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Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
#1 Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
Liebe Planungsgemeinde,
ich mache mir -immerhin als Betreiber zweier größerer Modellbahnanlagen (ich weiß also, wovon ich rede)- in letzter Zeit zunehmend meine Gedanken, ob nicht langsam die immer besser werdende Bahnsimulation am Computer es wert wäre, etwas intensiver diskutiert zu werden. Nicht im Stil des neuen "Train Sim Magazin", das zur Zeit lediglich ein "Update" nach dem anderen vorstellt, und durch sein Fachchinesisch Laien oder alte Zausel wie mich eher abschreckt, anstatt eine Einführung in die vielleicht zukunftsträchtigste und durchaus "Jugend-von-heute"- freundlichste Variante unseres Hobbys zu geben (vielleicht kommt's ja noch...), von anderen Modellbahnzeitschriften ganz zu schweigen.
Schön wäre es deshalb, wenn wir in diesem Forum vielleicht anfangen würden, auch bei der "virtuellen Bahn" in Richtung sinnvolle Konstruktion von Strecken und sinnvolle Nutzung der selbst erschaffenen elektronischen Bahnanlagen zu diskutieren.
Zum Beispiel in der Studentenbude, in der Ferienwohnung oder von mir aus nach der Einlieferung ins Altersheim könnte ich mir die virtuelle Form der "Modellbahnerei" durchaus als wunderbare Alternative zu faulen, der Platzbeschränkung geschuldeten Kompromissen vorstellen.
Oder ganz ketzerisch gefragt: was macht für euch heute eigentlich noch den Mehrwert einer selbst gebauten "echten" Modellbahnanlage gegenüber einer virtuell erzeugten aus? Sollte es etwa doch die Fähigkeit zur gelungenen Umsetzung eines realen oder gedachten Vorbildes in eine dem zur Verfügung stehenden Raum angepassten Form und Größe sein? Zumindest in diesem Forum ist doch der Modellbahn-Anlagenbau nur ein Mittel zum Zweck des Endlich-realistisch-fahren-Könnens, oder doch nicht?
Was haltet ihr von meiner Anregung, hier ein neues Fass aufzumachen, oder ist in euren Augen da eh' nur "Essig" drin?
windbergbahn
Für mich stellt die Planung, der Bau und der Betrieb einer Modellbahnanlage etwas dar, was nur sehr begrenzt am Computer simuliert werden kann. Wobei die Planung heute bis zu einem gewissen Punkt hervorragend am Computer durchgeführt werden kann/könnte. Daran werde ich aber erst noch arbeiten müssen.
Mir fehlt beim Computer auf Dauer die Möglichkeit, etwas mit den Händen greifbares zu gestalten. Ich möchte mich mit etwas "Realem" beschäftigen. Mit etwas, das im Laufe der Zeit wächst und hoffentlich in meinem Sinne gedeiht.
Gleichwohl wird die Beschäftigung mit virtuellen Eisenbahnen auch einen Teil meiner (Frei-)Zeit beanspruchen. Einmal in der Planungsphase und darüberhinaus, weil es eine spannende Möglichkeit ist, sich mit der "großen Eisenbahn" auseinanderzusetzen. Zum Beispiel, um die Sicherungsmaßnahmen der großen Bahn "real" zu erfahren und (hoffentlich) den tieferen Sinn besser zu verstehen. Aber auch dahinter steckt die Hoffnung, das im Modell entstehende (entstandene) Eisenbahnunternehmen zu verbessern und dem Vorbildbetrieb anzunähern.
Im Idealfall wird der Computer einigen Nutzern (hoffentlich vielen) den "Virus Modellbahn" in seiner klassischen Form einimpfen. Denn eines ist -denke ich- auch klar. Den Kindern und jugendlichen heute fehlt es zu einem großen Teil an ganz allgemeinen handwerklichen Fähigkeiten und vor allem an dem dazu gehörenden Wissen. Die Beschäftigung mit der Modellbahn könnte da einiges ausgleichen.
#3 RE: Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
Zitat von windbergbahn
was macht für euch heute eigentlich noch den Mehrwert einer selbst gebauten "echten" Modellbahnanlage gegenüber einer virtuell erzeugten aus?
