sind kein Pappenstiel. Die Lok kostet neu auch schon um 300 Euro. Dann sind wir insgesamt gleich mal bei 500 Euro. Und das ist noch eine relativ kleine Lok, man stelle sich das mal z.b. mal bei einer BR44 vor. Satter Aufpreis nur für Kosmetik. Nichts anderes ist es, denn wenn sie aufgrund ihrer Konstruktion (z.b. Getriebetoleranzen, Lagerspiel, keine Federung/Kontaktprobleme) nicht perfekt lief, bringen neue Räder keine Besserung (Aussage Räderspezialist und auch meine Erfahrung). Die Lok sieht dann zwar für die meisten toll aus, läuft jedoch nicht besser als ein (qualitativ selektiertes) gebrauchtes Exemplar für 100 Euro mit NEM Serienrädern. Eine hohe Einstiegsbarriere mehr zur Modellbahnerei über den Preis und die ganzen Umstände (eigener oder Fremdumbau). (Das Argument Räder "einfach" auf RP25 Abdrehen lasse ich nicht gelten – kaum einer hat eine eigene Drehbank. Und das Zerlegen sowie einwandfreie Zusammensetzen eines Dampfloktriebwerkes ist gewiß keine Küchentischarbeit (ich besitze dafür Spezialwerkzeug von Bernd Tauert). Plus "zweifarbige" Radkränze nach dem Abdrehen - die Zinkschicht fehlt danach auf dem Spurkranz - sind auch wieder nicht so recht vorbildnah).


Mein Fazit:

- Den Kostenfaktor für Kosmetik sehe ich als Problem. Was man zuhause im Keller macht ist eine Sache, aber für gemeinsames Spielen würde ich mir Augenmaß wünschen. Feine Radprofile sowie superfein detaillierte Loks sind nur Details, welche das Hobby erheblich verteuern, aber Null Nutzen in Sachen Betriebssicherheit bringen. Es kommt mir ein wenig vor, als ob man die letzten 10% Vorbildnähe durch 100% Aufpreis erkauft.
- Verteuerung des Rollmaterials bedingt noch weniger Mitspieler als ohnehin schon, heute ist das Hobbybudget nicht mehr so üppig wie früher (sei es weil es auf mehrere Interessen aufgeteilt werden muß oder weil ganz einfach nicht mehr vorhanden ist)
- In Sachen Wartung und Handling (Fiddeln) ist die Ausführung des Detailgrads vieler moderner Konstruktionen meiner Meinung nach sogar eine deutliche Behinderung, welche einem bei einer fälligen Wartung u.U. so richtig den Tag verderben kann. Das ist zwar Sache der Hersteller, kam aber durch die Forderung des Marktes...und hebt den Preis
- je feiner das Rad Schiene System, desto mehr gewissenhafte Arbeit bei der Gleisverlegung, die nicht nur Anfänger überforden dürfte -> und noch mal ein paar Mitspieler weniger
- generell halte ich das Hobby für ein eher komplexes. Immer noch mal einen drauf setzen in Sachen Anspruch (sei es bastlerisch oder monetär) endet in einem immer kleineren Kreis von Modellbahnern. Es verleidet den Leuten einfach. Dafür gibt es heute zu viele Hobby-Alternativen.

Viel wichtiger als kosmetische Fragen zu betonen, wären Konzepte mit Langzeit-Konzept/-Motivation, die Atmosphäre vermitteln. Da sind feine Radsätze und Detailmaximierung der vor 30 Jahren ohnehin schon hervorragenden Modelle Faktoren, die ganz weit hinten anstehen sollten. Weit mehr als die letzten Details am Rollmaterial oder in der Landschaftsgestaltung beeinflusst das Setting und der vorbildnahe Betrieb den authentischen Eindruck einer Anlage. Vorbildnaher Betrieb kostet nicht mal nennenswert was, außer etwas Zeit um sich dafür zu informieren. Die Betriebssicherheit steigt damit von selbst.

Gruß
Bernd


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30.11.2017 11:33
#2 RE: Besessenheit!
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Zitat von hwunderlich im Beitrag #19
Man darf aber dabei nie vergessen, dass viele von uns (und da schliesse ich mich ein ) darauf angewiesen sind, ein industriell gefertigtes Gleis beziehen zu können, auf dem handelsübliche (NEM)-Radsätze einstzbar sind!

