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Ferrosophie: Gedanken über Modellbahn-Anlagen
#1 Ferrosophie: Gedanken über Modellbahn-Anlagen
http://www.modellbaehnle.de
Wie ich auf diese Internetseite gekommen bin, weiß ich nicht mehr so genau - na, wie das so ist beim Surfen.
Es ist eine von -zig Seiten, wo ein Mensch etwas über seine modellbahnerischen Aktivitäten schreibt, seien sie nun bedeutsam oder nicht, und - so vorhanden - über seine Anlage. Diese Seite ist bedeutsam. Nicht wegen der Anlage, bestimmt nicht. Aber wegen eines Satzes, der mich aufhorchen ließ:
Getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ kommt es mir mehr darauf an, Freude am Basteln zu haben, und wenn die Anlage mal fertig ist, dann werde ich bestimmt nicht lange damit warten, mit der nächsten zu beginnen.
Der Weg ist das Ziel, immer?
Der Weg ist das Ziel, dieser wunderschöne Satz aus der Eso-Szene. Er ist voller Weisheit, aber auch gefährlich. Vielleicht ist er auch ein wenig falsch übersetzt und wird deshalb nicht immer richtig verstanden. Wenn ich mir ein Haus baue, wenn ich eine Frau zum Heiraten suche, wenn ich stundenlang Dreck schaufele, um eine Stellfläche für mein Auto zu schaffen, dann sind das ergebnisorientierte Handlungen, bei denen es darum geht, den Weg zum Ergebnis hinter sich zu bringen.
Sage mir keiner, wenn der Stellplatz fertig ist, schaut er sich nach einem neuen Dreckhaufen um, um einen anderen Stellplatz für das Auto zu schaffen.
Was also will der schöne Satz Der Weg ist das Ziel uns denn nun sagen? So ganz daneben kann er doch nicht sein. Es gibt eine andere Affirmation in der Eso-Szene, die lautet: Tu alles, was tu tust, mit Freude und Hingabe. Und genau das sagt unser Satz auch: Verfluche nicht die Stunden, die du dich schindest, um den Dreckhaufen abzutragen, genieße auch die Bau- und Ausgestaltungszeit deines künftigen Hauses.
Gnadenlose Renovierung
Im Bremen hatte ich mal einen Nachbarn, der das runtergekommene Haus neben meinem gekauft hatte. Jung war er und sehr dynamisch. In jeder Sekunde seiner Freizeit renovierte er sein Haus. Keine Arbeit war ihm zu schwer, zu dreckig oder zu gefährlich. Er dachte nicht einmal an die Nachbarn, wenn er nachts um elf noch Stemmarbeiten machte.
Nach zwei Jahren intensivster Frohnerei war die Hütte fertig. Er lud uns zu einer Einweihungsparty ein. Das Haus war ein Schmückstück geworden, keine Frage.
Nun sahen wir ihn seltener, den Nachbarn. Eines Tages stand ein Ehepaar vor unserer Tür und sagte: „Wir möchten uns vorstellen. Wir sind die neuen Nachbarn.“
Der alte hatte stickum heimlich verkauft und ward nicht mehr gesehen. Ich glaube genau zu wissen, was er anschließend gemacht hat. Sie auch?
Die Nächste bitte
Bei meinem ex-Nachbarn war der Weg alles, das Ziel nichts. Ich kenne Leute, die das auch mit alten Autos so machen oder mit Computern. Allen diesen Menschen ist eins gemein: das, was sie erschaffen, hat in dem Moment, wo es erschaffen ist, für sie keinen Wert mehr. Bei manchen Männern - das ist ein offenes Geheimnis - ist auch eine Frau nur solange spannend, wie sie sie erobern wollen. Haben sie sie rumgekriegt, ist sie nicht mehr interessant. Bekannt?
Und so soll es auch bei der Modellbahn gehen? Das kann’s doch nicht sein!
Der kleine Unterschied
Hier gilt es nun, einen wichtigen Unterschied zu beachten: den zwischen Eisenbahn-Modellbauern und Modelleisenbahnern. Erstere, davon kenne ich einige, bauen Fahrzeuge, meist 0e oder 0m. Sie bauen mit großer Geduld und Akkuratesse und nichts dauert ihnen zu lange oder ist ihnen zu schwierig, nachzubilden. Und wenn das gute Stück fertig ist, die herrliche Lok, die sonst keiner hat? Dann lassen sie sie fahren.