Warum nehmen wir zum abendlichen Lesen ein Buch und nicht den Computer mit ins Bett?
...Eben!
Es hat was damit zu tun, dass ganz andere Sinne angesprochen werden. Anfassen, berühren, riechen (wenn der Holzleim abbindet oder Lötkolben mal wieder auf den Teppichboden gefallen ist...)
Außerdem: wie sollte der begnadetste Computer-Designer jemals wissen, ob das, was er sich da ausdenkt auch wirklich in vivo funktionieren könnte?
(In der aktuellen Ausgabe der 'voie libre' gibt es da einen echt schicken PC-generierten Entwurf für eine 0n30-Anlage; irgendwas sagt mir aber, dass das so mit dem Platz und den Radien nicht hinhauen kann...)
Will sagen: Ehrfahrung ist doch durch nichts zu ersetzen.
Dennoch halte ich das Thema für spannend und denke, dass es gut hierhin passt. Leider wieder ein Bereich, von dem ich bis dato rein gar nichts verstehe (ich kriegs ja noch nicht mal hin die einfachsten Grafikprogramme zu bedienen. Warum? Zu dumm dafür? Wohl eher - hoffentlich - nicht, aber alles kostet wieder zusätzliche Zeit; deshalb meine Scheu damit anzufangen).
Übrigens war gerade heute morgen in unserem Lokalblatt zu lesen, dass im kommenden Jahr die PC-Simulation einer Fahrt auf dem kompletten Streckennetz unserer Herforder Kleinbahn erhältlich sein soll; und das ist in 1:1 nur noch punktuell mit dem Fahrrad machbar. Hier spielt der Kollege Computer eindeutige Vorteile aus!
Liebe Grüße
Michael
Liebe Grüße aus Ostwestfalen!
Michael
http://kleinbahn-spur0.jimdo.com/
http://kleinbahnfreund.jimdo.com/
Wie ich immer sage: beim Virtuellen fehlt das Haptische :-) Vor dem Computer sitzen kann ich schließlich den ganzen Tag im Büro.
Was übrigens den Gleisplan in der voie libre anbelangt, bin ich auch nicht so ganz sicher, auch wenn ich mir bisher nicht die Mühe gemacht habe, alles nachzurechnen. Jedenfalls wird die Wendel schon mal ein bischen eng. Meine Minimäxe haben alle mal mit einem Blatt Papier angefangen, das ich vollgekritzelt habe - nicht mit Gleisen, sondern mit Zahlen. Aber das ist ein anders Thema.
Herbert
Zum gleichen Thema lief kürzlich ein Thread in einem anderen Modellbahnforum, in dem ich mich gelegentlich rumtreibe. Auch dort bestätigte sich der Trend, dass das Eisenbahnhobby immer mehr am PC stattfindet und immer mehr Modellbahner dafür den Anteil der aktiven Beschäftigung mit der Modellbahn reduzieren. Ich kenne allerdings nur einen einzigen Fall, dass jemand deswegen die Modellbahn komplett aufgegeben hat, und in diesem Fall war das auch kein Verlust. PC-Simulationen eröffnen neue und interessante Möglichkeiten, sich mit der Eisenbahn zu befassen, sie werden jedoch die Modellbahn nicht ersetzen. Ein echtes Modell schafft eine Erlebniswelt, die rein auf dem Bildschirm so nie möglich sein wird. Allerdings glaube ich schon, dass insbesondere viele betriebsorientierte Modellbahner ihre bahnbetrieblichen Aktivitäten immer mehr in die virtuelle Welt verlagern werden. Die Eisenbahnsimulationen zerfallen in zwei Gruppen, wenn man mal die für den Hobbybereich uninteressanten professionellen Eisenbahnbetriebssimulationen zur Leistungsuntersuchung weglässt. Einerseits gibt es die Führerstandssimulationen (mit denen sich die neue Zeitschrift TRAIN SIM bedauerlicherweise ausschließlich befasst, weswegen einer der frühen Mitstreiter die Redaktion gleich am Anfang wieder verließ) und andererseits die Stellwerkssimulationen. Bei letzteren gibt es inzwischen Produkte, die einen Fahrdienstleiterarbeitsplatz in sehr professioneller Weise simulieren (für ein neues Produkt bin ich gerade als Beta-Tester tätig). Sowohl bei den Führerstandssimulatonen als auch bei den Stellwerkssimulationen gibt es einige Produkte, die ein Editieren der Infrastruktur und damit den Bau virtueller Anlagen erlauben. Bei den Stellwerkssimulationen geht das allerdings nur bei den einfacheren Produkten, da die Projektierung der komplexen Abhängigkeiten ein umfangreiches Fachwissen voraussetzt.
