Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?

04.11.2014 09:34
#1 Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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Diese Frage geistert mir seit einiger Zeit im Kopf herum; genauer gesagt seit ich die Entwürfe "Oberrittersgrün" und "Rittner Rangierbahnhof" in den "Minimax-Anlagen" gesehen habe. Aber ich sollte genauer erklären, was ich meine:

Bei diesen beiden Entwürfen (und auch bei so mancher anderen Kleinstanlage wie den Micro-Layouts) führt praktisch jede Fahrzeugbewegung entweder vom Schattenbereich in den gestalteten Bereich oder vom gestalteten Bereich in den Schattenbereich. Es sind fast keine sinnvollen Fahrzeugbewegungen innerhalb des gestalteten Bereichs möglich, ohne den Schattenbereich zu berühren.

Bei einer Ausstellungsanlage hätte ich da keine Bedenken: Der Zuschauer sieht nur den gestalteten Bereich, in den Fahrzeuge hinein- und wieder herausfahren. Auch in der Theateranalogie ist alles in Ordnung: Die Schauspieler (die Fahrzeuge und Züge) betreten und verlassen die Bühne und führen den Betrieb vor. Führen tut sie der Modellbahner als Regisseur. Für ihn muss es keine Illusion geben, sondern er will diese Illusion ja nur für die Zuschauer herstellen. Daher macht es auch nichts, wenn er mit seiner Aufmerksamkeit ständig zwischen Bühne und Schattenreich hin- und herwechselt.

Aber bei der Heimanlage ist dies doch anders: Hier ist der Modellbahner doch Regisseur und Zuschauer in einer Person. Daher will er hier ja nicht nur die Illusion des Betriebs für andere erzeugen, sondern er möchte selbst in diese Illusion eintauchen. Und dabei stelle ich es mir als hinderlich für das eintauchen vor, wenn die Illusion ständig durch das Schattenreich unterbrochen wird.

Wie seht Ihr das? Wo könnte eine Grenze sein? Und, falls diese Grenze (was zu erwarten wäre) individuell unterschiedlich ist: Gibt es dann eine einfache Methode, um zu testen, wo sie bei einem persönlich liegt (so wie die Regalmethode zur Bestimmung der Anlagenhöhe)?

Viele Grüße
Rolf


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04.11.2014 11:43 (zuletzt bearbeitet: 28.08.2015 21:52)
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#2 RE: Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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Rolf, du sprichst ein Grundproblem von Klein(st)anlagen an. Diese Form der Anlage, eine gestaltete Betriebsstelle + Fiddle-Yard im OFF stammt von den Britischen Inseln, wo sie fast ausschließlich für den Betrieb auf Ausstellungen gebaut werden. Was dazu geführt hat, dass die Zahl solcher Ausstellungen mittlerweile Legion ist. Mit der im Blauen Buch vorgestellten Pyritbahn-Anlage habe ich (zusammen mit HFy) gründlich in diese Ausstellungsszene hineingerochen. Dabei hatte die Pyritbahn ja zwischen Grubenbahnhof und Fiddle-Yard durchaus nennenswerte Strecke. Dennoch habe ich dieses Gefühl, eine Show für ein ständig wechselndes Publikum abzuziehen (statt zum eigenen Vergügen Betrieb zu machen), intensiv kennen gelernt.

Deine Frage, welches Verhältnis von On und OFF und dem Dazwischen ein Modellbahner "verträgt", ist zwar einerseits interessant, andererseits aber akademisch. Die Frage würde sich ja nur stellen,wenn er die Wahl hätte. Beim Bau der BAE III hätte ich mich natürlich entscheiden können, nur einen geringen Teil der Fläche in Anspruch zu nehmen und auf kürzestem Wege vom ON ins OFF zu fahren. Aber wer, der noch ganz bei Trost ist, würde das tun? Ist es nicht Modellbahnernatur, aus jedem Quadtratzentimeter "den größten Anlagen-Nutzeffekt" herauszukitzeln? (pun intended)
Herberts Minimax-Entwürfe gehen ja immer vom minimalen Platz aus, daher der Name. Sobald der nicht mehr ganz so minimal ist, wird man versuchen, zwischen ON-Betriebsstelle und OFF ein Stück Fahrstrecke zu installieren. Die einzige Frage, die sich dann m.E. stellt ist, ob ich bereit bin, von der Betriebsstellenlänge ein paar Zentimeter mehr oder weniger für die Strecke zu opfern.
Und das kann man selbstverständlich ganz leicht austesten, indem man mit handelsüblichen Stückgleisen eine derartige Mikro-Anlage auf dem Schreibtisch zusammensteckt und solange das Längenverhältnis zwischen den Bereichen ON, Strecke und OFF ändert, bis es einem gefällt.