Aber nicht lange. Wie Mister modellbaehnle.de werden sie bestimmt nicht lange damit warten, mit der nächsten zu beginnen.
Das ist auch gut so, denn mit einer Lok allein ist ja nicht viel anzufangen. Und die zweite Lok wird bald neben der ersten stehen oder ihr gar Vorspann leisten. Das heißt, dass die zweite Lok nicht die Nutzung der ersten unterbindet, sondern im Gegenteil fördert.
Todesurteil
Der Modell-Eisenbahner, also derjenige, der eine ganze Eisenbahn will, kann so nicht vorgehen. Was sollte die zweite Anlage neben der ersten?
Der Baubeginn einer neuen Anlage ist fast ausnahmslos das Todesurteil für die vorige. Warum nur? Sind Anlagen Wegwerfartikel?
Sinneswandel
Damit meine Leser sich kein falsches Bild von mir machen, möchte ich hier einflechten, dass ich in meinem Leben auch eine nicht unerhebliche Anzahl von Anlagen gebaut habe, insgesamt zehn (in vierzig Jahren), an der elften bin ich gerade.
Die erste war noch ein Jugendversuch, die nächsten beiden Auftragsarbeiten zur finanziellen Verbesserung des Studentenlebens. Zwei weitere waren Redaktionsanlagen für diese Zeitschrift. Bleiben fünf eigene Anlagen. Eine einzige von ihnen habe ich aufgegeben, weil sich mein Sinn geändert hatte: statt der Gartenbahn wollte ich eine „richtige“ Anlage, die immer fährt. Die anderen Neubeginne hatten immer mit gravierenden Änderungen der Lebenssituation zu tun, die es unmöglich machten, die bestehende Anlage zu retten.
Völlig unvorstellbar ist es für mich, schon bei Bau oder gar dem Entwurf einer Anlage davon auszugehen, dass ich sie nach Fertigstellung verschrotten werde. Der Grund ist einfach: ich wollte und will meine Anlagen benutzen, genau wie das oben erwähnte Haus und den Pkw-Stellplatz. Und diese Absicht ist es, die mich dazu bringt, mein ganzes Können, meinen Grips und all meine Power in das Projekt einzubringen.
Ex-und-hopp-Mentalität
Wenn mir jemand sagt, dass er schon jetzt beim Bau der Anlage ihre Verschrottung plant, warum sollte ich mir dann diesen Wegwerfartikel anschauen? Vielleicht sehe ich sie ja zufällig noch auf der Müllkippe.
Diese ex-und-hopp-Mentalität hat zur Folge, dass es in unserem Lande so wenige gute Anlagen gibt, die das Produkt großer Hingabe, ständigen Optimierens und liebevoller Pflege sind. Und auf denen das passiert, was bei einer richtigen Eisenbahn auch geschieht: die von ihrem Besitzer - allein oder mit Freunden - betrieben werden.
Getz ma ährlich, sagt man in meiner neuen Heimat, watt hällt euch davon app, eine „vernünftige“ Anlage gründlich zu planen, geduldig zu bauen und langfristig zu betreiben? Wovor habt ihr Angst?
Traut ihr eurer Geduld nicht? Oder wollt ihr euch immer wieder verlieben, nicht in eine neue Frau - da habt ihr euch festgelegt - sondern in immer neue Motive, neue Spurweiten, neue Landschaften? Braucht ihr dieses Gefühl der „Schmetterlinge im Bauch“? Was würdet ihr einem Freund in eurem Alter sagen, der das so mit Frauen macht? Eben! Genau das.
OOK
Dazu erhielt ich eine Stellungnahme des mir damals noch kaum bekannten Michael Sterna, die dann in der Ausgabe 48 in der gleichen Kolumne erschien. Und die lautete so:
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Der untere Fuß
Diesmal bin ich der Mühe, eine Ferrosphie-Kolumne zu schreiben, enthoben. Mein Freund und BAE-Mitstreiter Michael Sterna fühlt sich durch die letzte herausgefordert und konnte nicht umhin, das Thema aus seiner Sicht zu beleuchten. Hier seine Ferrosophie:
Huch, jetzt kriegen wir Anlagenabreisser es aber knüppeldicke! So dachte ich zunächst beim Lesen der letzten Ferrosophie-Kolumne. Aber gemach, so schlimm ist es doch gar nicht.