Aber damit wären wir bei der für dieses Forum interessanten Frage, ob für den Bau virtueller Infrastrukturen ähnliche Grundsätze gelten sollten wie für den Bau guter, betriebsorientierter Modellbahnanlagen. Ich glaube, dies ist nicht der Fall. Die Kunst des Baus einer guten Modellbahnanlage besteht letztlich darin, ein sinnvolles und vorbildorientiertes Betriebskonzept im Rahmen erträglicher, aber bei der Modellbahn unumgänglicher Kompromisse umzusetzen. Und genau diese modelltechnisch bedingten Kompromisse entfallen in den virtuellen Infrastrukturen der Eisenbahnsimulationen. Deswegen ist ja auch noch niemand auf die Idee gekommen, ein Oval zu simulieren und im Kreis zu fahren. Typisch ist hingegen die möglichst exakte Nachbildung realer Strecken und Bahnhöfe. Man braucht ja nur mal in eines der vielen Simulanten-Foren zu schauen, da geht es überall um eine möglichst exakte Umsetzung realer Strecken. Der Bau der virtuellen Anlagen ist damit ein zwar anspruchsvoller, aber letztlich rein handwerklicher Prozess. Die immer weiter steigende Perfektion in der Nachbildung der Infrastruktur (sowohl optisch als auch funktional) schließt normale Nutzer schon allein wegen des Arbeitsaufwandes und der erforderlichen Fachkenntnisse zunehmend von der Möglichkeit aus, mit den immer komplexeren Editoren zu arbeiten. Dafür besteht aber auch immer weniger ein Bedürfnis. Für viele Simulatoren werden immer mehr Strecken kommerziell angeboten, so dass die meisten Nutzer gar keinen Bedarf zum Erstellen eigener Infrastrukturen mehr sehen. Ich sehe daher kaum Bezüge zum Anlagen-Design, wie wir es hier in diesem Forum diskutieren.
Jörn
Ich sehe den PC als Hilfe für die Modellbahn. Planung von Anlage, Gebäuden, etc.
Erstellen von Betriebsmaterialien wie Wagenkarten, Frachtzetteln, Fahrpläne, etc.
Im Computer ein Gebäude zu zeichnen ist für mich nicht so befriedigend wie ein Gebäude zu bauen. Beim PC wüsste ich auch nicht wie ich es in der Qualität schaffen könnte.
Wolfgang
#8 RE: Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
Ja, da sind doch schon eine Menge Antworten zusammengekommen. Leider sind diese mir insgesamt alle etwas zu skeptisch ausgefallen. Natürlich brauche ich keine endlose (langweilige) Streckenfahrt "auf der Rollbahn", aber ein kleines, begrenztes Streckennetz wie die Rübelandbahn (gibt es bald, jedoch leider nur in DR und DBAG und (noch?)nicht mit Tierklasse und Zahnrad-Auslaufbetrieb), das wäre doch virtuell gut beherrschbar.
Fehlende Computer-Fertigkeiten sind natürlich ein Hindernis, aber auch ein Modellbauer herkömmlicher Prägung ist ja schließlich nicht vom Himmel gefallen. Natürlich ist da nichts zum "Anfassen", aber ist es das beim Entwerfen eines Gleisplanes? Wieviele Pläne habt ihr denn so schon entworfen, ohne sie jemals in "Anfassbares" umgesetzt zu haben?
