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Die Bahn brachte die Besiedlung
#1 Die Bahn brachte die Besiedlung
Hi Alle,
zur Frage in der Kapitelüberschrift ("Was ist drüben' anders?") habe ich eine eigene Antwort:
In Nordamerika brachte die Bahn Besiedlung, in Mitteleuropa verband die Eisenbahn vorhandene Siedlungsräume. Das könnte uns hier eigentlich egal sein, hat aber erhebliche Konsequenzen für die Anlagengestaltung! Dazu später mehr.
Für diesen Strang gibt es aber einen besonderen Anlass: die Erscheinung des Heftes Colorado Railroads, Waukesha: Kalmbach 2016, sicher noch in der Bahnhofsbuchhandlung erhältlich. Drei Kapitel beschäftigen sich mit der einschlägigen Historie, insbesondere Mark W. Hemphill: Grandest Railroad State, S. 6ff. Ohne es so auszusprechen, untermauert er die o.g. These. Ich widerspreche nur seiner Kernaussage, die er durch die ganze Darstellung zieht: "There was gold and silver, and thus railroads." (Es gab Gold und Silber und daher Eisenbahnen.) Es gab und gibt andere Erze, Kohle, Erdöl und Landwirtschaft (Kühe) – all dies schon durch den Wagenpark der D&RGW ausgewiesen. Und es gab das unbändige Interesse diverser Bahnen, eine "Mainline through the Rockies" zu erschaffen; keine gänzlich abwegige Idee, liegen doch deren südliche und nördliche Umfahrungen sehr weit abseits – die Rocky Mountains sind schließlich nicht der Kaiserstuhl! Mike Danneman weist ab Seite 30 darauf hin, dass die bekannte Moffat Route (auch) der gelungene Versuch war, die zuvor eher Stück für Stück entstandene Transcontinental Route der D&RGW dramatisch abzukürzen.
Natürlich brauchte es Scouts, erste Spekulanten auf Erze und schließlich Bahnarbeiter, bevor die Bahn kommen konnte, aber deren Siedlungen waren doch sehr rudimentär und nahmen erst mit der Bahn ihren Aufschwung. Konsequenz: eine Ausrichtung der Gebäude und Straßen auf die Bahn hin; S. 14 zeigt einen Zug der Burlington auf einer Straße in Fort Collins, Colo. Und dabei geht's um einen formidablen Freight Train mit entsprechender Lok. Der Bahnhof war durchaus ein oder der Mittelpunkt der kleinen Städte.
Und das ist in Mitteleuropa völlig anders: die Städte waren schon da, und der Bahnhof wurde außerhalb angelegt. (Die Straßenstruktur der Altstädte von Köln oder Regensburg ist zweitausend Jahre alt.) Wollte man sie erschließen, baute man eine Straßenbahn. Folgerichtig gehören Altstadtbauten von vor der Gründerzeit (Fachwerkrathäuser!) in den Hintergrund, hinter die Reste der Stadtmauer.
Das alles als sehr allgemeine Regel (Edith: "Tendenz" reicht) – dass es dazu vielfältigste Besonderheiten gibt, ist mir klar. Später einmal mehr – ich wollte schnell auf das m.E. sehr aufschlussreiche Heft verweisen.
Schönen Abend,
Gilpin
#2 RE: Die Bahn brachte die Besiedlung
Wobei es im Einzelfall auch bei uns schon mal den Bahnhof vor dem Ort gab, mir fällt da spontan Mühlacker ein. Aber das sind wirklich Ausnahmen.
Ein nicht unerheblicher Teil des hiesigen Bausatzangebots ist tatsächlich nur für den Klein- und Straßenbahnfreund brauchbar, denn die große Bahn hielt gebührenden Abstand von Weltkulturerben (wieder eine Ausnahme: die Hohe Domkirche St. Petrus zu Köln am Rhein). Namentlich in Deutschland, wo wie in einigen anderen Ländern ein nicht unerheblicher Teil der Bahnanlagen erst um 1900 seine heutige Grundform annahm, wird man Mühe haben, ein Fachwerkrathaus am Bahnhof zu rechtfertigen. Unmittelbar mit den staatlichen Investitionen hängt zusammen, daß es in Mitteleuropa kaum kompakte innerstädtische Bahnanlagen gibt oder gab, in Deutschland waren die meisten in Berlin, in Paris fällt der Bastille-Bahnhof in die Kategorie. Demgegenüber gibt es "drüben", in diesem Falle jenseits des Kanals, in London ein paar Winzlinge, z.B. Fenchurch Street mit vier Gleisen, wo einstens zur Hauptverkehrszeit alle paar Minuten ein Dampfzug ankam, der schnellstens für den nächsten Platz machen mußte. Aber ich schweife ab.
Herbert
Ich denke, Gilpins Beobachtungen gelten hauptsächlich für die USA jenseits der Appalachen. In Neuengland war es doch eher so wie in Europa. Als die ersten Bahnen kamen, war alles schon dicht besiedelt und bebaut, die Struktur der Städte stand fest.
Andererseits: vom Bf. Wernigerode-Westerntor der Harzquerbahn sind es drei Minuten zu Fuß zum berühmten Fachwerkrathaus. In Alsfeld sind es 400 m, in Schopfheim 200 m, in Calw 100m usw.