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04.11.2014 20:59
#3 RE: Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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Ich stimme Dir zunächst mal zu, dass die Frage akademisch klingen mag. Aber in meinen Augen ist sie das nur so lange, wie man die Baugröße als unveränderbar ansieht. In dem Moment, in dem die Baugröße variabel wird, wird (zumindest meiner Meinung nach) die Frage wichtig.
Du hättest die Pyritbahn-Anlage ja auch in HOe bauen können. Dann hättest Du auf die gleiche Fläche (schätze ich jetzt mal) noch einen Kreuzungsbahnhof, vielleicht sogar noch eine Spitzkehre draufbekommen. Das Verhältnis zwischen ON und OFF hätte sich völlig verändert.
Umgekehrt hättest Du die BAE III ja auch in IIm bauen können. Dann hätte viel weniger ON auf die gleiche Fläche gepasst. Hast Du aber nicht gemacht, sondern Du hast für Deine Heimanlage das Verhältnis ON:OFF viel höher gewählt als für Deine Ausstellungsanlage.

Herbert hat geschickterweise angenommen, dass der Platz für die Oe Version von Oberrittersgrün doppelt so lang und doppelt so breit ist wie für die HOe Version. In der Realität könnte jemand, der den Platz für die Oe Version hat, ja auch in HOe bauen und dafür entsprechend mehr ON unterbringen.

Und gerade da Du und Herbert (und vielleicht auch noch der eine oder andere weitere User) so viele verschiedene Anlagen gebaut und betrieben habt, dachte ich, dass Ihr vielleicht Erfahrungen habt, wie weit herunter man denn bei dem ON: OFF Verhältnis bei einer Heimanlage gehen sollte, damit der Betrieb auch noch Spaß macht.

Ich möchte gerne von Euren (und anderen) Erfahrungen lernen. So manches Micro-Layout auf Carendt.com sieht verlockend aus - aber wird man auf Dauer glücklich damit? Gibt es einen Weg, das zu erkennen, bevor man die Anlage baut?

Gerade vor dem Hintergrund des Trends zu größeren Spuren (und dem nicht zundehmenden realen Platz) erscheint mir diese Frage nicht so uninteressant. Oder sehe ich das falsch?

Viele Grüße
Rolf


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04.11.2014 21:25 (zuletzt bearbeitet: 28.08.2015 21:54)
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#4 RE: Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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Zitat von Wanderer im Beitrag #3
Ich stimme Dir zunächst mal zu, dass die Frage akademisch klingen mag. Aber in meinen Augen ist sie das nur so lange, wie man die Baugröße als unveränderbar ansieht. In dem Moment, in dem die Baugröße variabel wird, wird (zumindest meiner Meinung nach) die Frage wichtig.
Gerade vor dem Hintergrund des Trends zu größeren Spuren (und dem nicht zundehmenden realen Platz) erscheint mir diese Frage nicht so uninteressant. Oder sehe ich das falsch?
Ich habe mal den Schluss deiner Ausführungen nach vorn geholt, denn der letzte Satz beantwortet den ersten: Die Baugröße ist in der Regel nicht verhandelbar. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Eine Ausnahme ist die Planung von STBR, die wir gerade im anderen Strang verfolgen, der eigentlich 0m machen wollte, aber angesichts seines Platzes halt H0m macht.Eine weise Entscheidung, auch wenn da etwas von dem verloren geht, was er anstrebte.

