Überlange Züge

  • Seite 1 von 2
05.01.2021 10:22 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 10:49)
#1 Überlange Züge
avatar

Gilpin hat in einem anderen Thread dieses Thema aufgebracht - ich setze es einmal in einem eigenen Thread fort. Einer seiner Fragen war u.a.

Zitat
Gibt es eigentlich (und wenn, dann oft?) Züge, die zu lang sind für (gängige) Ausweichgleise?

Zu den Häufigkeiten trau ich mich nichts zu sagen - aber ich würde sagen: Nein, das ist extrem selten, weil man ja eben weiß, was es für Komplikationen macht; und nach diversen Vorschriften ist es in der Regel sogar verboten (ein Zug darf nur so lang sein, wie für die Strecke, wo er verkehrt, zulässig - und das schließt neben Bremsfragen auch die Länge der Ausweichgleise ein). Trotzdem, es passiert...

Ich hab einmal in Dokumente geschaut: Hier sind zwei Ausschnitte aus der österreichischen V3 und dann noch ein Verweis zu einem Beinahe-Unfall im "Verkehrsunterrichtsblatt der ÖBB" von 1960 zu diesem Thema.

1. In Österreich hießen diese Züge früher "Überachszüge", und die Verkehrsvorschrift sagte 1962 dazu Folgendes:



Klar: Der Überachszug fährt als letzter ein. Bei einer Durchfahrt - und damit bei Kreuzungen von Güterzügen - ist seine Überlänge gar kein kein Problem, bei einem Halt muss man ihn danach teilen. Dass sich tatsächlich zwei Überachszüge kreuzen, gilt wahrscheinlich als schwerer Fehler im Betrieb - die hätte man nicht beide zugleich von ihren Ausgangsbahnhöfen auf die Strecke lassen dürfen. Punkt 75 regelt übrigens den Verschub über die Verschubhalttafel hinaus.

2. Als man von der Achszählung zur Länge in Metern überging, musste man auch die Bezeichnung ändern. 1990 heißt der Abschnitt in der V3 nun "Überlange Züge":



3. Im EBFÖ ("dem" östereichischen Eisenbahnforum) veröffentlicht "Fred" seit einiger Zeit Scans aus dem Verkehrs-Unterrichtsblatt der ÖBB aus den Jahren ab 1957, in dem auch diverse Unfälle und Vorfälle zur Erziehung der Betriebseisenbahner beschrieben werden. Mit seiner Erlaubnis stelle ich die Scans auch in meinem Blog zur Verfügung, und ausgerechnet im aktuell letzten - 1960, 7. Stück, also vom 1. Juli 1960 - ist da ein Gerade-Nicht-Unfall mit einem Überachszug beschrieben ... lest es selber nach!

4. In der deutschen FV 408 (Fahrvorschriften) habe ich weder in der von 1960 noch in der von 1979 irgendwas Explizites zu solchen zu langen Zügen gefunden - aber vielleicht hab ich auch nur falsch gesucht.

// Edit: Doch was gefunden, wenn man so will:
In der letzten Ril 408 steht in den "Erläuterungen zu den Änderungen" Folgendes (meine Hervorhebung

Zitat
Modul 408.0591- Sonstige Unregelmäßigkeiten im Bahnbetrieb

Abschnitt 1 gibt für Bediener und Fahrdienstleiter Regeln für das Verhalten bei einer Fehlleitung vor: ...

In den folgenden Absätzen gibt Abschnitt 1 erstmals weitere Maßnahmen bzw. Weisungen vor, die der Fahrdienstleiter nach dem Halt des Zuges treffen kann. Die aufgelisteten Maßnahmen beschränken sich auf typische Fälle und erheben bewusst keinen Anspruch auf Vollständigkeit, so sind z. B. das Kürzen überlanger Güterzüge oder das Zurückholen eines elektrisch bespann-ten Zuges aus einer Strecke ohne Oberleitung nicht erwähnt.


