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Tony Koester zum Thema Kunst
Are all modelers only boys and girls playing with toys or de we approach art with our best efforts? Some of us admit right up front that we are playing with toys – and are quite pleased about to boot. Why grow old when you can stay young forever, at least in some sense?
On ocasions we, like John Allen, may wonder if we’re just wasting our time on our hobby or if we’re doing something worthwile. That is, are we creating significant or merely incidental art?
If you aspire to do great things – write a great novel, paint a great picture, or design and build a great model railroad – it’s reasonable to assume that your success will be directily related not only to your skill but to the depth of your commitment.
TK: Trains of Thought Feb.95
Übersetzung:
"Sind alle Modellbahner nur Kinder, die mit Spielzeug spielen oder geben wir unser Bestes, um Kunst zu schaffen? Einige von uns geben unumwunden zu, dass sie mit Spielzeugen spielen – und gefallen sich darin. Warum alt werden, wenn man für immer jung bleiben kann, zumindest in einem bestimmten Sinn?
Manchmal fragen wir uns vielleicht, wie einmal John Allen, ob wir einfach unsere Zeit an unser Hobby vergeuden oder ob wir etwas tun, was sich lohnt. Das heißt, ob wir bedeutsame Kunst kreieren oder nur belanglose.
Wenn du großartige Dinge tun willst - einen großartigen Roman schreiben, ein großartiges Bild malen oder eine großartige Modelleisenbahn planen und bauen – darf man vernünftigerweise annehmen, dass der Erfolg nicht nur von deinen Fähigkeiten abhängt, sondern auch von der Tiefe deiner Hingabe."
Da drängt sich die Frage auf, ob es belanglose Kunst geben kann. Dennoch halte ich diese Gedanken für beachtenswert und auch wert, darüber nachzudenken.
Tja, warum alt werden, wenn man auch jung bleiben kann? Aber täuschen wir uns nicht. Wenn wir Alten wie Kinder spielen, sind wir nicht jung, sondern kindisch.
Meint
#2 RE: Tony Koester zum Thema Kunst
Zitat von OOK
Wenn wir Alten wie Kinder spielen, sind wir nicht jung, sondern kindisch.
Vorsicht, lieber Otto! Auch (gerade?) das Spiel der Kinder gehorcht vorher festgelegten Regeln, wenn auch wohl kaum der EBO. So gesehen sind wir vielleicht gar nicht so weit davon weg. Warum fürchtest Du Dich so sehr vor dem Begriff 'Spiel'? Und wenn andere unser Tun kindisch finden - sollen sie doch!
Ein anderer von Satz beschäftigt mich:
Zitat von OOK
Manchmal fragen wir uns vielleicht, wie einmal John Allen, ob wir einfach unsere Zeit an unser Hobby vergeuden oder ob wir etwas tun, was sich lohnt.
Oha - Zeit vergeuden! Klar, wir könnten ja auch unsere zeitlichen Ressourcen nutzen um die Welt zu retten...jetz bloß nicht sarkastisch werden!
Mir wird sich z.B. nie die Welt der Philatelie erschließen; mich damit auseinander zu setzen wäre Zeitvergeudung - wohlgemerkt: für mich! Ich hüte mich dies auch dem Briefmarkenfreund zuzuschreiben, nämlich dass er seine Zeit verschwendet.
Natürlich kenne ich innerhalb des Hobbys schon mal das Gefühl in eine modellbahnerische Sackgasse gelangt zu sein (zuletzt mein Waldbahnengagement); bisweilen ärgere ich mich dann auch schon mal finanzielle Ressourcen strapaziert zu haben, aber als Zeitverschwendung sehe ich das nicht. Vielleicht deshalb, weil ich die Beschäftigung nicht als derart zeilgerichtet verstehe, dass ich in meinem Leben irgendeine ultimative Stufe der Modellbahnerei, sozusagen ihre höchste Weihe erlangen müsste.
Noch mal zum Spiel: im Halbdunkel sich langsam alzheimernder Hirnzellen habe ich was abgespeichert, wonach dem homo sapiens in der Evolution der homo ludens, der spielende Mensch folge (oder folgen sollte). Fragt nicht, wer so was Geistreiches in welchem Zusammenhang von sich gegeben haben mag...
Liebe Grüße
Michael
Liebe Grüße aus Ostwestfalen!
