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Die Bodetalbahn, Teil 2: Historische Entwicklung
20.06.2008 00:15 (zuletzt bearbeitet: 20.06.2008 00:21)
#1 Die Bodetalbahn, Teil 2: Historische Entwicklung
Hier möchte ich die erdachte Geschichte der Bodetalbahn ausbreiten. Geschildert wird das alles aus der Perspektive des Jahres 1966, in dem die Anlage spielt.
1. Allgemeines
Strecken:
a) Thale-Bodetal – Treseburg – Altenbrak
(Eröffnung 1890)
b) Treseburg – Günthersberge
(Eröffnung 1905)
c) Günthersberge – Stolberg
(Eröffnung 1908, Stillegung 1946)
d) Altenbrak – Wendefurth (Anschlußbahn)
(Eröffnung 1957, Stillegung 1965)
Spurweite 1.000 mm
Höchstgeschwindigkeit 40 km/h
Die Bahnhöfe Thale-Bodetal und Treseburg sind mit Fahrdienstleitern besetzt.
Der Bahnhof Treseburg ist Zugleitbahnhof für die Strecken Thale-Bodetal (ausschließlich) – Altenbrak und Treseburg – Stolberg.
Alle anderen Betriebsstellen sind unbesetzt.
2. Verkehrsverhältnisse vor dem Bahnbau
Das Bodetal ist das Tal der Warmen und Kalten Bode im Harz. Im engeren Sinne wird unter Bodetal nur der 10 km lange, schluchtartige Talabschnitt der Bode zwischen Treseburg und Thale bezeichnet. Die oberhalb gelegenen Ortschaften um Treseburg und Altenbrak waren verkehrsmäßig äußerst schlecht erschlossen, insbesondere das Oberzentrum Thale war und ist nur über sehr steigungsreiche Höhenwege erreichbar. Die schlechten Verkehrsverhältnisse beschleunigten den wirtschaftlichen Niedergang der Region, insbesondere des Bergbaus und der Eisenhütten (1867 Schließung der letzten Hütte in Altenbrak). Dieses ging mit einer fortschreitenden Verarmung der Bevölkerung einher.
3. Bau und Eröffnung der Stammstrecke
Um diese Entwicklung aufzuhalten, wurden bereits Anfang der 1880er Jahre verschiedene Bahnbauprojekte diskutiert. Die Bemühungen mündeten in die Gründung der Bodetal-Eisenbahn-Gesellschaft (BTE), die nach zweijähriger Bauzeit 1890 die Strecke Thale – Treseburg – Altenbrak in Betrieb nahm.
Aufgrund der äußerst schwierigen topographischen Verhältnisse kam nur eine Schmalspurbahn in Frage; man profitierte vor allem von den Erfahrungen beim Bau der drei Jahre zuvor eröffneten GHE. Dem erwarteten Verkehrsaufkommen entsprechend war beim Bau der Bahnanlagen und der Beschaffung der Betriebsmittel die Sparsamkeit oberstes Gebot.
4. Ausbau des Streckennetzes
Der Bahnbau muß als voller Erfolg bezeichnet werden. In den folgenden Jahren bis zum ersten Weltkrieg siedelten sich wieder zahlreiche Betriebe an (Eisenhütten, Sägewerke) und der Tourismus entdeckte das Bodetal. Schon ab 1895 mußten die Bahnanlagen erweitert und Fahrzeuge nachbeschafft werden.
Nun strebten auch die südlich des Bodetals auf der Harzhochebene liegenden Gemeinden nach einem Bahnanschluß. Der BTE erschien ferner eine Gleisverbindung zum restlichen, langsam zusammenwachsenden Harzer Meterspurnetz attraktiv. Dies führte zum Bau der Nebenstrecke Treseburg – Allrode – Güntersberge (1905), die drei Jahre später bis Stolberg verlängert wurde und in Güntersberge eine Verbindung zur Selketalbahn und Harzquerbahn herstellte. Mit dem Bau des Verbindungsgleises in Sorge 1913 bildeten nun die fünf meterspurigen Harzbahnen BAE, SHE, NWE, GHE und BTE ein gemeinsames Netz. Für die Bodetalbahn brachte dies einerseits enorme Kurswagenlangläufe (Thale – Nordhausen und Thale – St. Andreasberg) als auch einen weiteren Aufschwung im Güterverkehr.
5. Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Ähnlich den Nachbarbahnen mußte auch die BTE 1914 zahlreiche Fahrzeuge an die Heeresfeldbahn abgeben. Nachdem Krieg und Inflationszeit überstanden waren, nahm das Verkehrsaufkommen ab 1925 wieder erfreulich zu. Dies ermöglichte die überfälligen Investitionen:
- Neubeschaffung von Lokomotiven und Reisezugwagen
- Modernisierung alter Reisezugwagen mit neuen Aufbauten
- Verlängerung von Kreuzungsgleisen
- Verlegung und Neubau von Bahnhof und Werkstätten in Thale-Bodetal (1934)
- Anschaffung von Dieseltriebwagen (1932 und 1936)
6. Zweiter Weltkrieg, Verstaatlichung und Übernahme durch die DR
Nachdem die Harzer Meterspurbahnen den 2. Weltkrieg noch glimpflich überstanden hatte, mußten ab 1946 einige Strecken als Reparationsleistung demontiert werden. Neben der Strecke Gernrode – Stiege der GHE betraf dies auch den Abschnitt Günthersberge – Stolberg der BTE, die so zeitweise zwei ihrer drei Anschlüsse an andere Bahnen verlor. Während die GHE-Strecke jedoch bis 1952 komplett wieder aufgebaut wurde (hier hab ich ein bißchen gemogelt), steht dies für Günthersberge – Stolberg nicht zur Diskussion.
Organisatorisch ergaben sich nach dem Krieg erhebliche Veränderungen: wie alle Privatbahnen im Bereich der späteren DDR wurde auch die BTE in Volkseigentum überführt und wird seit 1950 von der Deutschen Reichsbahn betrieben.
7. Talsperrenbau
In den 50er wurden im Harz verschiedene Talsperren geplant. Eines der größeren Projekte war die Talsperre Wendefurth. Für die enormen Materialtransporte wählte man die Bodetalbahn. Dazu verlängerte man 1957 das Streckengleis der Bodetalbahn ab Altenbrak um 3 km („Anschlußbahn Wendefurth“), verstärkte den Oberbau der Stammstrecke an zahlreichen Stellen und stationierte zwei neue 1´E´1-Neubaulokomotiven in Thale-Bodetal.
Mit Fertigstellung der Staumauer 1965 wurde die Anschlußbahn sofort abgebaut, die Neubauloks sind nach Wernigerode umbeheimatet worden.
8. Zukunftsaussichten
Heute – 1966 – muß die Zukunft der Bahn als fraglich angesehen werden. Die enormen Transporte für den Talsperrenbau sind Geschichte und der allgemeine Personen- und Güterverkehr steht auch in der DDR in Konkurrenz zum Straßentransport. Noch in diesem Jahr soll ein langfristiger Generalverkehrsplan veröffentlicht werden, der die Stillegung vieler Schmalspurbahnen beinhalten wird. Man muß damit rechnen, daß dies auch die Strecke Treseburg – Günthersberge der Bodetalbahn betreffen wird. Ob die Stammstrecke Thale – Altenbrak als Inselbetrieb überleben kann, wird die Zukunft zeigen.
1. Allgemeines
Strecken:
a) Thale-Bodetal – Treseburg – Altenbrak
(Eröffnung 1890)
b) Treseburg – Günthersberge
(Eröffnung 1905)
c) Günthersberge – Stolberg
(Eröffnung 1908, Stillegung 1946)
d) Altenbrak – Wendefurth (Anschlußbahn)
(Eröffnung 1957, Stillegung 1965)
Spurweite 1.000 mm
Höchstgeschwindigkeit 40 km/h
Die Bahnhöfe Thale-Bodetal und Treseburg sind mit Fahrdienstleitern besetzt.