... wobei hier nur Fehlleitungen gemeint sind, d.h. der Zug ist wirklich zu lang - "so geht das nicht". Aber das ist gottseidank ein untypischer Fall, daher braucht's keine Vorschrift dafür - so sind die modernen Zeiten mit der Selbstverantowrtung des Mitarbeiters!

H.M.


 Antworten

 Beitrag melden
05.01.2021 12:05
#2 RE: Überlange Züge
avatar

Nachschlag: Ich hab zu Deutschland im DSO eine Anfrage dazu aufgemacht. Die erste sinnvolle Antwort war, frei nach Christian Morgenstern (letzte Zeile):

Zitat
... Insofern gibt es für die Ausführenden draußen keine überlangen Züge.


Schau'n wir mal, ob das so Bestand hat.

H.M.


 Antworten

 Beitrag melden
05.01.2021 21:45 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 22:01)
#3 RE: Überlange Züge
avatar

Okay, von "Überlang" wird gesprochen, wenn der Zug zu lang für das Ausweichgleich eines Bahnhofs ist.

In der der EBO von 1928 wird nur von maximal 120 bzw. 150 Achsen gesprochen.
Aussagen über die Gleislängen findet man in der DV427 Richtlinien für das Entwerfen von Bahnhofs- und Sicherungsanlagen:

Zitat
2. Die nutzbare Länge der Ein- und Ausfahrgleise sowie der Aufstellgleise für geschlossene Züge ist so zu bemessen, daß die längsten darin aufzustellenden Züge ausreichenden Platz finden. Bei Berechnungen der Zuglänge ist in Betracht zu ziehen, welche Wagengattungen in den Zügen vorherrschen *). Bei Gleisen, die vorwiegend der Ein- und Ausfahrt dienen, ist für jede weitere Lokomotive, die außer der führenden Zuglokomotive im Gleise Platz finden soll, eine Länge von 25 m zuzuschlagen.
*) Mittlere Länge der Wagen neuester Bauarten:
1. 1 Om-Wagen (A10-Wagen)je Achse 4,70 m
2. 1 G-Wagen (A2-Wagen)je Achse 4,70 m
3. 1 R-Wagen (A4-Wagen)je Achse 6,93 m
4. 1 Gl-Wagen (A9-Wagen)je Achse 6,22 m
5. 1 S-Wagen (A11-Wagen)je Achse 7,20 m
6. 1 Güterzugpackwagen (Pg)je Achse 4,25 m

3. Für die Bemessung der nutzbaren Länge der Überholungsgleise auf Strecken mit durchgehendem Güterverkehr ist die Streckeneinteilung nach Strecken mit 750, 650 und 600 m Überholungsgleislänge maßgebend (vgl Verfügung vom 14. Juli 1928 - 23 Bzn 2).

Ich denke die 740 Meter der DB sollten für die Modellbahn genügen.
Aktuell: https://www.allianz-pro-schiene.de/theme...eter-gueterzug/

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

 Antworten

 Beitrag melden
08.01.2021 18:21
#4 RE: Überlange Züge
avatar

Leider habe ich die Fragestellung erst jetzt gelesen.
Es gibt Beschränkungen für Achszahl bei Reisezügen und im Falle von Güterzügen Beschränkungen bei Achszahl und Zuglänge.

In Deutschland gilt im DB Netz der Kopf des Fahrplans.
Im Kopf des Fahrplans stehen Zugnummer, Wagenzuggewicht, Mindestbremshunderstel, Zuglänge und Triebfahrzeug.

Ein Fahrplan wird nach Bestellung durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen durch DB Netz erstellt. Schon bei der Fahrplanerstellung wird die Zugkonfiguration (Zuglast, Mindestbremshunderstel, Triebfahrzeug und Zuglänge) berücksichtigt und mit den Streckenparametern abgeglichen.
Vom 740m Netz für Güterzüge sind wir selbst noch auf den TEN-Korridoren weit entfernt.
Padborg-Maschen ist für bis zu 850m lange Güterzüge ausgebaut.