Michael
http://kleinbahn-spur0.jimdo.com/
http://kleinbahnfreund.jimdo.com/
Michael, dein post ist wichtig, aber als Admin und Moderator habe ich damit ein Problem: Wenn der Thread "Tony Koester zum Thema Kunst" heißt, ist es OT. Ich würde daher deinen Beitrag, deine Erlaubnis vorausgesetzt, in den Bereich @ Kap.2: Der Modellbahner kopieren und dort auf deine Ausführungen eingehen. OK?
In Antwort auf:
Wenn du großartige Dinge tun willst - einen großartigen Roman schreiben, ein großartiges Bild malen oder eine großartige Modelleisenbahn planen und bauen – darf man vernünftigerweise annehmen, dass der Erfolg nicht nur von deinen Fähigkeiten abhängt, sondern auch von der Tiefe deiner Hingabe.
Dieser Satz von Tony Koester spricht mich sehr an. Vor allem das mit der Hingabe (commitment).
Vermutlich ist es das Gegenteil von dem, was OOK in seinem Text "Kann eine Anlage Kunst sein?" mit Dilettieren meint.
Es gibt Psychologen, die meinen, der ältere Mensch soll lernen, dilettantisch zu sein, weil er in seinem ganzen Arbeitsleben alles zu wichtig genommen hat. Ich halte da gar nichts von. Menschen, die bis ins hohe Alter total fit sind, geistig und körperlich, sind oft solche, die noch eine Sache wichtig nehmen und sich ihr hingeben: Ehrenamt, politische Funktion, Buch schreiben oder halt eine Anlage bauen.
Ich finde, dass die Arbeit an der Konzeption einer Anlage, noch lange vor dem ersten Sägeschnitt, sehr vielseitige Betätigungsfelder bietet. Egal, ob man eine ganz konkrete Bahn/Strecke nachbauen will oder eine erfundene, man muss sich solide Kenntnisse (kein Halbwissen) vom Vorbild verschaffen, sich mit wirtschaftlichen Zusammenhängen beschäftigen und auch die Natur sehr genau und "mit Hingabe" studieren, die man nachgestalten will.
Meint der
Zitat von eisenhans
Wenn du großartige Dinge tun willst - einen großartigen Roman schreiben, ein großartiges Bild malen oder eine großartige Modelleisenbahn planen und bauen – ............., weil er in seinem ganzen Arbeitsleben alles zu wichtig genommen hat. Ich halte da gar nichts von. Menschen, die bis ins hohe Alter total fit sind, geistig und körperlich, sind oft solche, die noch eine Sache wichtig nehmen und sich ihr hingeben: Ehrenamt, politische Funktion, Buch schreiben oder halt eine Anlage bauen........Egal, ob man eine ganz konkrete Bahn/Strecke nachbauen will oder eine erfundene, man muss sich solide Kenntnisse (kein Halbwissen) vom Vorbild verschaffen, sich mit wirtschaftlichen Zusammenhängen beschäftigen und auch die Natur sehr genau und "mit Hingabe" studieren, die man nachgestalten will.
Du sprichst einem älteren Menschen (ich glaube ich darf mich so nennen, an der Schwelle zum Ruhestand) aus der Seele. Genau dies ist meine Motivation, mich jetzt so intensiv mit dem MAD zu beschäftigen. Mein Bestreben ist, sowenig wie möglich dilettantisch meine Anlage zu bauen und dann auch zu betreiben.
meint Otto (ow)
Aufbau der Gebirgsbahn https://www.youtube.com/watch?v=-aCUMpnSguw
Rangieren auf der Gebirgsbahn https://www.youtube.com/watch?v=sxZ2RnF8Y-Y
Die Basis-Schublade der Gebirgsbahn https://www.youtube.com/watch?v=WHI4u3BtUX4
Digital oder Analog auf der Gebirgsbahn https://www.youtube.com/watch?v=PrACJYEXupA
Mehr Platz durch eine Wendung https://www.youtube.com/watch?v=zpx9q1KcoLs
Wendel mit Trapez und Leitplanke https://www.youtube.com/watch?v=MTh8Y3XgHug
Zitat von ow
Mein Bestreben ist, sowenig wie möglich dilettantisch meine Anlage zu bauen und dann auch zu betreiben.
Beide Ottos sind der gleichen Meinung.
Gruß
Hallo,
gerade habe ich dieses Thema hier entdeckt - und es spricht mir aus der Seele. Ich denke, besonderes Engagement, egal, auf welchem Gebiet, hält immer fit, ob das die Modelleisenbahn ist oder anderer Einsatz und da bin ich sowieso voll dabei. Auch ich bin an der Schwelle zum Ruhestand und sehr dabei, mich mit Begeisterung möglichst fit zu halten.