Darf man so was drucken? Ja, freilich darf man das! Ich glaube, dass es geradezu die Aufgabe eines engagierten Fachblattes sein muss, zu polarisieren und damit auch zur Meinungsbildung anzuregen. Und wer sich wie OOK so um die Szene verdient gemacht hat, der darf dann auch mal dem einen oder anderen Kollegen auf die Füße treten. Und dennoch kann man anderer Meinung sein, vor allem wenn der untere Fuß der eigene ist.
Abrissunternehmer vs. Betriebsbahner
Der Vergleich mit den Lebenspartnerschaften scheint etwas gewagt. Zum einen deshalb, weil wir in einer Zeit leben, in der auch andere Beziehungsmodelle vorstellbar und möglich sind. Zum anderen aber auch aufgrund der Tatsache, dass viele von uns - aller guten Vorsätze zum Trotz - schon die Erfahrung machen mussten, dass ein Lebensentwurf am Ende gescheitert ist. Das gilt für die Partnerschaft, für das Haus und - na ja: eben auch schon mal für die Modellbahn. Bekannt?
Frage: „Warum hast Du Dich getrennt?” - Antwort: „Mit der Alten konnte ich nicht mehr richtig Betrieb machen”. Solcherlei Schlüpfrigkeiten kosten wohl zu recht einen Heiermann in die Chauvikasse, also lassen wir das lieber!
Es ist auch mitnichten so, dass sich unser Grüppchen so einfach in chronische Abrissunternehmer und zufriedene Betriebsbahner unterteilen ließe, mit der Nebensparte der hoffentlich ebenso glücklichen Modellbauer. Ich habe schon einige Arbeiten von begnadeten Anlagenbauern gesehen, die offensichtlich wenig Gefallen am Betrieb (zumindest nicht an dem mit Frachtkarten und Buchfahrplan) hatten. Werke, die ich aber dennoch für wegweisend hielt und noch halte. Und ist auf der anderen Seite eine kommerzielle Veranstaltung wie das Miniatur-Wunderland nicht so eine Anlage, die höchstens erweitert, aber nicht mehr abgerissen wird, und die darüber hinaus sogar so was wie Betrieb bietet (wenn auch nach ganz eigenen Kriterien)?
Sternas Geständnisse
Geständnis Nr.1: ich kann solcher Art von ,Action’, wie sie im Hamburger Hafen geboten wird, rein gar nichts abgewinnen! Nicht, dass ich alles besser könnte (noch nicht mal wüsste!). Vor einigen Jahren sprach mir ein Fachhändler scherzhaft das Recht ab, mich überhaupt mit diesem ,technischen Hobby’ beschäftigen zu dürfen, und das nur, weil ich mich als echte Technikniete geoutet hatte, einer, der seinen Spaß eben nicht im Strippenziehen und Verlöten irgendwelcher geheimnisvollen Schaltungen sieht. Aber zitieren wir nicht bei jeder Gelegenheit jenen US-Amerikaner, demzufolge die Modellbahnerei Spaß machen soll? (Übrigens musste besagter Fachhändler aufgeben, ich noch nicht ;-))
Es gibt mehr als nur einen (Königs-?) Weg, sich mit der kleinen Eisenbahn zu beschäftigen. Und dabei immer neue Welten zu erschaffen, ist so schlecht nun auch nicht - solange man es sich leisten kann. Mit der besten Frau von allen fahren wir ja auch jedes Jahr zu anderen Urlaubszielen (und entdecken da rein ,zufällig’ die Reste einer interessanten kleinen Schmalspurbahn).
Etwas anderes ist da die Beschäftigung mit dem fertigen Werk, und dies ist offensichtlich nicht jedem gegeben.
Geständnis Nr. 2: ich muss mich leider auch zu diesen zählen! Aber muss ich mich schuldig fühlen? Wir lernen nach ausgiebigem Studium der einschlägigen Fachliteratur jede Menge Wissenswertes, vom ,richtigem’ Zusammenkleben eines Plastikhäuschens bis hin zum korrekten Schienenverlegen. Aber wer erklärt uns wie Betrieb geht ? Und wenn man so recht keine Ahnung davon hat, darf man dann doch noch ,Eisenbahn Spielen’? (Dank an dieser Stelle an Markus Grupe für die Unterstützung meiner ersten betrieblichen Gehversuche!)