Weil das Regelwerk in Deutschland anders aufgebaut ist, kennen wir in der Fahrdienstvorschrift diesen Fall nicht, wohl aber im Trassenmanagement. Wir kennen nur Abweichungen zum Kopf des Fahrplans, in diesem Fall entscheidet die Betriebszentrale nach Ril 402 Trassenmanagement.
War auch schon vor DB AG Zeiten; aber erst seit dem freien Netzzugang sind derlei Regelwerke zugänglich.

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
08.01.2021 18:38
#5 RE: Überlange Züge
avatar

Gibt es nicht bei den Achszählern eine Grenze für die Anzahl der Achsen?

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

 Antworten

 Beitrag melden
08.01.2021 18:53
#6 RE: Überlange Züge
avatar

... war früher 254 Achsen, jetzt wohl 380 oder so. Wobei die Zähler meines Wissens "überschlagend" sind, d.h. wenn man mit mehr Achsen reinfährt, wird wieder bei 0 begonnen. Ein Zug müsste also exakt 254 Achsen verlieren, damit falsch freigemeldet wird ... aber verlass Dich lieber nicht drauf, dass ich damit wrklich recht habe (und vermutlich auch nicht bei allen Bauarten ...).

H.M.


 Antworten

 Beitrag melden
08.01.2021 19:11
#7 RE: Überlange Züge
avatar

Es sind 250 Achsen, im Ausnahmefall 252 da geht es um 40 6achsige Fal Wagen und eine Doppeltraktion 151.

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
08.01.2021 19:28
#8 RE: Überlange Züge
avatar

Also zumindest von WSSB und Integra gab's sicher Zähler, die nominell 255 Achsen zählen konnten; und ich denke, Siemens Österreich hat welche mit 254 Achsen Kapazität gebaut - aber bei letzterem bin ich nicht sicher.

H.M.


 Antworten

 Beitrag melden
09.01.2021 12:19
#9 RE: Überlange Züge
avatar

Hallo Hubert,
,

Zitat von Pfalzbahn im Beitrag #3
Okay, von "Überlang" wird gesprochen, wenn der Zug zu lang für das Ausweichgleich eines Bahnhofs ist.

In der der EBO von 1928 wird nur von maximal 120 bzw. 150 Achsen gesprochen.
Aussagen über die Gleislängen findet man in der DV427 Richtlinien für das Entwerfen von Bahnhofs- und Sicherungsanlagen:

Zitat
2. Die nutzbare Länge der Ein- und Ausfahrgleise sowie der Aufstellgleise für geschlossene Züge ist so zu bemessen, daß die längsten darin aufzustellenden Züge ausreichenden Platz finden. Bei Berechnungen der Zuglänge ist in Betracht zu ziehen, welche Wagengattungen in den Zügen vorherrschen *). Bei Gleisen, die vorwiegend der Ein- und Ausfahrt dienen, ist für jede weitere Lokomotive, die außer der führenden Zuglokomotive im Gleise Platz finden soll, eine Länge von 25 m zuzuschlagen.
*) Mittlere Länge der Wagen neuester Bauarten:
1. 1 Om-Wagen (A10-Wagen)je Achse 4,70 m
2. 1 G-Wagen (A2-Wagen)je Achse 4,70 m
3. 1 R-Wagen (A4-Wagen)je Achse 6,93 m
4. 1 Gl-Wagen (A9-Wagen)je Achse 6,22 m
5. 1 S-Wagen (A11-Wagen)je Achse 7,20 m
6. 1 Güterzugpackwagen (Pg)je Achse 4,25 m

3. Für die Bemessung der nutzbaren Länge der Überholungsgleise auf Strecken mit durchgehendem Güterverkehr ist die Streckeneinteilung nach Strecken mit 750, 650 und 600 m Überholungsgleislänge maßgebend (vgl Verfügung vom 14. Juli 1928 - 23 Bzn 2).
Ich denke die 740 Meter der DB sollten für die Modellbahn genügen.
Aktuell: https://www.allianz-pro-schiene.de/theme...eter-gueterzug/

Grüße Hubert




Heute ist eher die Frage was man auf unserem kastrierten Netz überhaupt noch fahren kann. Immerhin wird auch in 2021 die Gleisanschlussförderung fortgesetzt.