Und, reiner Zufall, gerade heute habe ich zusammen mit purzeling auch einen Fotoausflug in die Natur gemacht. Ich möchte viel mehr die wirkliche Landschaft in mich aufnehmen können. Fotos, die man hinterher ansehen kann, verdoppeln das für mich gerade Erlebte noch.
Modelleisenbahn gehört für mich neben allem technischen Einsatz unbedingt zur Kunst. Schließlich ist wahrscheinlich viel Phantasie nötig, um erst einmal zu planen und das dann möglichst verwirklichen zu können.
Viele Grüße
Ingrid
Ich habe darüber nachgedacht, ob ich dieses Thema löschen soll, denn die Fragestellung "Kann eine Anlage Kunst sein?" ist ja im Blauen Buch weiträumig beantwortet. Ich fand dann aber doch einige sehr bemerkenswerte Äußerungen und habe deshalb beschlossen, das Kapitel nicht nur bestehen zu lassen sondern auch offen für neue Themen und Postings.
#9 RE: Tony Koester zum Thema Kunst
So ein fauler Samstagmorgen ist gut geeinget, mal in den alten Strängen rumzuscrollen, die manchmal interesanter scheinen als die neuen, die kaum mehr etwas Philosophisches enthalten. Dieses Tony Koester-Zitat aus dem 1. Post dieses Stranges habe ich schin mehrmals gelesen, aber heute macht es mich so richtig an:
Zitat von OOK im Beitrag #1Hingabe (im amerikanischen Original comitment )ist ein Wort, das man im Hobbybereich nicht oft hört.
Wenn du großartige Dinge tun willst - einen großartigen Roman schreiben, ein großartiges Bild malen oder eine großartige Modelleisenbahn planen und bauen – darf man vernünftigerweise annehmen, dass der Erfolg nicht nur von deinen Fähigkeiten abhängt, sondern auch von der Tiefe deiner Hingabe."
Ich habe mal bei Wiktionary nachgeschaut, die definieren Hingabe so: starke Leidenschaft für etwas; starke innere Berührung durch etwas, ausgeprägte Bereitschaft, sich für etwas bis zur Selbstaufopferung einzusetzen
Interessant ist noch das dort benannte Gegenwort: Gleichgültigkeit. Und vielleicht noch interessanter die Oberbegriffe: Begeisterung und Einsatz.
Nun glaube ich nicht, dass wir Modellbahner uns für unser Hobby "bis zur Selbstaufopferung" einsetzen wollen, aber eine starke Leidenschaft kann es schon sein. Die führt aber nach meinen Beobachtungen nicht unbedingt zu etwas Großartigem. Ich kenne einige Modellbahnkollegen, die reden von nichts anderem, geben jeden Cent, den sie erübrigen können für Modellbahn aus und haben, wenn überhaupt, eine Anlage, die in etwas so aussieht wie die im Münsteraner Hauptbahnhof, die OOK vor einer Weile vorgestellt hat.
Natürlich kann man sich auch für etwas Schlechtes hingeben, oder für etwas Geschmackloses. Aber für mich ist Hingabe ein sehr positiv besetzter Begriff. Und ich glaube auch, dass wirkliche Hingabe in der Regel zu einem guten Ergebnis führt.
Was das Strangthema angeht, könnte man vielleicht so sagen: Hingabe bewirkt noch nicht automatisch Kunst. Aber ohne Hingabe ist Kunst unmöglich. Anders ausgedrückt: Hingabe ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für das Entstehen von Kunst.
Wie ich gerade sehe, habe ich schon vor sechs Jahren (Kinder wie die Zeit vergeht!) hier etwas zum Thema comitment = Hingabe gesagt und will das nicht wiederholen.
Aber zu diesem Satz fällt mir was ein:
Zitat von OOK im Beitrag #10Genau. Im Moment ist es in, beim Anlagenbau mit großer Hingabe Gärten anzulegen und blühende Blumen eindrucksvoller Größe zu pflanzen (taillenhohe Tulpen etc.). Uns ziemlich oft entsteht dabei - m.E. jedenfalls - Kitsch, findet
Hingabe bewirkt noch nicht automatisch Kunst.