Suchtgefahren
Geständnis Nr. 3: ich habe schon mehrere Anlagen gebaut und sie ohne Not wieder abgebrochen! Die Modellbahnerei kann Suchtcharakter annehmen - ich weiß, wovon ich spreche, schließlich habe ich beruflich mit Suchtkranken zu tun. Die Industrie weckt ständig neue Begehrlichkeiten, die befriedigt werden wollen. Die Fachpresse tut dann das ihrige dazu. Dies tut sie vor allem in H0-Mainstream. Ein weiteres Todesurteil für jede vollendete Anlage!
Das war es, was mich zu 0e trieb: ein überschaubares Industrieangebot, die Notwendigkeit, eigeninitiativ zu werden, sich dabei intensiver mit dem Werk auseinanderzusetzen und nicht stumpf ,wiederzukäuen’, das Ganze in einer überschaubaren Szene, die eher darauf angewiesen ist, miteinander zu kommunizieren. Auch die Notwendigkeit, die Grenzen der eigenen Kaufkraft zu wahren, weg vom reinen Konsum (obwohl: da hätte ich noch gerne...;-)) Und wären meine bescheidenen Fähigkeiten nur etwas weniger bescheiden, dann würde ich vielleicht sogar ,in 0m machen’, mit Gleisselbstbau und so... Soll da ein paar reizende Vorbilder, z.B. im Harz geben.
Überarbeitung statt Abriss
Und noch ein Geständnis: auch jetzt bin ich schon wieder im Umbau. Wohlgemerkt, ich spreche - politisch korrekt - nicht mehr von Abriss! Meine derzeitige Baustelle stellt vielmehr das konsequente Überarbeiten eines eingeschlagenen Weges dar, den ich nach wie vor als durchaus richtig ansehe: Beseitigen von Schwachstellen, Einarbeitung zukünftiger Betriebsmöglichkeiten (!) und puristischere Umsetzung eines konkreten Vorbildes (ohne sklavisch zu werden) zur Verhinderung neuer Beliebigkeiten, die auch in der Nische drohen.
Lernen, dran zu bleiben
In gewisser Weise gebe ich OOK doch recht, auch wenn er es so nicht ausdrücklich geschrieben hat: eine Partnerschaft muss gelernt werden. Solange wir nach Genuss sofort und Spaß pur streben, liegt es nahe, auch den Partner bei Nichtgefallen wieder abzustoßen. Vielleicht ist es mit der Modellbahnerei ähnlich wie mit unseren Beziehungen: wir müssen wieder mehr lernen, uns damit zu beschäftigen und ,dran zu bleiben’ - in guten wie in schlechten Zeiten.
Michael Sterna
Ich finde es natürlich immer gut, wenn mir jemand Recht gibt, und sei es nur "im Prinzip". Davon abgesehen hat Michaels Ferrosophie etwas sehr Überzeugendes, aber auch sehr annehmbares. Das kann er eventuell besser als ich.
Michael und ich sind übrigens Freunde geworden. Er hat selber eine wunderschöne 0e-Anlage, die "Rügnitzer Kleinbahn" (http://www.michi-sterna.de)und er baut auch gerne mit an der BAE.(http://www.bae-by-ook.net/bae_seite/bae_aktuell_d.php)
#2 RE: Ferrosophie: Gedanken über Modellbahn-Anlagen
Ich kann vieles gut nachvollziehen. Obwohl es aus heutiger Sicht etwas eigenartig klingt, ich hatte bereits mit 14 Jahren, als ich mit der ernsthaften Modellbahnerei anfing, die Vision einer idealen Anlage, die ich bauen wollte und die dann später in meiner Wohnung hinter dem Sofa ständig betriebsfähig mit einer Vitrinenabdeckung stehen sollte. Damals hatte ich noch die etwas eigenwillige Illusion, dass mich der Betrieb auf dieser Anlage für den Rest meines Modellbahnlebens zufrieden stellen würde. Meine Anlage Eibenstock (siehe http://joernpachl.gmxhome.de/modellb_alt.htm) war ein Versuch in dieser Richtung, allerdings nicht von Dauer, da sowohl Unterbau als auch modellmäßige Gestaltung qualitativ noch nicht befriedigten. Mittlerweile ist die ideale Anlage für mich kein wirkliches Ziel mehr, allerdings geht es mir schon darum, Anlagen zu bauen, die hinterher dauerhaft erhalten und betrieben werden sollen. Und da ist ein vernünftiges Betriebskonzept der Dreh- und Angelpunkt.