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
09.01.2021 13:32
#10 RE: Überlange Züge
avatar

Zitat von cargonaut im Beitrag #9
Heute ist eher die Frage was man auf unserem kastrierten Netz überhaupt noch fahren kann. Immerhin wird auch in 2021 die Gleisanschlussförderung fortgesetzt.

Hallo Kai-Nils,

ich weiß nicht genau wohin dein Einwurf führen soll?
Wir können gerne, an andere Stelle, über die heutige Verkehrspolitik diskutieren, mit der daraus für uns folgende Frage ob eine Modellbahn der Epoche V bzw. VI noch überhaupt betrieblich attraktiv ist?
OT: Meine persönliche Meinung eher nicht! Die neue Bahn Bahn ist zwar mit den neune EVU schön bunt, aber es fehlt mir der Einzelladungsverkehr und bei den Personenzügen gibt es quasi nur noch Triebwagen bzw. Triebzüge ohne Post und Kurswagenverkehr!

Hier wäre jetzt die Frage wie kann ein Modellbahner überlange Züge vorbildgerecht bewegen. Wie kann man auf seiner Modellbahn, wo die die Gleisnutzlänge der Ausweichstellen nur 2 Meter lang sind, einen 3 Meter Zug kreuzen, oder geht gar dort eine Kreuzung von 2 überlangen Zügen?
Im Prinzip ja siehe Beispiel USA die "doppelte Säge"

PS: 255 kann ich genau mit einem Byte darstellen!

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

 Antworten

 Beitrag melden
10.01.2021 18:12
#11 RE: Überlange Züge
avatar

Hallo Hubert,

Ich meinte damit, dass es noch immer kein durchgängiges Netz für 700m lange Züge gibt. In der Fläche sind eingleisige Hauptbahnen schon gar nicht mehr für Güterverkehr ausgelegt. Dies wurde uns im Fall von Rastatt deutlich vor Augen geführt.
Wenigstens wird der Einzelwagenverkehr durch eine neue Förderrichtlinie gültig ab 01.03.21 weiter bei der Neueinrichtung oder Reaktivierung von Gleisanschlüssen unterstützt.
Ganzzüge sind betrieblich weniger aufwändig, aber auch nicht besonders ertragreich für die EVU.

Nun zu Deiner eigentlichen Frage, Züge können nach deutschem Regelwerk nur in Bahnhöfen behandelt werden.
Züge die zu lang für Bahnhöfe sind, dürfen im Bahnhof nicht halten. Im Zweifel wartet der überlange Zug vor der Einfahrt bis der kreuzende Zug eingefahren ist.
Die Kreuzung von zwei langen Zügen muss daher in einem geeigneten Bahnhof erfolgen, alles andere führt zu einer Unregelmäßigkeit.

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
10.01.2021 18:19
#12 RE: Überlange Züge
avatar

Zitat von cargonaut im Beitrag #11
Die Kreuzung von zwei langen Zügen muss daher in einem geeigneten Bahnhof erfolgen, alles andere führt zu einer Unregelmäßigkeit.

Nun die Gretchenfrage: Gibt es Unregelmäßigkeiten, oder nicht?

Grüße Hubert

"Sir, we are surrounded!" - "Perfect, so now we can attack in every direction!"

 Antworten

 Beitrag melden
11.01.2021 05:52
#13 RE: Überlange Züge
avatar

Zitat von Pfalzbahn im Beitrag #12
Zitat von cargonaut im Beitrag #11
Die Kreuzung von zwei langen Zügen muss daher in einem geeigneten Bahnhof erfolgen, alles andere führt zu einer Unregelmäßigkeit.