Zitat von eisenhans im Beitrag #11
Im Moment ist es in, beim Anlagenbau mit großer Hingabe Gärten anzulegen und blühende Blumen eindrucksvoller Größe zu pflanzen (taillenhohe Tulpen etc.). Uns ziemlich oft entsteht dabei - m.E. jedenfalls - Kitsch
Dieser 2014 von Eisenhans konstatierte "Moment" dauert immer noch an. Keine MIBA ohne eine Anlage mit Gemüsegärten und Blühendem. Kürzlich ab es einen Anlagenbericht, da war kein Wort zum Betrieb zu lesen, kein Gleisplan abgedruckt, aber Gärten!
Eisenhans sprach von Kitsch, in der Kunst ein böses Wort, ein Antiwort sozusagen.
Schließen sich Gärten und Kunst auf der Anlage also aus? Ich würde vielmehr sagen, dass es eine hohe Kunst wäre, Gärten in eine Anlage so zu integrieren, dass sie logisch wirken und man den Eindruck hätte, ohne sie würde etwas Wichtiges fehlen.
Das gab es übrigens schon mal:
Auf der Titelseite von Mittelpuffer 46 war diese Szene von der berühmten Gipsbahn Stadtoldendorf (0e) zu sehen. Da waren die Gärten an den Häusern überzeugend angelegt und wirkten wie unbedingt dazu gehörend. Allerdings ist der Erbauer (Helmut Walter) auch nicht dem Drang zu kitschträchtigen Blütenmeeren verfallen, sondern hat Nutzgärten angelegt,so wie sie die Bewohner von Stadtoldendorf hatten. Jedendalls haben mich Helmut Walters Gärten nie gestört, weder beim Anschauen der Anlage noch beim Abdrucken im Mittelpuffer.
#13 RE: Tony Koester zum Thema Kunst
Selbstverständlich. Denn Kunst kommt von Können. *duck und wech*
#15 RE: Tony Koester zum Thema Kunst
Hi,
es gibt einen Taurus (der ÖBB oder DB) mit großflächigen Motiven von Dampfloklaufrädern u.a. Damplok-Motiven, gesponsort von Roco. In meinen Augen ist das ziemlicher Kitsch, gerade auch im Sinne der Wikipedia-Definition. Sicher gibt es davon ein Modell in 1:87 - ist das weniger kitschig? Der Druck ist sicher super und gekonnt, und dennoch - kaum.
Wo können wir denn mal über die Gärten reden? Hier sind sie ein Schlenker, aber eigentlich OT.
Gruß,
Reiner
#16 RE: Tony Koester zum Thema Kunst
Auf der Fahrt nach Bremen und zurück mit der DB hatte ich heute insgesamt zwei Stunden Zeit, um in Kopien von alten MR-Artikeln, Editorials und Kolumen zu blättern. Da fiel mir ein Leserbrief von einem Thomas Hawley aus Lansing, Mich., ins Auge. Den konkreten Artikel, auf den er sich bezieht, habe ich da leider nicht drangeklebt, aber es muss in der Zeit gewesen sein, als in den Staaten der "Kampf" um die Frage tobte, ob prototype modeling oder free lance modeling das Bessere oder Richtigere wäre. Tony war ja zu Zeiten seiner Alleghany Midland ein absoluter Verfechter der free lance Idee, dann brach er diese ab und machte einen Schwenk, und auf einmal war nur noch prototype modeling das Gebot der Stunde.
Diese Diskussion müssen wir hier nicht nachholen, aber Hawley schrieb etwas, was unter das Thema dieses UFOs passt:
Any art form requires the artist to inject a portion of his own soul into the piece he is creating.
Prototype replication can never achieve this. ...
Only free-lancing allows the builder to "create" rather than just "copy".
Ich gebe das hier zunächst mal unkommentiert zur Kenntnis.
Aber ... aber ... aber ... ...
Als (Auch-)Musiker fällt mir sofort die Frage ein, wer der "künstlerischere Künstler" ist: Der Komponist oder der Interpret (oder der Arrangeur)? Und eigentlich sind sich alle einig, dass das alles Künstler sind - der Interpret "kopiert" ja beileibe nicht nur die Noten, die der Komponist geschrieben hat!