Bei einer typischen Kreisfahranlage ist die Freude am Betrieb schnell erschöpft. Deshalb verwundert es mich immer ein wenig, wenn typische Kreisbahner eine Anlage nach der anderen bauen und dabei immer wieder den gleichen Fehler machen, Anlagen zu schaffen, mit denen sie sich hinterher langweilen, so dass der Abriss schon vorprogrammiert ist. Mir ist meine eigene Arbeit einfach zu wertvoll, um hinterher weggeworfen zu werden. Eine Ausnahme war lediglich die Anlage Braunesumpf, die eher experimentellen Charakter trug und nur als Vorstufe der späteren Anlage Drei Annen Hohne gedacht war. Der Bau dieser Anlage begann 1991, sie hat zwei Wohnungsumzüge mitgemacht und erreicht vor etwa 10 Jahren die heutige, in gewissem Sinne fertige Form. Die Anlage wird immer noch betrieben, es ist weder ein Abriss noch ein Ersatz durch eine neue Anlage geplant.
Da ich natürlich trotzdem gelegentlich Lust habe, etwas zu bauen, entstand im vorletzten Jahr die kleine US-Anlage, die, obwohl man es auf den ersten Blick nicht vermutet, ein recht durchdachtes Betriebskonzept hat. Es ist nicht auszuschließen, dass ich noch weitere Kleinstanlagen bauen werde, einfach, weil mich gelegentlich die Umsetzung eines bestimmten Motivs reizt. Möglicherweise werde ich mich aber auch dem Dioramenbau widmen. Aber da für mich das Eisenbahnhobby auch viele Facetten außerhalb des Modellbaus hat, ist es für mich auch kein Problem, mal ein paar Jahre anlagenmäßig überhaupt nichts zu bauen.
Jörn
#3 RE: Ferrosophie: Gedanken über Modellbahn-Anlagen
Es könnte der Eindruck entstehen, dass ich grundsätzlich gegen den Abbruch einer bestehenden Anlage bin. Das machte schon deshalb keinen Sinn, weil dann das e-book Modellbahn-Anlagen-Design* nur für Modellbahner geeignet wäre, die ihre erste Anlage bauen.
Worauf ich hinaus will ist, dass man eine Anlage so gut und so gründlich plant, dass man sie anschließend, wenn sie betriebsfähig ist, nicht nur betreiben kann, sondern dies auch gerne tut.
Bein Entwurf und Design einer Anlage sollte ihre dauerhafte Verwendung, sprich der Betrieb auf ihr, oberstes Ziel sein. Das geht nicht auf die Schnelle, das braucht viel Vorwissen beim Thema Anlagenplanung und viel Wissen von der Bahn, die man nachzugestalten vorhat. An anderer Stelle in diesem Forum ist von Hingabe die Rede. Genau. Ein hohes Maß an Hingabe ist erforderlich, um ein wirklich gutes Werk zu erschaffen.
Aber auch die größte Hingabe schließt nicht aus, dass man im Laufe des Baus oder später beim Betrieb Optimierungsmöglichkeiten entdeckt. Dann wird eben optimiert. Das heißt aber eben gerade nicht Abbruch und Neubau, sondern Verbesserung in Teilbereichen. Abbruch und Neubau heißt doch schlussendlich, dass man beim Planen Mist gebaut hat, dass man mehr Irrtümer als richtige Ideen hatte. Und das kann es doch nicht sein. Oder?
*Da es das e-book nicht (mehr) gibt, gilt dies für mein "blaues Buch" ANLAGEN-PLANUNG für vorbildgerechten Modellbahn-Betrieb (MIBA-Verlag)
Zitat von Michael Sterna
Lernen, dran zu bleiben
In gewisser Weise gebe ich OOK doch recht, auch wenn er es so nicht ausdrücklich geschrieben hat: eine Partnerschaft muss gelernt werden. Solange wir nach Genuss sofort und Spaß pur streben, liegt es nahe, auch den Partner bei Nichtgefallen wieder abzustoßen. Vielleicht ist es mit der Modellbahnerei ähnlich wie mit unseren Beziehungen: wir müssen wieder mehr lernen, uns damit zu beschäftigen und ,dran zu bleiben’ - in guten wie in schlechten Zeiten.