Nun die Gretchenfrage: Gibt es Unregelmäßigkeiten, oder nicht?




Ich glaube wir hatten schon mal eine ähnliche Diskussion, bei der ich anmerkte das regelwerkskonforme Durchspielen aller Unregelmäßigkeiten erfordert detailierte Regelwerkskenntnis aller Beteiligten.
Ist das im Sinne der Beteiligten?
Zur Lösung des sogenannten Deadlocks kann meiner Meinung nach nur der Passus zum hereinholen von Zügen als Sperrfahrt der Fahrdienstvorschrift herangezogen werden.

Meint Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
11.01.2021 07:01 (zuletzt bearbeitet: 11.01.2021 07:12)
#14 RE: Überlange Züge
avatar

Moin,

ich möchte den Thread mit einer wahren Begebenheit etwas auflockern. Bei Stummi führt Hans aka Kabees246 gerade praktisch Versuche mit überlangen Zügen durch:

https://www.stummiforum.de/viewtopic.php?p=2227643#p2227643

Dabei kam mir eine Erinnerung hoch. Ende der 80er konte ich auf der Ruhr-Sieg-Strecke einen aus knapp 100 Wagen bestehenden Güterzug beobachten. Eine 151 hatte die Fuhre am Haken und hat sie von Hagen aus das Lenetal raufgeschleppt. Bei Werdohl kroch man mit wahnsinnigen 10-20 km/h durch die Lande. Die damals noch handbedienten Schranken am Posten 40, wo die B236 die Strecke und damit unseren Schulweg kreuzte, waren erst mal 15 Minuten unten 😁. Wir überholten den Zug natürlich, der Schulbus musste aber bei Teindeln in die Halteschleife. Da kam die grüne 151 schon aus dem Bauckloher Tunnel geschlichen und hatte den Kontakt von BÜ 44 natürlich schon ausgelöst. Der Zug schaffte es mit der Lok auf den BÜ - und stand erstmal. Der Zug rollte 200 m zurück und kippte dabei ordentlich Sand auf die Gleise. Die Schranken gingen hoch und der Stau löste sich langsam auf. Dann ein erneuter Anlauf. Die Schrankenanlage wurde erneut ausgelöst, unser Bus an Pole Position. Das Heulen der Lüfter der 151 und das Knirschen von dem Sand werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Irgendwann öffneten sich auch die Schranken von BÜ 44 dann doch wieder und es ging Richtung Schule. Für uns begann der Unterricht mit einer geschlagenen Stunde Verspätung. Die Klassenkameraden, die in dem Bus vor uns waren, hatten weniger Glück: ihr Busfahrer hat am BÜ 44 noch schnell durchgestartet, als die Blinklichter angingen. So entkamen sie den bahntechnischen Spektakel.

Wer schickt Züge auf die Reise, die in keinen Unterwegsbahnhof passen? haben wir uns damals gefragt... In einer Freistunde zwei Tage später gingen wir zum Reiterstellwerk Pf am Bahnhof Plettenberg und erfuhren dort, dass es der Zug mit Ach und Krach hierher geschafft hatte.Man musste ihn hier teilen, weil nur dieser Bahnhof die erforderliche Länge hatte und spätestens in Altenhundem mit Beginn der Steigung nach Welschen-Ennest Schicht im Schacht gewesen wäre.

Grüße

Jörn


 Antworten

 Beitrag melden
11.01.2021 09:52 (zuletzt bearbeitet: 11.01.2021 10:07)
#15 RE: Überlange Züge
avatar

Hallo Forumer,

wenn ich in Triptis II als Fdl tätig bin und mein längster Dg wird per Zugmeldung angekündigt, dann muss ich aufpassen: Der Zug kann den Bahnhof Triptis nur auf den durchgehenden Hauptgleisen passieren; sonst fährt er sich fest! Nur auf den durchehenden Hauptgleisenn sind Durchfahrten möglich, das bedeutet, dass eine Ausfahrt gestellt werden kann, bevor die Einfahrstraße aufgelöst wird.