Auf die Modellbahn gewendet: Ein protoype modeller bringt doch auch ganz viel "von sich" ein, von der eigentlichen Auswahl über Methoden der compression über die Meta-Ebenen, was für Art von Betrieb und Vorschriften und Signalwesen und zeitepochetypischen Vorgängen sich da auf der Modellbahn abspielt, bis hin zu der "Auseinandersetzung" selbst: Wie weit geht man in die "Prototype-Forschung" (und vergisst dabei auf die Modellbahn), wie weit geht man die physikalische Nachbildung (von niedrigen Spurkränzen angefangen über einen eigens nachgegossenen "landmark" Baum vor dem Ankunftsgebäude - gesehen vor langen Jahren bei einem Nachbau des Bahnhofs Deutsch Wagram in einem Diorama) usw.usf. - das ist doch viel mehr als "copy"?!
Oder sag ich jetzt eh nur Selbstverständliches?
H.M.
Zitat von hmmueller im Beitrag #17Das sagt ja schon der Name "Interpret". Und jeder, der mal ein Musikstück von unterschiedlichen Ensembles oder Orchestern gespielt gehört hat, weiß, das diese interpretieren, sonst müsse es sich immer genau gleich anhören.
... der Interpret "kopiert" ja beileibe nicht nur die Noten, die der Komponist geschrieben hat!
Wenn aber zwei hochbegabte Hardcore-Lokomotivbauer eine bestimmte Lokomotive in 1:43,5 (Maßstab mit Bedacht gewählt) nachbauen, dann gehen wir davon aus, dass die Ergebnisse identisch sind. Interpretieren tun die Großserienhersteller, die schon mal ein Führerhaus 3mm zu lang machen, wie neulich in einem Test zu lesen, weil es aus irgendeinem Grund praktischer ist.
Aber wir sind ja hier unter Anlagenplanern. Sollte jemand den Wagemut (und die Mittel) haben, die Harzquerbahn als Anlage nachzubauen, wenn er also prototype modeling beabsichtigt, dann dürfen wir dennoch davon ausgehen, dass die Anlage eine subjektive Auswahl und Interpretation darstellen wird. Aud eben diesem Grunde habe ich mich dagegen entschieden, meine Lieblingsbahn (Südharzbahn) nachzubauen und stattdessen die Braunlage-Andreasberger Eisenbahn erlogen, die sich wesentlich besser "nachbauen" lässt..
In der Tat, ich habe einmal im Internet eine Aufführung von Arthur Honeggers "Pacific 231" mit Dampfmangel und Flachstellen gefunden. Dass ein Dirigent und oder Orchestermusiker keine Künstler seien, nur weil sie das Stück nicht selbst komponiert haben, wird wohl keiner behaupten wollen, nur manches gelingt besser und anderes schlechter.
Es ist übrigens die Pointe von "The Lady of Shalott" von Alfred Tennyson:
She look'd down to Camelot.
Out flew the web and floated wide;
The mirror crack'd from side to side;
'The curse is come upon me,' cried
The Lady of Shalott.
wenn die Wirklichkeit nicht in der Persönlichkeit des Künstlers (in diesem Fall der Künstlerin) sozusagen gespiegelt ist, dann wird es nichts, jedenfalls kein Kunstwerk. Aber ein noch so realistisches Gemälde oder gar eine Fotografie können Kunst sein und die früher von der Rechtsprechung geforderte "Schöpfungshöhe" haben, wenn das Werk hinreichende Individualität zeigt.
Allerdings würde ich für meine Basteleien nicht den Anspruch erheben, dass sie Kunst seien, und ich betrachte Anlagen, die eine bestimmte Vorbildsituation nachbilden, mit mehr Vergnügen als andere, weil nichts so erfinderisch ist wie die Wirklichkeit und gefundene Situationen meist einen höheren Wahrheitsgehalt als erfundene aufweisen. Nun spielt der Wahrheitsgehalt wohl in mancher Kunsttheorie auch eine Rolle, aber um des Kunstgenusses willen gehe ich nicht auf eine Modellbahnausstellung.
Herbert
Ich hatte ja schon mal erwähnt, das Jacques Le Plat die Modellbahn zur zehnten Kunst erklärt hat: http://www.ferbach.be/frames_fr/fr10eartmain1.htm
Herbert
Das kannte ich zum Glück nicht, als ich mein diesbezügliches Essay im Blauen Buch schrieb. Sonst hätte ich mir die Mühe gespart und einfach nur Le Plat zitiert. Andererseits ist sein Statement aber so gut und so wichtig, dass ich hier schnell eine von mir gebrezelte Übersetzung* liefere, damit auch die Foristen, die des Französischen nicht mächtig sind, dies lesen können:
Manifest der zehnten Kunst
Die Eisenbahn transportiert Menschen und Sachen. Aber abgesehen von diesem Nützlichkeitsaspekt kann sie auch Emotionen transportieren. Seit mehr als einem Jahrhundert haben Künstler aller Disziplinen sie als Sujet oder Rahmen ihrer Werke gewählt. Die Eisenbahn ist eine unter viele Aspekten betrachtenswerte menschliche Unternehmung: technisch, wirtschaftlich, politisch und sozial. Künstler nähren ihr Fieber aus den Strebungen ihrer Zeitgenossen. Deshalb konnte es nicht ausbleiben, dass sie sich auch von der Welt der Eisenbahn inspirieren lassen. Das hat uns eine Menge Meisterwerke zu diesem Thema in der Malerei, der Musik, der Literatur, der Poesie des Theaters und des Films eingebracht.