Wie gesagt, ich glaube, die virtuelle Sparte unseres Hobbys wird DIE Zukunft der Modellbahn (bzw der Beschäftigung mit der Eisenbahn) sein. Und sei es nur als Zweitanlage in der Ferienwohnung oder als Notlösung in der Studentenbude oder halt ...im Altersheim.
windbergbahn
Bevor ich meine eigene Meinung hier preisgebe, gebe ich euch mal einen Text von Nikolas Kalis zum Besten. Nikolas Kalis ist Co-Redakteur des Layout Design Journals. Der nachfolgende Text ist eine von mir angefertigte Übersetzung seines Editorials in LDJ 37.
Baut sie!
Das Anzeigenwerbungsgenie David Ogilvy sagte einmal: „Es ist nicht kreativ, außer es bewirkt Umsatz.“ Nun, es ist an der Zeit, dass unsere Modellbahn-Anlagen-Design-Bruderschaft sich eine Paraphrasierung des Satzes von Ogilvy zu Herzen nimmt: „ Es ist nicht Anlagen-Design, außer es führt zum Bau einer Anlage.“
Als er diesen berühmten Satz prägte, meinte Ogilvy, so denke ich, dass so ziemlich jeder Grafiker eine künstlerische Anzeigenkampagne bewerkstelligen kann. Preise für brillant gestaltete Anzeigen sind toll, es geht aber darum, eine Anzeigenkampagne zu kreieren, die ihr Hauptziel erreicht, nämlich den Verkauf des Produktes zu bewirken, für das sie wirbt.
Ogilvys Satz hat mit Anlagen-Design und mit Modelleisenbahn viel zu tun. Meiner Meinung nach sollte Anlagen-Design als Ziel zumindest den Baubeginn einer realen Anlage haben. Sonst ist Anlagen-Design wie eine Werbekampagne, die nicht zum Verkauf führt.
Natürlich kann ein gut designter Anlagenplan seinen Entwerfer und sein Publikum begeistern, aber ohne daraus resultierende Anlage bleibt er wirkungslos. Ohne eine greifbare Anlage als Ziel könnten wir genauso gut Anlagen per Computer-Simulation kreieren und betreiben, Programme dazu gibt es reichlich auf dem Markt. Vielen mag das reichen, aber allein die Dicke des Walthers-Kataloges spricht eine andere Sprache. Die meisten Modellbahner wollen etwas Reales und keine Simulation.
Natürlich ist Anlagen-Design wichtig. Es kann helfen, Probleme des Anlagenbaus und des Betriebs zu vermeiden und es kann dem Planer helfen, das optimale Resultat seiner Fertigkeit und seiner Vorgaben zu erzielen. Wovor ich warnen möchte, ist over-design, oder Design als Selbstzweck ohne Ende, das immer-weiter-Perfektionieren ohne jemals mit dem Bau zu beginnen.
Mein Freund Bill Mosteller sagt, dass man nicht lernen kann, wie man eine Anlage betreibt, außer man betreibt eine. Das geht kaum auf dem Papier oder Bildschirm. Mit anderen Worten: Anlagen-Design hat Grenzen. Man muss es in der Praxis testen mit Holz und Gleismaterial, mit Blut, Schweiß und Tränen. Und jeder, der mal eine Anlage gebaut hat, kann bezeugen, dass tatsächlich hier und da Blut geflossen ist.
Ein zweites wichtiges Bündel von Problemen erwartet die, die sich zu lange im Anlagen-Design verlieren. Anlagen müssen so geplant werden, dass sie schlussendlich zu Lebzeiten des Planers gebaut werden können. Man darf nicht so unendlich viele Features einplanen, dass ihre Verwirklichung die Fähigkeiten, die Zeit und die Brieftasche des Erbauers überfordern. Design, das den Baubeginn vor der endgültigen Klärung aller historischen Forschung verhindert, ist kein gutes Design.
Als Gruppe darf die Layout Design Special Interest Group nie aufhören, für immer bessere Wege des Layout Design zu kämpfen und diese zu kommunizieren. Für den einzelnen Modellbahner hingegen muss das Streben nach dem perfekten Anlagen-Design einem realistischen Zeitplan unterworfen werden und ein Ende haben.
Nikolas Kalis
Soweit Nikolas Kalis, der seine Genehmigung zu dieser Übersetzung erteilt hat.
Ich denke, dass dies eine gute Diskussionsgrundlage ist.