Falls dieser lange Zug auf Abzweig hereingelassen wird, dann ist er für das Bahnhofsgleis auf jeden Fall zu lang, die Einfahrstraße bleibt also festgelegt, auch wenn die Lok bereits am Ausfahrsignal hält. Und weil hier keine Durchfahrten erlaubt sind, kann die Ausfahrstraße erst gestellt werden, wenn die Einfahrt aufgelöst ist, der Zug sitzt also fest.

Falls mir das passieren sollte, könnte ich den Zug nur durch unsagbarenn Pfusch befreien: Ich müsste das Steuerprogramm anhalten, dann die Zuglänge auf kürzer editieren. Dann könnte ich das Programmm wieder starten und die Ausfahrstraße stellen. Das ist natürlich ein schlimmer Sicherheits-Fehler, weil das Ende des Zuges ja noch auf der nun nicht mehr festgelegten Einfahrstraße steht! Sobald der ganze Zug den Bahnhof verlassen hat, müsste ich die Zuglänge wieder korrigieren.

Solche Fehler könnten prinzipiell auch beim Vorbild passieren, denn in jedem Hauptstrecken-Stellwerk gibt es Fahrstraßenausschlüsse.

Mit Hp1-Gruß - Helmut

PS (EDIT): Eine Überholung eines solchen Zuges ist in meinem Bahnhof Triptis übrigens trotzdem möglich, sie verläuft nur etwas anders als üblich: Der Dg wird auf dem durchgehenden Hauptgleis gestellt, das ist lang genug, um den ganzen Zug aufzunehmen. Die Einfahrstraße kann dann aufgelöst werden, der TEE muss dann den Dg eben mit 40 km/h auf dem Abzweiggleis überholen. Ist zwar etwas langsamer, aber geht doch.

Gruß H.


 Antworten

 Beitrag melden
08.02.2021 21:47
#16 RE: Überlange Züge
avatar

Als ich eben nochmal im Strang über Haupt- und Nebenbahnen stöberte,
fand ich diesen Link hier wieder:
http://vt98.de/69003_1.htm

Unter Bild 6 steht:
"Der Zug war in der Regel so lang, dass er in Münchhausen, wo er die Regionalbahn nach Frankenberg kreuzte, nicht in das Ausweichgleis passte. So mussten am 14.08.1998 auch 212 304 und 212 289 warten, bis sie den Bahnhof durchfahren konnten[...]"

Damit hätten wir zumindest einen belegten Fall, der tatsächlich sogar eher die Regel als die Ausnahme gewesen zu sein scheint.

Schönen Abend noch,
Alex


 Antworten

 Beitrag melden
09.02.2021 10:43 (zuletzt bearbeitet: 09.02.2021 10:49)
avatar  Gilpin
#17 RE: Überlange Züge
avatar

Hi Alex, hallo Mitdenker,

der Link lohnt sich! Gerade das Bild 6 vor dem Signal im Anbetracht der Diskussion in einem anderen Strang, aber es ist nichts ohne die Bilder 1 und 4, die die Länge des Zuges (und die Notwendigkeit der Doppeltraktion) veranschaulichen.

Gruß,
Reiner


 Antworten

 Beitrag melden
14.02.2021 23:49
#18 RE: Überlange Züge
avatar

Hallo Alex, hallo Reiner,

Ja so kann man es machen, wenn
1. auf eingleisigen Strecke nur ein überlanger Zug unterwegs ist.
2. Kreuzungshalte des Personenverkehrs ausreichend lang bemessen sind, schließlich muss der am Esig gestellte Gz auch wieder anfahren.
Daher haben Längenbeschränkungen bei Zügen schon ihren Sinn.