Das gilt auch für mich. Kann man denn als Einzel-Moba-Bauer 500 m H0-Gleis nach der OOK-BAE III-Methode nageln? Dazu fehlt mir doch noch ein Stück der ohnehin reichlich vorhandenen Besessenheit. Ich habe schon aus Kapazitätsgründen nicht alle sichtbaren Gleis-Meter eingeschottert und farblich behandelt - und bin dabei noch nicht mal unglücklich.

Davon abgesehen: OOKs Null-EM-Gleis sieht wirklich überzeugend aus! Gruß Helmut


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30.11.2017 21:00 (zuletzt bearbeitet: 30.11.2017 22:38)
avatar  OOK
#3 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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OOK

Auf Bernds Eröffnungspost kann ich nicht so schnell antworten, das muss man sich erst mal setzen lassen. Daher zunächst zum hierher kopierten Post von Helmut.

John Allen hat alle seine Gleise und Weichen stets selber genagelt, Tony Koester ebenfalls, in den Achtzigern und Neunzigern war es für einen am. Modelbahner einfach normal, die Gleise zu nageln. Das macht aber keinen Sinn, hier einfach zu übernehmen. Am. Gleise sind auch heute vielfach noch genagelt (beim vorbild), während wir hier einen high-tech Oberbau haben, der mit der Nagelmethode nie und nimmer zu nachzugestalten ist. (Das 0m-Schmalspurgleis spielt da in einer ganz anderen Liga.)
Also: in DACH bei einer H0-Anlage die Gleise selbst zu nageln ist schierer Unsinn. Soweit ich weiß, gibt es aber Industriegleis, auf dem auch RP25 ohne Mucken läuft. Muss ja, denn obwohl das RP "recommended practice" heißt, hat sich RP 25 in USA normgleich durchgesetzt (normstive Kraft des Faktischen).
Bei der Wahl von RP 25 geht es ja gar nicht in erster Linie um die Spurkranzhöhe, sondern um dessen Form. Aber das ist ja hier nicht Thema.

OOK
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30.11.2017 22:22 (zuletzt bearbeitet: 30.11.2017 22:38)
#4 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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Bernd, Du sprichst mir aus der Seele. Keine Einstiegsbarriere ist höher als Stillstand bei den Fahrzeugen. Da kann von mir aus nichts als die Sperrholzwüste stehen - Räder müssen rollen! Dies ist eine meiner Lessons learned aus Plettenbach. Mein Motto ist daher: H0m ist (m)ein Ponyhof

LG

Jörn


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30.11.2017 22:33 (zuletzt bearbeitet: 30.11.2017 22:38)
avatar  BerndK
#5 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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Hallo Otto,

OT: RP25/110 nach NEM 311 - liegt bei 0,6 mm Spurkranzhöhe. Die NEM 310 gibt zwar 0,6-1,2 mm an, aber 2L Fahzeuge bewegten sich lange bei etwa 1,2 mm. Du hast also Recht, daß es nicht primär um die Spurkranzhöhe geht, aber den Unterschied von 0,6 auf 1,2 sieht man halt gut (wenn man nah genug schaut ). Bei den Amerikanern bekommt man es serienmäßig während man es bei uns teuer bezahlen muß (das ist mein Punkt). Wobei etliche Modellbahnherstellen inzwischen bei Neuentwicklungen oft merklich kleinere Spurkränze einsetzen.

Gruß
Bermd


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30.11.2017 22:43
avatar  OOK
#6 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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OOK

Zitat von BerndK im Beitrag #5
Die NEM 310 gibt zwar 0,6-1,2 mm an
Das ist MOROP-Schwachsinn. Das ist so, als wenn das DIN A4-Format mit einer Länge von 28 -35cm definiert wäre. Das ist eben keine Norm. Spurkränze von 0,6mm brauchen ganz andere Herzstücke und Rillenweiten als solche mit 1,2mm Höhe. Deshalb haben wir hier die Inkompatibilitäten. Jeder muss halt seine Lösung in diesem Dschungel finden.