Ja, ist doch wirklich erstaunlich, welche Resonanz dieses wohl nur scheinbare Randthema hier findet. Habe gerade ein interessantes Produkt entdeckt, das sehr gut zum Anliegen unseres Forums passt: http://www.trainplayer.com/index.html. Damit kann man eine Art betriebfähigen Anlagenplan erstellen. So lassen sich Anlagenkonzepte vor dem Bau betrieblich durchspielen, so dass einem später böse Überraschungen erspart bleiben. Da bekomme ich direkt Lust, meine nicht mehr existierenden früheren Anlagen als Erinnerung noch einmal virtuell nachzubauen.
Ansonsten stimme ich Windbergbahn durchaus zu, dass virtuelle Welten einen immer bedeutenderen Teil des Eisenbahnhobbys einnehmen werden. Dieser Trend ist nicht mehr zu übersehen. Trotzdem glaube ich nicht, dass die gegenständliche Modellbahn in absehbarer Zeit aussterben wird. Wohl aber, wie schon früher angemerkt, dass betriebsorientierte Interessen künftig eher virtuell ausgelebt werden, während sich die klassische Modellbahn vielleicht wieder stärker in Richtung Modellbau entwickelt, indem z.B. ausgewählte Teile der virtuellen Welt als Dioramen gestaltet werden, sozusagen als gegenständliche Illustration der virtuellen Welt.
Jörn
Hallo OOK,
danke für die Übersetzung. Sehr interessant, was Mr. Kalis da schreibt.
Zitat von Nikolas Kalis
Anlagen müssen so geplant werden, dass sie schlussendlich zu Lebzeiten des Planers gebaut werden können. Man darf nicht so unendlich viele Features einplanen, dass ihre Verwirklichung die Fähigkeiten, die Zeit und die Brieftasche des Erbauers überfordern.
Das passt sehr gut zu dem parallelen "Mangelwirtschaft"-Thread. Der m.M.n. essentielle Unterschied zwischen einer realen Anlage und einer PC-Simulation ist das Fehlen räumlicher Restriktionen bei letzterer. Man baut einfach in den virtuellen Raum hinein, soweit man will - wie langweilig!
Daraus resultieren oft hunderte quasi-reale Streckenkilometer, in ihrer ganzen Eintönigkeit.
Ich habe vor einigen Jahren meine Freizeit in den MS Trainsimulator gesteckt, als die alte, unvollkommene Anlage eher für Tränen als für Zufriedenheit sorgte. Solche Führerstandssimulationen haben aber wenig mit einer Gesamtkonzeption zu tun. Man fährt seinen Zug, seine Aufgabe, und alles andere schwirrt nahezu bedeutungslos um einen herum. Einen Blick für ein Streckennetz, für die Abhängigkeiten eines Netzfahrplans oder eines Güterwagenumlaufs entwickelt man nicht.
Stellwerkssimulationen kenne ich nicht, aber ich vermute, dass hier auch nur eine sehr eingeschränkte Perspektive auf das Gesamtgeschehen möglich ist.
Natürlich kann man hier einwenden, dass es sich am PC um eine Aufgabenteilung à la FREMO handelt. Das ist richtig, aber beim FREMO kann ich nicht nur die Aufgaben wechseln, sondern in einer freien Minute auch das gleichzeitige (!) Zusammenspiel aller Akteure auf dem gesamten Netz beobachten.
Zitat von Nikolas Kalis
Wovor ich warnen möchte, ist over-design, oder Design als Selbstzweck ohne Ende, das immer-weiter-Perfektionieren ohne jemals mit dem Bau zu beginnen.
Ich sehe wie gesagt einen grundlegenden Unterschied zwischen Anlagen-Design und PC-Simulation, verstehe aber nicht, warum man ersteres nicht zum Selbstzweck betreiben kann.
Auch die Kraft der Phantasie kann befriedigen, und so plant man schon einmal ohne konkreten Umsetzungswillen. Mal ehrlich, wem geht das nicht manchmal so? Wie wären all die vielen Anlagenplanungsbücher sonst entstanden?
Letztendlich hat alles seine Berechtigung, auch wenn das Eine nicht unbedingt das Andere ersetzen kann.