Zitat
Und gerade da Du und Herbert (und vielleicht auch noch der eine oder andere weitere User) so viele verschiedene Anlagen gebaut und betrieben habt, dachte ich, dass Ihr vielleicht Erfahrungen habt, wie weit herunter man denn bei dem ON: OFF Verhältnis bei einer Heimanlage gehen sollte, damit der Betrieb auch noch Spaß macht.

Also das ON-OFF-Verhältnis der Pyritbahn wäre für mich das Äußerste, darunter würde ich auf die Anlage verzichten. Eine Micro-Anlage à la Carl Arendt ist für mich ein no go. Das sind Karikaturen von Anlagen.

Aber: Was nützt dir jetzt meine extreme Auffassung, mein Geschmack? Für dich kann das das doch alles ganz anders aussehen. Und jetzt fragst du erneut, wie man das herausfinden soll? Gerade bei so kleinen Anlagen kann man doch fast in 1:1 mit geringen Aufwand proben, wie schon in meinem vorigen Post gesagt.

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04.11.2014 21:49
avatar  STBR
#5 RE: Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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Hallo Rolf,

ich denke mal, das hängt davon ab was Du machst und willst! Der ambitionierte Fahrzeug-Selbstbauer, der 80% seiner Hobbyzeit mit Konstruktionsprogramm/Drehbank/Lötkolben verbringt wird es zufrieden sein, wenn er seinen "Schätzen" in den restlichen 20% etwas Auslauf gönnen kann, um sich dran zu erfreuen.
Auch der kontemplative Einzelkämpfer, der idealerweise noch irgendeiner "Pur" Norm anhängt, könnte hier auf längere Sicht seine Erfüllung finden.
Für mich wär's nix, da ich mit 2-3 Kumpels "Betrieb" machen möchte, der auch nach der 10. Session noch interessant ist. Daher habe ich mich (nach reiflicher Abwägung aller Möglichkeiten) dazu entschlossen den Baumaßstab an meine räumlichen Gegebenheiten anzupassen, um auch Strecke hinzubekommen.

Für "derzeit Platzbeschränkte" finde auch auch Otto's "Lebensentwurf" klasse: Man suche sich ein Bahnthema daß einen WIRKLICH interessiert und fange erstmal mit einem Minimax-Konzept an (hier: BAE I) und erweitere das dann mit zunehmendem Raumangebot (BAE II und III).

Viele Grüße:
Stefan


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06.11.2014 08:42
#6 RE: Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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Danke für Eure Antworten.

Meine Frage hatte eigentlich den Hintergrund, dass ich als Minimum des ON für mich immer einen kleinen Endbahnhof und etwas Strecke gesehen hatte. Nun waren mir in den letzten Jahren aber vermehrt Kleinstanlagen a la Carl Arendt aufgefallen, deren Erbauer damit richtig glücklich zu sein schienen (hier im deutschen Bereich sind vielleicht das Döppenauer Weinhaus und die Pizza Connection noch am ehesten bekannt). Der geringere Aufwand schien da durchaus verlockend. Nur konnte ich mir aber irgendwie nicht vorstellen, damit auf Dauer glücklich zu werden. Irgendwann kam bei mir dann aber die Frage auf, ob ich mnit meinem Wünschen vielleicht veralteten Ansichten nachhänge. Und deshalb wollte ich hier mal hören, wie andere das sehen.
Nun habt Ihr mir aber gezeigt, dass ich mit meiner Ansicht gar nicht so allein dastehe, denn die Pyritbahn hat ja genau das: Einen kleinen Endbahnhof, etwas Strecke und sogar noch einen Anschluss. Also für mich ist die Frage damit beantwortet.

Vielen Dank und viele Grüße
Rolf


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08.09.2015 15:25
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#7 RE: Wieviel "Off" verträgt eine Heimanlage?
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OOK

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, kommt im nächsten MIBA-Spezial von mir ein Artikel - eigentlich sogar zwei - über Zugspeicher, somit also über das, was hier durchgängig mit OFF benannt worden ist. Ich verwende den Begriff im genannten Artikel übrigens auch.
Anders als der Name diesers Stranges hier ausdrückt, würde ich nach der Niederschrift des Artikels eher fragen: Wieviel OFF braucht eine Anlage?. Wovon hängt das ab?

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