OOK
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01.12.2017 10:32 (zuletzt bearbeitet: 01.12.2017 10:34)
#7 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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Zitat von OOK im Beitrag #3
Bei der Wahl von RP 25 geht es ja gar nicht in erster Linie um die Spurkranzhöhe, sondern um dessen Form. Aber das ist ja hier nicht Thema.
Doch! Das gehört zur Betriebssicherheit, RP 25 ist sogar ein Beispiel dafür, dass größere Vorbildnähe die Betriebssicherheit erhöhen kann, und zwar deshalb:

In meiner Anfangszeit (als es noch hieß: "Fängt dein Kind zu denken an ...") waren die Spurkränze noch ziemlich hoch, hatten aber zum Radreifen hin keine Ausrundung. Das führte dazu, dass die Spurkränze ständig an einer Schieneninnenkante anlagen und bei der kleinsten Störung aufkletterten. Diese Ausrundung spielt beim Vorbild eine wichtige Rolle bei der Entgleisungssicherheit. Die Modellbahnhersteller sind da auch mal drauf gekommen und haben die Betriebssicherheit mit der Einführung der Ausrundung deutlich erhöht.

Bei RP 25 ist die Ausrundung besonders ausgeprägt, das ist ein Grund dafür, dass RP25-Fahrzeuge auch auf NEM-Code-83-Gleisen recht gut laufen, wenn die Gleise einigermaßen sauber verlegt sind. Ich habe auf meinen RocoLine Gleisen einige Fahrzeuge mit RP 25 laufen, die sind noch nie wegen schlechter Laufqualität oder erhöhter Entgleisungsneigung aufgefallen.

Gruß Helmut


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01.12.2017 15:25 (zuletzt bearbeitet: 01.12.2017 15:31)
#8 Vorbildnähe: Rad und Schiene...
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Schuur ihr Jonge,

man muss bei der Betrachtung des Rad/Schienensystems immer auch den Darstellugsmaßstab und die Liefermöglichkeiten und Preise der Industrie im Auge behalten.

Ich mache das mal an mir fest: Ich spiele im FREMO sowohl in 1/87 (H0-RE) wie auch 1/160 (N-RE) mit.

In 1/87 ist RB25 Code100(?) das Standardrad auf Peco-Gleis. Funktioniert hervorragend und bis bei der Anzahl der von mir dort eingesetzten Loks und Wagen selbst bei Weinertachsen eine (für mich) beherrschbare finanzielle Grössenordnung

Anders sieht das dann bin 1/160 aus: Bei über 100 Güterwagen und diveren Loks (deutlich mehr als in 1/87) UND erheblich weniger professionellen Anbietern von "RP 25"-Radsätzen wäre ein Zwang von "feineren Rädern und Schienen" für mich eine unüberwindbare Einstiegsbarriere gewesen. Zumal es beim PECO-Fine-Gleis keine technische Notwendigkeit gibt "abzudrehen": Hier laufen NEM-Räder absolut problemlos.
Dieses Thema wurde in der Vergangenheit sehr verbissen diskutiert. Letztendlich wurde auch darüber im FREMO mit den Füssen abgestimmt: letztlich ist Norm das, was gebaut wird. In unserem Fall (N-Regelspur Europa) eben Peco Code 55 mit NEM-Rädern. Andere Gruppen fassen diese Dinge anders an, und das ist ja auch gut so.

Der Silbergräber geht da mit seiner Ansicht "lieber eine Sperrholzwüste mit Betrieb" als feinste Landschaftsgestaltung (incl. feinster Räder) ohne oder mit eingeschränktem Betrieb absolut in meine Richtung!

Grüße vom Exilsiegerländer aus Butzbach in der Wetterau

Hartmut

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01.12.2017 15:29
avatar  HFy
#9 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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HFy

Nicht umsonst interpretieren manche Modellbahner "NEM" als "Norm entsprechend Markt". Die Hausnormen der europäischen Hersteller über einen Leisten zu schlagen, ist aber auch nur schwer möglich. Es gibt Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Parametern, an denen man nun mal nicht vorbeikommt.