Ciao
Christoph
Hallo,
Zitat von windbergbahn
Was macht für euch heute eigentlich noch den Mehrwert einer selbst gebauten "echten" Modellbahnanlage gegenüber einer virtuell erzeugten aus?
Einen skeptischen Aspekt hätte ich noch:
Mich kann die Landschaftsumsetzung einer Simulation einfach nicht überzeugen. Ich weiß, auch reale Anlagen haben im Detail oft Gestaltungskompromisse, aber mir ist noch keine Simulation über den Weg gelaufen, in der die Umgebung nicht ziemlich steif und vereinfacht war. Langfristig ging mir das zu sehr auf den Nerv.
Grüße von der realen Windbergbahn, auf deren Trasse ich letzte Woche erst spazieren war!
Christoph
Hallo,
gerade den letzten Beitrag kann ich voll bestätigen.
Selbst in einem Programm wie Trainz, das inzwischen schon tolle Möglichkeiten zur Landschafts- und Streckengestaltung bietet, kann ich nicht z.B. mit anderen Techniken experimentieren, um den besten (vorbildgetreuesten?) Effekt zu erreichen, solange sich die der Simulation zugrundeliegenden Grafikprogramme und deren Möglichkeiten nicht ändern. D.h. ich fühle mich in meiner Kreativität irgendwie stärker eingeschränkt als beim Bau einer Anlage mit beschränkten Platzverhältnissen.
Jedoch geht z.B. das gerade genannte Trainz schon über eine reine Simulation , wie Christoph sie vorher erwähnt hat, hinaus, indem z.B. Industrien mit gegenseitiger Wechselwirkung eingebunden werden können, etwas, was das PC-Programm der Modellbahn voraus hat.
Es gibt also schon einige Vorteile (man kann den praktisch unbegrenzten Platz ja auch als einen solchen ansehen), und manchmal macht es mir auch Spaß, meine (knappe) Freizeit mit der virtuellen Bahn zu vebringen. Allerdings - die Modellbahn wird sie bei mir wohl nie ersetzen, dafür ist die Faszination des "Realen" (und der Bildschirmfrust nach einem Arbeitstag...) einfach zu groß.
Viele Grüße
Nico
#16 RE: Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
Hallo Christoph,
ja, du magst mit der "Steifheit" sicher Recht haben. Wenigstens zurzeit sieht es in der Szene noch so aus. Aber mal ehrlich: Sind unsere Modellbahnanlagen nicht auf ihre Weise auch reichlich steif? Oder fahren bei dir die Autos tatsächlich, bewegen sich die Preiserlein auf den Bürgersteigen, heben die Kühe die Köpfe, wenn ein Zug vorbeifährt oder gibt es bei dir Wolken und Regen?
Ich glaube, das ist alles nur anderes Denken, auch eine Modellbahn "lebt" hauptsächlich im Kopf und in der (hoffentlich) darin befindlichen Fantasie.
windbergbahn
(ist mein Nick wg. meines Nachnamens, nicht wegen meiner Bahn-Vorlieben. Habe mein Herz seit langer Zeit an die LBE verloren)
Hallo windbergbahn,
Zitat von windbergbahn
ja, du magst mit der "Steifheit" sicher Recht haben. Wenigstens zurzeit sieht es in der Szene noch so aus.
Das Wörtchen "zurzeit" ist eine wichtige Einschränkung. Im PC-Bereich wird sich die Umweltdarstellung immer weiter verbessern, während die Modellbahn im Vergleich nur im Schneckentempo vorwärtskommt.
Womöglich war mein Einwand also nur ein Übergangsphänomen.
Zitat von windbergbahn
Oder fahren bei dir die Autos tatsächlich, bewegen sich die Preiserlein auf den Bürgersteigen, heben die Kühe die Köpfe, wenn ein Zug vorbeifährt oder gibt es bei dir Wolken und Regen?
Natürlich nicht. Die Umgebung auf der Modellbahn ist bewusst eingefroren, um nicht vom Hauptdarsteller abzulenken.
Ich meinte aber etwas Anderes mit der Steifheit: Schnurgerade Straßen, die aussehen wie Steckgleise, sich immer wiederholende Gebäude, immergrüne Wiesen, usw. usf.