Dieser Passus von Michael Sterna war mir seinerzeit schon in der letzten Ausgabe des Mittelpuffer (traurig, traurig!) aufgefallen. Einerseits gebe ich ihm recht: dran bleiben. Andererseits setzt das Optimieren doch voraus, dass der grundsätzliche Entwurf ziemlich gut ist. Wenn ich feststelle, dass meine derzeitige Anlage in keiner Weise meinem jetzigen Lernstand von guter Anlagenkonzeption entspricht, dann ist das doch zumeist nicht durch kosmetische Verbesserungen auszugleichen. Da hilft doch eigentlich nur der harte Schnitt: Abbruch und mit ganz neuer Konzeption neu bauen.
Wünschenswert wäre allerdings, dass ich nun vor Baubeginn so lange forsche, plane und designe, bis ich in der Lage bin, eine Anlage zu entwerfen, die auch meinem weiteren Wissenszuwachs standhält und in der Tat optimiert werden kann.
Meint
Hallo,
ich glaube, ich sollte meine kleine Ferrosophie auch mal in Worte kleiden. Nicht weil ich sie als besonders nennenswert finde, sondern schlicht und ergreifend, weil ich sie bisher in keinem Beitrag erkennen konnte. Ich habe keine Lust auf eine Großbaustelle, die mich ewig und drei Tage auf Trapp hält. Meist ist der älteste Teil reif für eine Generalüberholung, wenn der jüngste Teil steht. Da ist die Technik plötzlich nicht mehr zeitgemäß oder aber die Gestaltung kann mit der des jüngsten Teiles nicht mehr mithalten.
Ich baue lieber kleine Anlagen, weil ich weder das Geld noch den Platz für eine größere Anlage habe. Ich empfinde die Ausarbeitung und Gestaltung einer kleinen Fläche als sinnstiftend. Es ist wesentlich komplexer ein Thema auf kleiner Fläche glaubhaft umzusetzen. Anstatt mehrere Themen auf einer Anlage zu vereinigen, baue ich lieber mehrere Anlagen, die einzeln für sich genommen eine eigenständige Thematik behandeln. Momentan habe ich zwei Anlagen, einen "Timesaver" in H0e und einen "Inglenook" in H0. Die nächste Anlage in H0e ist in Planung (Leinhausen West) und ist bereits in Bau. Es ist wie im Dioramenbau, nur halt richtig betriebsfähig.
Wichtig ist für mich der gelungene Kompromiss aus betrieblichem Angebot, geringer Fläche und maximaler Mobilität. Was nützt mir am Ende die schönste Anlage, wenn ich der einzige bin, der sie sich anschauen kann. Fotos können leider keinen richtigen Eindruck vermitteln, so meine Meinung. Viel schöner finde ich es, wenn man auf Ausstellungen die Anlage auch anderen präsentieren kann. Dabei geht es aber nicht um die Pflege einer eventuell vorhandenen Profilneurose, sondern um das Aufzeigen anderer Anlagenkonzepte wie auch die Neuinfizierung anderer mit dem Modellbahnvirus. Zu oft hörte ich den Spruch: "Modellbahn habe ich früher auch mal gemacht, aber das ist mir zu langweilig. Ewig nur bauen und wenn das fertig ist, dann hat man keinen Spaß mehr daran." Mit meinen Kleinstanlagen hörte ich dagegen schon häufiger den Ausspruch: "Das hätte ich früher wissen müssen, dann wäre ich jetzt noch bei der Modellbahn! Aber vielleicht fange ich doch wieder mit an?!"
Mit mehreren Anlagen hat man zudem den Vorteil, dass man etwas flexibler auf die Zielgruppe reagieren kann. Schließlich kann man ja nicht immer wieder ein und dieselbe Anlage zeigen. Auch Abwechselung ist bei Ausstellungen ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Das waren mal die Gedanken und Erfahrungen meiner persönlichen Ferrosophie. Das Wort als solches ist übrigens eine schönklingende Begrifflichkeit!
Viele Grüße
acecat
#6 RE: Ferrosophie: Gedanken über Modellbahn-Anlagen
Ich kann das nur bestätigen.
Ich hatte mehrere Anlagen gebaut und schnell wieder abgerissen. Das betriebliche Ergebnis entsprach nicht meinen Erwartungen. Wobei ich zugeben muß, dass ich damals wohl nur wenig über meine Wünsche und die Möglichkeiten der Umsetzung nachgedacht habe.
Heute versuche ich meine betrieblichen Konzepte an die bestehende Anlage anzupassen. Und der Baulust durch den Bau von Modulen Auslauf zu geben.
Wolfgang
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