Beim üblichen modellbahnerischen Schrumpfungsfaktor kann die Entfernung schon mal auf zwei Dezimeter zusammenschnurren.
Wofür ich kein Beispiel finde ist, dass Rathaus und Bf nebeneinander oder vis-à-vis sind. Was nicht ausschließt, dass es das auch gibt.
Hi,
völlig einverstanden, Otto: New York* hatte 1830 202.500 Einwohner, die 1833 eröffnete New York and Harlem Railroad war eine Straßenbahn, die mithin in eine längst bestehende Stadt hinein gebaut wurde. Vielleicht liegt die Grenze, hinter der die Bahn erst die Besiedlung brachte, sogar noch weiter westlich als die Appalachen. Ich wollte auch eher eine Tendenz aufzeigen.
Das Thema "Rathaus Wernigerode" diskutieren wir an anderer Stelle, schlag' ich vor.
Mit freundlichem Gruß,
Gilpin
*Quelle: diverse leicht zu findende Wikipedia-Texte
Die Euskirchener Kreisbahn hielt vor dem Rathaus von Lechenich (neugotisch, Baujahr 1862), nachdem sie durch das Bonner Tor in die Stadt hineingefahren war. Hinaus ging es durch das Herriger Tor.
Unter den Eisenbahnerdörfern fallen mir Bebra ein und Troisdorf ("Eisenbahnerghetto Troistlos", das i ist ein Dehnungs-i), die vor dem Bahnbau kleine Bauernkäffer waren, es gibt aber viele Beispiele dieser Art. An bedeutenden Baudenkmälern früherer Zeit fuhren (und wenn es gut ging, fahren) allerdings hauptsächlich Straßenbahnen vorbei.
Herbert
Hi @HFy,
schön, dass Du das Thema wieder aufgreifst. Ich möchte es ergänzen um solche Städte, die eigens für die Eisenbahn i.w.S. entstanden; In Bayern käme mir da Treuchtlingen in den Sinn! Die entsprechenden Städte in den USA waren noch einmal drastisch größer.
So long,
Reiner
Da Köln ja schon genannt wurde wäre hier der Stadtteil Gremberhoven zu nennen. Dessen Ursprung auf den Rangierbahnhof Gremberg zurück zu führen ist.
Ähnliches gilt für den Wittlicher Stadtteil Wengerohr, der durch die Bahnlinie Koblenz-Trier einen Aufschwung erfahren hat.
Also gar nicht so selten.
Gruß Kai-Nils
#8 RE: Die Bahn brachte die Besiedlung
In Mannheim ist es der Stadtteil Pfingstberg, der etwa gleichzeitig mit dem Rangierbahnhof (und in dessen Nähe) als Eisenbahnersiedlung erbaut wurde; auf dem Marktplatz steht als Denkmal ein zweiflügliges Signal.
Heutzutage wohnen dort nicht nur Eisenbahner.
Mi Hp1-Gruß - Helmut
Moinsen,
hier im Norden von Niedersachsen ist an dieser Stelle Buchholz i.d. Nordheide zu nennen: Zunächst ein völlig belang- und bedeutngsloses, verschlafenes Bauerndorf (1871: immerhin 350 Einwohner*) auf der Geest und zack: Auf einmal Eisenbahnknotenpunkt; naja von 1874 bis 1902 hat es schon gedauert. Hier der Link
*Quelle: BUN-0129 vgl. pdf-Dokument "Buchholz von 1250 bis 1869", letzter Eintrag
#10 RE: Die Bahn brachte die Besiedlung
#11 RE: Die Bahn brachte die Besiedlung
Hallo @Helmut Reichelt,
dieser thread ruht immer mal "still wie der See" - Danke, dass Du wieder einen Stein da hineingeworfen hast! Hoffen wir, dass weitere betreffende Stadtgeschichten hinzukommen...
Stressfreie verbleibende Adventswochen wünsche ich,
Reiner
#12 RE: Die Bahn brachte die Besiedlung
Hallo zusammen,
Eisenbahnerorte gibt es viele (ich will nur Altenbeken nennen), aber diese Orte glänzten nicht vor Reichtum und daher sind sie architektonisch meistens nicht gut ausgestattet. Anders gibt es architektonische Prachtstädte, die mehrere Bahnhöfe haben, die auch der guten Architektur nahe kommen (z.B. Potsdam Parc Sanssouci, Bonn Hbf). Der Aspekt mit der Straßenbahn sollte vielleicht öfter aufgegriffen werden, denn das charakterisiert die Stadt zu einer gewissen Größe.
Gruß
Thomas
Hi Thomas,
Du bringst mich auf ein Beispiel, das ich in ganz anderem Zusammenhang erwähnt habe: Kitzbühel. Dort gibt es die Station Schwarzsee, die zunächst einerseits das Schwimmbad dieses Namens erschlossen haben mag, andererseits drei Häuserblöcke für Eisenbahner erschloss. Was von alldem in welcher Reihenfolge kam, habe ich auf die Schnelle, vulgo per Wikipedia et al., nicht herausgefunden. Jedenfalls ist der Stadtkern älter als die Salzburg-Tiroler Bahnlinie, die ihn konsequenterweise umrundete und in seiner Schönheit bestehen ließ.
Ich wünsche Dir und Allen eine Schöne dritte Adventswoche,
Reiner
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