Mit anderen Worten fehlt mir die zufällig angeordnete, ungeometrische, im Detail variantenreiche Umgebung. Welche Straße ist schon total flach und gerade? Diese Aspekte kann ich im Modell bedeutend besser darstellen, sie ergeben sich oft sogar von selbst (mangelnde Genauigkeit, übern Daumen gepeilt ).
Zitat von windbergbahn
ist mein Nick wg. meines Nachnamens, nicht wegen meiner Bahn-Vorlieben
Das ist mir durchaus bewusst. Es war nur als Anspielung gedacht, da bei mir der Begriff Windbergbahn einfach schon belegt ist.
Ciao
Christoph
Zitat von windbergbahn
Oder fahren bei dir die Autos tatsächlich, bewegen sich die Preiserlein auf den Bürgersteigen, heben die Kühe die Köpfe, wenn ein Zug vorbeifährt oder gibt es bei dir Wolken und Regen?
Zitat von CST
Natürlich nicht. Die Umgebung auf der Modellbahn ist bewusst eingefroren, um nicht vom Hauptdarsteller abzulenken.
Da hätte ich jetzt Lust, einzusteigen, aber das würde schnell off-topic. Was haltet ihr von einem Thread "Animation"?
Zitat von OOK
Da hätte ich jetzt Lust, einzusteigen, aber das würde schnell off-topic. Was haltet ihr von einem Thread "Animation"?
Gerne, dann sollte man aber unterscheiden zwischen "Animation" für den Modellbahner und "Animation" auf der Modellbahn.
Hallo eisenhans,
die Bemerkung "sitze ich ja genug vor dem Bildschirm" hat mich auf einen Aspekt gebracht, der hier noch gar nicht angesprochen wurde: Stellt Euch das doch mal praktisch vor: Man hat einen langen Arbeitstag, der vermutlich nicht nur bei mir zum großen Teil vor einem Bildschirm stattfand, hinter sich, kommt heim und bräuchte eigentlich Entspannung. Dazu wäre ein bißchen Rangieren oder Fahren auf der Anlage doch optimal - aber auf einer existierenden Anlage mit richtigem Grün und abwechslungsreicher Gestaltung. Das ist, nebenbei gesagt, auch für die Augen eine Erholung. Was macht man stattdessen? Man sitzt schon wieder vor einem Bildschirm, drückt die gleichen Tasten, verschiebt die gleiche Maus wie die acht Std zuvor, und ist eigentlich wieder nur der gleiche Sklave eines Programms, von der Augenanstrengung ganz abgesehen.
Also mir reicht abends manchmal die kurze Zeit, um mal bei ebay nach dem Rechten zu schauen, dann ist mein Bedarf an PC restlos gedeckt. Unbestritten kann man Anlagenpläne, Bauzeichnungen wesentlich besser erstellen, das mache ich zugegeben auch, aber eine echte Anlage kann man dadurch nicht ersetzen.
Vielleicht ein bißchen überspitzt ausgedrückt, darf dafür auch gerne widersprochen werden
Peter
#21 RE: Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
kein Widerspruch, sondern vollste Zustimmung!
Eine Modellbahn-Anlage ist eine Modellbahn-Anlage. Und kein Gewurschtel, aus Bits und Byts.
Außerdem hat mich bis jetzt noch kein Sim-Programm so überzeugt, dass ich es gekauft hätte. Der Train-Simulator kostet zwar nur noch 10,- Euro, aber wenn es die Progrmmierer noch nicht einmal geschafft haben das Dampflokgeräusch lastabhängig zu machen (wenn die Info aus den Foren stimmt), kann der Rest auch nur halber Kram sein. Neulich habe ich das Modul "Rügen-Bahn" gesehen und war im ersten Moment fasziniert. Zum Glück bin ich aber vor dem Kauf nach Hause gegangen und habe mal im Netzt der Netze etwas "recherchiert", wie der Angeber sagt. Das Ergebnis war sehr ernüchternd: Lieblos gemacht; was ich nach der Sichtung der Bilder nur bestätigen kann. Die "Modelle" sahen aus wie in den Anfangstagen der 3D-Technik. Schlicht gruselig. Das wird sich mit der Zeit legen, da bin ich mir sicher. Aber eigentlich ist mir das heftig egal. Ich bleibe Modellbahner!!!