Der Bahnhof Treseburg ist Zugleitbahnhof für die Strecken Thale-Bodetal (ausschließlich) – Altenbrak und Treseburg – Stolberg.
Alle anderen Betriebsstellen sind unbesetzt.
2. Verkehrsverhältnisse vor dem Bahnbau
Das Bodetal ist das Tal der Warmen und Kalten Bode im Harz. Im engeren Sinne wird unter Bodetal nur der 10 km lange, schluchtartige Talabschnitt der Bode zwischen Treseburg und Thale bezeichnet. Die oberhalb gelegenen Ortschaften um Treseburg und Altenbrak waren verkehrsmäßig äußerst schlecht erschlossen, insbesondere das Oberzentrum Thale war und ist nur über sehr steigungsreiche Höhenwege erreichbar. Die schlechten Verkehrsverhältnisse beschleunigten den wirtschaftlichen Niedergang der Region, insbesondere des Bergbaus und der Eisenhütten (1867 Schließung der letzten Hütte in Altenbrak). Dieses ging mit einer fortschreitenden Verarmung der Bevölkerung einher.
3. Bau und Eröffnung der Stammstrecke
Um diese Entwicklung aufzuhalten, wurden bereits Anfang der 1880er Jahre verschiedene Bahnbauprojekte diskutiert. Die Bemühungen mündeten in die Gründung der Bodetal-Eisenbahn-Gesellschaft (BTE), die nach zweijähriger Bauzeit 1890 die Strecke Thale – Treseburg – Altenbrak in Betrieb nahm.
Aufgrund der äußerst schwierigen topographischen Verhältnisse kam nur eine Schmalspurbahn in Frage; man profitierte vor allem von den Erfahrungen beim Bau der drei Jahre zuvor eröffneten GHE. Dem erwarteten Verkehrsaufkommen entsprechend war beim Bau der Bahnanlagen und der Beschaffung der Betriebsmittel die Sparsamkeit oberstes Gebot.
4. Ausbau des Streckennetzes
Der Bahnbau muß als voller Erfolg bezeichnet werden. In den folgenden Jahren bis zum ersten Weltkrieg siedelten sich wieder zahlreiche Betriebe an (Eisenhütten, Sägewerke) und der Tourismus entdeckte das Bodetal. Schon ab 1895 mußten die Bahnanlagen erweitert und Fahrzeuge nachbeschafft werden.
Nun strebten auch die südlich des Bodetals auf der Harzhochebene liegenden Gemeinden nach einem Bahnanschluß. Der BTE erschien ferner eine Gleisverbindung zum restlichen, langsam zusammenwachsenden Harzer Meterspurnetz attraktiv. Dies führte zum Bau der Nebenstrecke Treseburg – Allrode – Güntersberge (1905), die drei Jahre später bis Stolberg verlängert wurde und in Güntersberge eine Verbindung zur Selketalbahn und Harzquerbahn herstellte. Mit dem Bau des Verbindungsgleises in Sorge 1913 bildeten nun die fünf meterspurigen Harzbahnen BAE, SHE, NWE, GHE und BTE ein gemeinsames Netz. Für die Bodetalbahn brachte dies einerseits enorme Kurswagenlangläufe (Thale – Nordhausen und Thale – St. Andreasberg) als auch einen weiteren Aufschwung im Güterverkehr.
5. Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Ähnlich den Nachbarbahnen mußte auch die BTE 1914 zahlreiche Fahrzeuge an die Heeresfeldbahn abgeben. Nachdem Krieg und Inflationszeit überstanden waren, nahm das Verkehrsaufkommen ab 1925 wieder erfreulich zu. Dies ermöglichte die überfälligen Investitionen:
- Neubeschaffung von Lokomotiven und Reisezugwagen
- Modernisierung alter Reisezugwagen mit neuen Aufbauten
- Verlängerung von Kreuzungsgleisen
- Verlegung und Neubau von Bahnhof und Werkstätten in Thale-Bodetal (1934)
- Anschaffung von Dieseltriebwagen (1932 und 1936)
6. Zweiter Weltkrieg, Verstaatlichung und Übernahme durch die DR
Nachdem die Harzer Meterspurbahnen den 2. Weltkrieg noch glimpflich überstanden hatte, mußten ab 1946 einige Strecken als Reparationsleistung demontiert werden. Neben der Strecke Gernrode – Stiege der GHE betraf dies auch den Abschnitt Günthersberge – Stolberg der BTE, die so zeitweise zwei ihrer drei Anschlüsse an andere Bahnen verlor. Während die GHE-Strecke jedoch bis 1952 komplett wieder aufgebaut wurde (hier hab ich ein bißchen gemogelt), steht dies für Günthersberge – Stolberg nicht zur Diskussion.