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
29.04.2021 17:59 (zuletzt bearbeitet: 29.04.2021 19:58)
#19 RE: Überlange Züge
avatar

Moin moin,
mir lief so eben noch ein weiteres Beispiel aus unseren Tagen über den Weg:



Auch ein Blick in die Video-Beschreibung lohnt sich, dort werden weitere Fälle beschrieben.
Gruß
Alex


 Antworten

 Beitrag melden
29.04.2021 20:23 (zuletzt bearbeitet: 01.05.2021 11:11)
avatar  Gilpin
#20 RE: Überlange Züge
avatar

Hi Alex, wirklich irre! Gibt es eigentlich ein deutsches Wort für Big Railroading?
Dank und Gruß,
Reiner


 Antworten

 Beitrag melden
30.04.2021 21:20
#21 RE: Überlange Züge
avatar

Zitat von Gilpin im Beitrag #20
Hi Alex, wirklich irre! Gibt es eigentlich ein deutsches Ort für Big Railroading?


Hallo Reiner,
grammatikalisch richtig müsste es "einen deutschen Ort" heißen.

Duck und weg
Hans


 Antworten

 Beitrag melden
01.05.2021 12:40
#22 RE: Überlange Züge
avatar

Interessante Betriebssituation. Allerdings ist dies nicht mit jeder Stellwerkstechnik möglich. Da wie in diesem Fall der Durchrutschweg hinter dem Hauptsignal verkürzt ist. In Koblenz Hbf gibt es dafür aus Richtung Süden eine spezielle Schaltung, die nur noch Einfahrt Hp2 mit Zs3 Kz 3 zulässt, auf deutsch Langsamfahrt mit höchstens 30 km/h. Dann kann der RE5 aus Richtung Norden kommend Gleis 3 kreuzen um in Gleis 2 zu wenden.
Da ich aber weder österreichische Betriebsvorschriften noch die Sicherungstechnik kenne beziehe ich meinen Post ausschließlich auf die DB.

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
01.05.2021 14:33 (zuletzt bearbeitet: 01.05.2021 14:44)
#23 RE: Überlange Züge
avatar

Zitat von cargonaut im Beitrag #22
Interessante Betriebssituation. ... Da wie in diesem Fall der Durchrutschweg hinter dem Hauptsignal verkürzt ist. ... Da ich aber weder österreichische Betriebsvorschriften noch die Sicherungstechnik kenne ...


Ich bin zufällig über eine ÖBB-interne Dokumentation zur "großen Vorschriftenreform" von 1980 gefallen. Daraus ergibt sich, dass damals (vor mehr als 40 Jahren!) i.W. alle Durchrutschwege usw. abgeschafft wurden. Es gibt seither nur mehr sogenannte "Schutzwege" mit einer Länge von i.d.R. 50 m (und die dürfen bei einer Einfahrt sogar besetzt sein!)*.

Dann habe ich in Pläne von Wald a.A. geschaut: Der 50m-Schutzweg hinter dem Ausfahrsignal R203 des Railjet würde noch immer die Einfahrweiche 252 des Gegenzuges teilweise überdecken, wenn auch nur knapp:



Aber in Wald (d.h. in Dalaas) steht seit längerem ein ESTW, und dort wurden überall zusätzliche "kurze Einfahrten" = Einfahrten ohne Schutzweg projektiert, um diese eingleisige Gebirgsstrecke möglichst durchlässig zu machen:



Wenn man den Railjet daher mit 40 km/h einfahren lässt, kann man zugleich auch den überlangen Zug einfahren lassen - das ist die Situation in dem Film.

H.M.

* Man fragt sich, was in Deutschland dagegen spricht, das genau so zu ändern ...


 Antworten

 Beitrag melden
02.05.2021 09:49 (zuletzt bearbeitet: 02.05.2021 09:51)
#24 RE: Überlange Züge
avatar

Zitat von hmmueller im Beitrag #23
Zitat von cargonaut im Beitrag #22
Interessante Betriebssituation. ... Da wie in diesem Fall der Durchrutschweg hinter dem Hauptsignal verkürzt ist. ... Da ich aber weder österreichische Betriebsvorschriften noch die Sicherungstechnik kenne ...