Herbert


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01.12.2017 16:00
avatar  HFy
#10 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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HFy

Es ist vielleicht angebracht, die grundsätzlichen Abhängigkeiten kurz darzulegen:

- der Spurkranz darf nicht breiter sein als die Rillenweite
- der Abstand der Rücken der Räder zuzüglich zweier Spurkranzbreiten darf nicht größer sein als die Spurweite
- die Gesamtbreite des Radsatzes darf nicht kleiner sein als die Spurweite
so weit, so klar.

-Das Rad darf nicht schmäler sein als zwei Rillenweiten
sonst fällt es nämlich in die Lücke vor dem Herzstück

- Der Rückenflächenabstand zuzüglich einer Spurkranzbreite darf nicht kleiner sein als die Spurweite abzüglich der Rillenweite
sonst stößt das Rad gegen die Herzstückspitze.

Die Spurkranzhöhe steht zwar nicht direkt mit einem anderen Maß in Verbindung, aber weil man aus lauftechnischen Gründen in der Gestaltung des Spurkranzes nicht frei ist, hängt sie von der Spurkranzbreite mittelbar ab.

Wie gesagt, das sind die grundsätzlichen Zusammenhänge, ohne Berücksichtigung z.B. der Stellung der Radsätze im Bogen.

Herbert


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01.12.2017 19:53 (zuletzt bearbeitet: 02.12.2017 13:01)
avatar  BerndK
#11 RE: Vorbildnähe: Rad und Schiene...
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Hallo zusammen,

Achtung: Mein Beispiel oben beschrieb Probleme mit RP25 fine = RP25 Code 88, nicht das "ältere" System RP25 Code 110, mit welchem es bei korrekter Verlegung auf vielen Gleissystemen keine Probleme gibt. Das sollte auch weniger in eine technische Diskussion münden, als mehr darauf abzielen, daß man sich für immer mehr Vorbildähnlichkeit (Spurkränze, Lokdetaillierung) trotz deutlich mehr Kosten auch noch Probleme mit der Robustheit von zu feinen Radsätzen oder Anbauteilen beim Fiddeln, Warten oder schon schnödem Ein/Auspacken einhandelt.

Was das Finanzielle angeht, ist die Perspektive dazu natürlich immer eine sehr individuelle Sache. Ich habe 10 Jahre Slotracing im Münchener Raum betrieben und auch teilweise organisiert. Jenes Hobby liegt weitaus günstiger als Modellbahn. Dennoch war Hobbybudget dort schon für den einen oder anderen ein Thema, vor allem als Familienversorger. Inzwischen gehöre ich auch dazu inkl. eigener Immobilie, die abbezahlt werden muß. Mag sein, daß ich es aus der Erfahrung etwas enger sehe.

Nochmal in Kürze: Modellbahn gilt bei allen Leuten, die ich kenne als teuer. Wenn nun einer einsteigen will und dann als unbeleckter Anfänger nochmal für die kosmetischen Spezialwünsche der angepeilten Modellbahn-IG zusätzliches Geld zum ohnehin nicht so günstigen Start in die Hand nehmen soll, ist ganz schnell der Ofen aus fürchte ich. Wenn in einer Modellbahn-Interessen-Gemeinschaft auf die Finanzen keine Rücksicht genommen wird, sehe ich schwarz für Nachwuchs in dem Hobby. Es ist ohnehin schwer, Leute zu interessieren, Steine sollten aus dem Weg, nicht in den Weg. Wie schon gesagt, es gibt zu heute einfach zu viele Alternativen.

Gruß
Bernd

P.S.: Jörn - Räder müssen Rollen - genau ! Alles was mich dran hindert (Zerlegbarkeit, Ersatzteilverfügbarkeit,...) erzeugt massiv


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01.12.2017 21:59
avatar  HFy
#12 RE: Vorbildnähe: Rad und Schiene...
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HFy