Die Virtualisierung schreitet immer weiter voran, so dass einige schon davon träumen, die ganze Welt zu digitalisieren, um dann die Freunde im realen (Kneipen-)Raum virtuell zu treffen (und sich virtuell-real/real-virtuell einen hinter die Binde zu kippen?). Vielleicht ist es auch bald möglich per Interface die eigenen Synapsen mit denen des Computers zu verbinden und dann die echte Welt komplett auszusperren. Zu diesem Thema gibt es ja schon ein paar mehr oder weniger gute Science Fiction Filme (Total Recall, Matrix, ...).
Mir ist das zu blöd. Ganz ehrlich. Ich ziehe die echte Frau aus Fleisch und Blut der virtuellen vor, auch wenn die echte mal Widerworte hat und vielleicht die ganze Modellbahnerei nicht versteht.
Nach so viel Polemik (bitte hiermit um Entschuldigung), meine sachliche Meinung:
Die Simulation der realen Eisenbahn im Computer als Selbstzweck ist eine eigene Spielwiese und gehört deshalb nicht in dieses (Modellbahn-Anlagen-Design-)Forum.
Rainer
Zitat von Rainer
Nach so viel Polemik (bitte hiermit um Entschuldigung), meine sachliche Meinung:
Die Simulation der realen Eisenbahn im Computer als Selbstzweck ist eine eigene Spielwiese und gehört deshalb nicht in dieses (Modellbahn-Anlagen-Design-)Forum.
Es gibt ne Menge Foren, in denen es um nix anderes geht als um virtuelle Modellbahn. Ist doch gut so. Aber genau deshalb stimme ich Rainer zu, dass wir hier nicht noch eine Plattform dafür brauchen, hier, wo es doch um konkretes Anlagen-Design geht. Meint
Ich habe bisher null praktische Erfahrung mit virtueller Modellbahn. Jetzt bin ich mit der Nase drauf gestoßen worden, da steffen78 im H0-Forum http://www.nexusboard.net/showthread.php...5600#pid3380241 entgegen dem Namen des Forums einen Spur 0-Plan eingestellt hatte, zu dem ich eine Alternative hinzugefügt hatte. Nun antwortete er und stellte einen Link zu einem "Video" ein, das jemand "aus dem 0e-Forum" auf der Basis seiner (geplanten) Anlage gemacht hat. Hier gebe ich den Link weiter als evtl. Diskussionsgrundlage.
http://www.myvideo.de/watch/5359012/Trai...r_0_Kopfbahnhof
Ich hoffe, er funzt.
#24 RE: Moderne Zeiten, oder: Wenn e-book, warum nicht Train Sim?
Ahhh ja!
Kommt (noch) etwas holperig und unbeholfen daher, man bekommt aber eine Vorstellung, was man mit so einem Programm anfangen könnte. Nämlich - ganz klar - einen Anlagenentwurf 'durchspielen'. Wofür z.B. 'unsa Rainer' viele einzelne Grafiken braucht, um sich und anderen klarzumachen, ob und wie Betrieb auf der 'Zukünftigen' funktioniert, so ließe sich das damit viel eleganter und verständlicher demonstrieren.
Für den Zweck finde ich das richtig klasse.
Ersetzt m.E. immer noch nicht das Anlagenbauen, niemals!
Hat außerdem (für mich) den Schönheitsfehler, dass die Beschäftigung mit derlei Programmen ein echter Zeitfresser wäre, deshalb lasse ich es (noch?).
Liebe Grüße aus Westfalens äußerstem Osten
Michael
Liebe Grüße aus Ostwestfalen!
Michael
http://kleinbahn-spur0.jimdo.com/
http://kleinbahnfreund.jimdo.com/
> Nämlich - ganz klar - einen Anlagenentwurf 'durchspielen'.
Auch dazu braucht es keinen Computer. Die "Büroklammermethode" reicht: Gleisplan auf Papier aufzeichnen, Büroklammern hin- und her schieben. Korrekturen sind allemal schneller ausgeführt als im Computer. Wer es doch etwas realer mag, kann sich die Holzeisenbahn aus dem Kinderzimmer ausleihen.
Felix
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