Ich bin zufällig über eine ÖBB-interne Dokumentation zur "großen Vorschriftenreform" von 1980 gefallen. Daraus ergibt sich, dass damals (vor mehr als 40 Jahren!) i.W. alle Durchrutschwege usw. abgeschafft wurden. Es gibt seither nur mehr sogenannte "Schutzwege" mit einer Länge von i.d.R. 50 m (und die dürfen bei einer Einfahrt sogar besetzt sein!)*.

Dann habe ich in Pläne von Wald a.A. geschaut: Der 50m-Schutzweg hinter dem Ausfahrsignal R203 des Railjet würde noch immer die Einfahrweiche 252 des Gegenzuges teilweise überdecken, wenn auch nur knapp:



Aber in Wald (d.h. in Dalaas) steht seit längerem ein ESTW, und dort wurden überall zusätzliche "kurze Einfahrten" = Einfahrten ohne Schutzweg projektiert, um diese eingleisige Gebirgsstrecke möglichst durchlässig zu machen:



Wenn man den Railjet daher mit 40 km/h einfahren lässt, kann man zugleich auch den überlangen Zug einfahren lassen - das ist die Situation in dem Film.

H.M.

* Man fragt sich, was in Deutschland dagegen spricht, das genau so zu ändern ...


Zunächst mal vielen Dank für diesen tollen und nachvollziehbaren Beitrag. Zu der Frage warum in Deutschland die Durschrutschwege nicht verändert wurden hier meine Vermutung.
Es gab Anfang der 1990-er in Rüsselsheim einen schweren Unfall zwischen zwei S-Bahn Zügen, anbei ein sehr guter Bericht aus Wikipedia:

https://www.google.com/search?q=s+bahn+u...mobile&ie=UTF-8

Die Philosophie an Durchrutschwegen in Deutschland ist eine Kollision zu verhindern.
Darum wurde die Zugsicherung I60 in Verbindung mit 500 Hz Gleismagneten und einem Rechner zur PZB90 weiter entwickelt, die bei Anfahrten gegen haltzeigende Signale restriktiver eingreift.
Die SBB hat den D-Weg 0 m, dass heißt dort kommt es unter Umständen schneller zum Unfall bei Verfehlung des Hauptsignals.
Daher glaube ich die Gefährdungsbeurteilung fällt in Deutschland etwas strenger aus als bei den Nachbarn.
Leider sind in Deutschland die Signalverfehlungen in den letzten Jahren auch drastisch angestiegen.

Viele Grüße
Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

 Antworten

 Beitrag melden
02.05.2021 11:32 (zuletzt bearbeitet: 02.05.2021 11:36)
#25 RE: Überlange Züge
avatar

Danke, so ein Unfall mag natürlich ein Faktor sein. Klar ist die Angst vor dem Überfahren von Hp0 da. Allerdings gibt es das auch nicht seltene Problem des Anfahrens gegen ein haltzeigendes Signal (z.B. 2018 in Niklasdorf in Österreich), wo Durchrutschwege alleine nichts helfen, und bei der hohen Beschleunigung heutiger Triebwagen auch keine einfache PZB - ja stimmt, deswegen wurde in D viel in die 500 Hz-Ergänzung investiert, samt dazugehörigen Anfahrkurven, der Befreiungsmöglichkeit usw. Und gerechterweise muss man ergänzen, dass - habe ich vernommen - in Österreich solche Aufrüstungen als zu teuer verworfen wurden ...

Offenbar (und nachvollziehbar) sind da aber wohl weiterhin die Ansichten zur zusätzlich gewonnenen Sicherheit bei verschiedenen Fachleute unterschiedlich, und damit auch bei verschiedenen Eisenbahnverwaltungen ... Besser wissen tu ich's auf keinen Fall!

Andererseits ist der "übergreifender Blick" über verschiedene Regularien - auch weitergehend in nicht-mitteleuropäische Länder - da immer interessant und schützt ein wenig vor "das muss so sein"-Ansichten ....

H.M.


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!