Heutzutage kurbelt auch die Modelleisenbahn die Emotionen an. Neben den Ovalen der Kinder und den rein technischen Konstrukten gibt es immer mehr Anlagen, die mit Fingerspitzengefühl die Atmosphäre eines Ortes oder einer Epoche wieder aufleben lassen. Durch die dreidimensionalen Bilder versuchen die Autoren ihre persönliche Interpretation der Realität wiederzugeben, die sie geformt hat. Und indem sie die Emotion des Betrachters anregen, wird es in der Tat ein Werk der Kunst. Eine Kunst die nicht wirklich Malerei ist, auch nicht Bildhauerei, auch nicht Theater (obschon die Züge wie Schauspieler in Szene gesetzt werden und ein gekonntes Zusammenspiel ausführen können). Eine Kunst indessen, die zumindest teilweise aus diesen drei Disziplinen hervorgeht und es verdient, anerkannt zu werden, weil zahlreiche Produkte es wert sind.
Ich habe vorgeschlagen, diese Kunst als die zehnte zu bezeichnen, da die vorhergehenden Ränge schon besetzt sind. Andere europäische Eisenbahnmodellbauer greifen mittlerweile diese Bezeichnung auf, wodurch die Modelleisenbahn in die allgemeine Eisenbahnkunst eingereiht wird. Auf diese Weise besitzt die Modelleisenbahn eine eigene Qualität: Während die richtige Eisenbahn immer in erster Linie ein Transportmittel bleibt, auch in der künstlerischen Ausformung, kann die Modelleisenbahn ihre Substanz nur aus den Träumen und der Leidenschaft ziehen, den künstlerischen Werkstoffen par excellence. Dies sollte dazu führen, dass sie als vollwertiger kultureller Faktor anerkannt und gefeiert wird.
Jacques Le Plat, März 2000.
*Möglicherweise hätte ich dazu nicht so große Lust gehabt, wenn ich nicht gerade am Wochenende in Walferdange mehrfach Gelegenheit gehabt hätte, in Le Plat's Sprache zu reden.
Vor einiger Zeit war ich (wieder mal) bei Hans-Jörg Windberg eingeladen, dem Erbauer der Lübeck-Büchener Eisenbahn in H0.
Wieder zuhause wollte ich einige Dinge, die ich neu entdeckt hatte, nachschauen und nahm (wieder einmal) seine Broschüre "Von der Stadt ans Meer" (EJ Super-Anlagen 1/2004) zur Hand. Eigentlich suchte ich ganz etwas anders, aber beim Querlesen stieß ich auf diese Formulierung (S.7):
Zitat
Ich sehe im Bau einer Modellbahnanlage, auch wenn es sich um die Nachbildung einer Vorbildstrecke handelt, eher ein "Gesamtkunstwerk", das - vergleichbar mit einem Gemälde - mehr mit Inspiration und Interpretation zu tun hat als mit einem exakten "Abkupfern". ...
Seine wunderschöne Anlage (mit zwei Zungen) belegt genau dies.
#23 Jacques le Plat zum Thema Kunst
Das Manifest der zehnten Kunst von Jacques le Plat hat mich sehr beeindruckt. Er hat es eigentlich noch schöner gesagt als OOK in seinem Blauen Buch, dass die Modellbahnerei eine Kunstgattung ist. Aber zur Ehrenrettung von OOK muss man wiederum sagen, dass er speziell darauf hingewiesen hat, dass sie nur dann Kunst sein kann, wenn man nicht dilettiert.
Dem Le Plat Text merkt man es an, dass er aus dem Französischen übersetzt ist. Klingt irgendwie weich und schwingend. Andererseits sollte man émotions wohl besser mit Gefühle übersetzen, findet
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