Organisatorisch ergaben sich nach dem Krieg erhebliche Veränderungen: wie alle Privatbahnen im Bereich der späteren DDR wurde auch die BTE in Volkseigentum überführt und wird seit 1950 von der Deutschen Reichsbahn betrieben.
7. Talsperrenbau
In den 50er wurden im Harz verschiedene Talsperren geplant. Eines der größeren Projekte war die Talsperre Wendefurth. Für die enormen Materialtransporte wählte man die Bodetalbahn. Dazu verlängerte man 1957 das Streckengleis der Bodetalbahn ab Altenbrak um 3 km („Anschlußbahn Wendefurth“), verstärkte den Oberbau der Stammstrecke an zahlreichen Stellen und stationierte zwei neue 1´E´1-Neubaulokomotiven in Thale-Bodetal.
Mit Fertigstellung der Staumauer 1965 wurde die Anschlußbahn sofort abgebaut, die Neubauloks sind nach Wernigerode umbeheimatet worden.
8. Zukunftsaussichten
Heute – 1966 – muß die Zukunft der Bahn als fraglich angesehen werden. Die enormen Transporte für den Talsperrenbau sind Geschichte und der allgemeine Personen- und Güterverkehr steht auch in der DDR in Konkurrenz zum Straßentransport. Noch in diesem Jahr soll ein langfristiger Generalverkehrsplan veröffentlicht werden, der die Stillegung vieler Schmalspurbahnen beinhalten wird. Man muß damit rechnen, daß dies auch die Strecke Treseburg – Günthersberge der Bodetalbahn betreffen wird. Ob die Stammstrecke Thale – Altenbrak als Inselbetrieb überleben kann, wird die Zukunft zeigen.
13.11.2008 11:28
#2 RE: Die Bodetalbahn, Teil 2: Historische Entwicklung
Wenn ich das so lese, frage ich mich: wieso war es nicht wirklich so? Das hat Sebastian total toll entworfen und jetzt habe ich auch wirklich verstanden, was mit prototype freelancing gemeint ist.
Eine spaßige Idee kam mir noch: Wenn das aus der Perspektive von 1966 geschrieben ist, wäre es doch in gewisser Weise "vorbildentsprechend", wenn auch offizielles DDR-Deutsch verwendet würde. Schon das Wort "Perspektive" selber war ein beliebtes in DDR-Amtsdeutsch, auch "Objekt", "Kollektiv" und einiges mehr. Wer kennt sich aus?
Es grüßt der Exil-Harzer
Lutterberger
Zitat von Lutterberger
Wenn das aus der Perspektive von 1966 geschrieben ist, wäre es doch in gewisser Weise "vorbildentsprechend", wenn auch offizielles DDR-Deutsch verwendet würde.Lutterberger
Als jemand, der von den Nachteilen der DDR nie persönlich betroffen war, habe ich zu dieser und ihrer Bürokratie ein entspanntes Verhältnis. Ich besitze sogar ein paar (sehr gute!) DDR-Lehrbücher zur Stellwerkstechnik und finde es immer wieder toll, wenn z. B. die Entwicklung des Weichenselbstlaufes für das GSII-Stellwerk mit den gestiegenen Anforderungen an ein sozialistisches Transportsystem begründet wird...
Nein, wer will kann die Bodetalbahn-Story gerne übersetzen (vielleicht ins DDR-Deutsch der Transpress-Bücher), ich will meine Zeit lieber in den Bau der BTE investieren.
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