"Manche Modellbahner sind damit zufrieden, Tennisbälle über die Gleise rollen zu lassen, solange sie nur pünktlich sind" ist ein alter amerikanischer Modelleisenbahnerspruch, und eine bekannte britische 0-Anlage ("Sherwood section of the LMS" von Norman Eagles) war auch für die damaligen Verhältnisse ziemlich simpel, wurde aber genau wie das Vorbild betrieben, was damals nicht unbedingt üblich war. Es besteht aber kein Widerspruch zwischen vorbildgerechter Gestaltung und ebensolchem Betrieb, genausowenig wie es einen Zusammenhang zwischen Spurkranzhöhe und Betriebssicherheit gibt. Welchen technischen, finanziellen und zeitlichen Aufwand man treiben möchte und wo man die Balance findet, ist jedem und jeder selbst überlassen, was aber vielleicht einige "Missionare" anders sehen und auch manche Verteidiger des status quo, die an Verbissenheit den Missionaren oft nichts nachgeben.
Der Drang zu mehr Vorbildtreue bei Radsatz und Gleis kommt übrigens über den Ärmelkanal zu uns, wo man mit 00 noch mehr als wir mit H0-NEM die A-Karte gezogen hatte. Man darf nicht vergessen, dass beim britischen Maßstab 1:76 die Spurweite um schlappe 2,3 mm zu klein ist (und in Baugröße 0 immer noch um einen), und das bei Vorbildern mit Radkästen und sonstigen Gemeinheiten.

Herbert


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02.12.2017 10:53 (zuletzt bearbeitet: 02.12.2017 10:54)
avatar  Gilpin
#13 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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Hi Alle,

nur kurz zu Ottos Anmerkung, dass es

Zitat von OOK im Beitrag #3
in den Achtzigern und Neunzigern ... für einen am(erikanischen) Modelbahner einfach normal (war), die Gleise zu nageln
- irgendwo im MR stand einmal die Einschätzung, wahrscheinlich ein Selbstbekenntnis, dass es für einen Anlagenbauer vier (Lebens-)Phasen gibt: sectional track (Übersetzung? Gemeint ist was Märklin, Fleischmann et.al. schon immer anbieten.), flexible track (Flexgleis), handlaid track (handverlegtes Gleis, hier auch genageltes) und flexible track.

Sorry, wenn ich die fruchtbare Diskussion entschärft haben sollte.

Ich wünsche einen besinnlichen Ersten Advent,
Reiner


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02.12.2017 12:37
avatar  OOK
#14 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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OOK

Ich versuche mal, den Strang von den durchaus interessanten Exkursen in sein Zentrum zurückzuführen. Es geht um die Frage, wenn mehr Betriebssicherheit und mehr Vorbildtreue nicht miteinander vereinbar sind, sondern eher gegenläufig, welchem Faktor wir dann den Vorzug geben wollen. Das ist ein deutsches bzw. europäisches Problem, weil die Schreibtischtäter des MOROP es verpennt haben, rechtzeitig Qualitätsnormen für das Rad-Schiene-System festzuschreiben bzw. nach neueren Erkenntnissen und Entwicklungen fortzuschreiben.

Jeder kann, nein muss da sein persönliches Fazit aus dem Dilemma ziehen.

Im Bezug auf meine Baugröße 0m gibt es das Dilemma auch. NEM legt die Spurweite mit 22,5mm fest, was dann FAMA bei seiner Alpenbahn auch zu Grunde legte. Dann kam Ferro-Suisse, wo man offensichtlich im Besitz eines Rechenschiebers war und errechnete, dass 1000:45=22,2mm sind. Und richtete sich danach. Und legte mangels anderer Werte eigene Radprofile etc. fest, was seither als 0m finescale gilt. Diese "Norm" gilt auch auf der BAE, wenngleich die vielen Radsätze unterschiedlicher Provenienz sich nicht immer genau danach richten.
Durch BEMO 0m sind da erstmals maschinell hergestellte Großserienradsätze auf den Markt gekommen. Damit ausgerüstete Fahrzeuge laufen auf der BAE absolut perfekt und entgleisen nur, wenn die Gleisspur grob falsch ist.

OOK
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02.12.2017 16:05
avatar  HFy
#15 RE: Vorbildnähe vs. Betriebssicherheit und Kosten
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HFy

Fürwahr, was der MOROP da so normt, erlangt nicht jedesmal Bedeutung für die Praxis. Immerhin verdanken wir ihm den NEM-Schaft für Kupplungen.
Wen es interessiert, welche Maße Räder beim Vorbild haben, kann hier nachschauen:
http://web.hs-merseburg.de/~nosske/Epoch..._2504.html#BOAG (ganz nach unten gehen)

Herbert


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