Bild 6 aus dem "Bob Ross"-Thema

29.07.2020 17:09
#1 Bild 6 aus dem "Bob Ross"-Thema
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Hallo Forumer, hier ist nochmal das Bild aus dem Thema Bob Ross Maltechnik für Hintergrundkulisse (#20), zu dem Reiner einige Annmerkungen bzw. Fragen hat:


Zitat von Gilpin im Beitrag Bob Ross-Maltechnik für Hintergrundkulisse?
im Bild 06 interessiert mich zunächst die E 410 (184) und natürlich der "Königsbacher", und wenn ich mich da sattgesehen habe und den Blick ungesteuert herumschweifen lasse, stoße ich auf das rot umrandete Schild am Zaun und auf den Briefträger (Armer Teufel, wenn der da jeden Tag hochklettern muss!). Die Kante entdecke ich fast nicht.


Der Typ auf der Nottreppe sieht tatsächlich so aus als würde er gerade einen Brief in den dortigen Kasten stecken! Ich bin gleich runter in den Keller, vielleicht habe ich da einen Briefträger hingeklebt? Nee, das sieht nur so aus. Der Mensch ruft einem anderen (der unten steht) mit erhobenem Arm etwas zu. Der "Brief" ist das Querholz am Fenster.

Der Wagen 19 hat eine Getreideladung aus Ziegenrück, die für die Firma HaGeVa in Niederpöllnitz bestimmt ist. Die Güterzuggarnitur steht abgefertigt auf dem Anschlussgleis in Auma und wird in der nächsten Session um 08:42 als Ng62 nach Triptis starten.

Auf dem Schil steht "Überschreiten der Gleise lebensgefährlich, daher verboten". Dieser Text kam mir als Bub schon merkwürdig vor, deshalb habe ich ihn behalten und hier verewigt.

Die Ellok ist tatsächlich die E 410 012 (später 184 112-1); zu der Lok habe ich eine besondere Beziehung: Das war bei Brown Boveri im Jahr 1970 (zusammen mit der E 410 011) mein erstes Lokprojekt. Die Lok war 1966 ausgeliefert worden, die Elektronik-Ausrüstung war damals noch in Germanium-Technologie ausgeführt und hat sich für den rauen Bahnbetrieb als ungeeignet erwiesen. Meine Aufgabe war es, die elektronische Steuerung auf Silizium-Technik umzustellen, allerdings immer noch auf der Basis einer Industrie-Steuerungsbaureihe. Bei dieser Arbeit haben wir wertvolle Erfahrungen für Elektronik auf Fahrzeugen gewonnen, die wir bei der folgenden Drehstromtechnik erfolgreich einsetzen konnten.

Die beiden BBC-Viersystemloks wurden von der DB schließlich abgenommen, haben sich im Betrieb aber nicht sonderlich gut bewährt. Es gab immer wieder Störungen im Leistungs-und Überwachungsteil, so dass die Loks nur spärlich eingesetzt und später außer Betrib genommen wurden. Eine davon steht heute im Berliner Verkehrsmuseum. Immerhin hat meine ehemalige Firma später die Baureihe 185 zustande gebracht, die den Viersystembetrieb zufriedenstellend bedienen kann.

Auf meiner Anlage ist die Lok auf einer Überführungsfahrt, um Probefahrten in einem anderen elektrifizieten Netz zu machen. Zu diesem Zug gehören noch die Werkstatt-und Mannschaftswagen, so dass man überall eine Montage-und Reparaturstelle zur Verfügung hatte. Teile dieses Werkstattzugs konnte ich bei meinen Arbeiten vor Ort (zB in Köln-Deutzerfeld) noch in den 70er Jahren erleben; da gab es auch Schlaf- und Waschmöglichkeiten und abends einen Kasten Bier.



Mit Hp1-Gruß - Helmut


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02.08.2020 10:21 (zuletzt bearbeitet: 02.08.2020 10:23)
#2 RE: Bild 6 aus dem "Bob Ross"-Thema
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Hallo Forumer, hier noch ein paar Informationen zu den vier Stromabnehmern auf der 184:

Der erste (am Führerstand 1) ist für die Gleichstromnetze vorgesehen. In den Niederlanden wird mit einer Spannung von 1500 Volt gefahren, der aus dem Fahrdraht entnommene Strom (Oberstrom) ist also größenordnungsmäßig zehn mal höher als im 15 kV-Netz der DB. Deshalb hat dieser Stromabnehmer vier Kohleschleifstücke. Und weil das in manchen Fällen noch nicht reicht, hat die Lok am anderen Ende einen zweiten gleichartigen Stromabnehmer, sie kann also bis acht Schleifstücke an den Fahrdraht anlegen!

Der zweite Stromabnehmer ist für die DB und die ÖBB bestimmt, er hat eine Wippe mit zwei Kohleschleifstücken, geeignet für einen Fahrdraht-Zickzack von +- 40 cm. Der dritte Stromabnehmer hat eine schmalere Wippe (für 20 cm Fahrdrahtauslenkung), die Schleifleiste war aus Stahl, wie sie vorwiegend in 25 kV-Wechselstromnetzen wie zB bei der SNCF eingesetzt wurde. Der Stromabnehmer konnte aber auch im SBB-Netz unter 15 kV Wechselstrom arbeiten, wo auch mit +- 20 cm Fahrdraht-Zickzack gefahren wird.

Im Gleichstrombetrieb arbeitete die BBC-Version der 184 als Schaltwerkslokomotive, die Zugkraft wurde über Stufenwiderstände (ähnlich wie bei der alten Straßenbahn) geregelt. Das bedeutet, das beim Anfahren der volle (ziemlich hohe) Motorstrom aus dem Fahrdraht entnommen werden musste. Um Überhitzungen an der Kontaktstelle zu vermeiden, gab es (damals in den 60er/70er Jahren) die Vorschrift, dass Schaltwerkslokomotiven aus dem Stillstand bis 30 km/h mit zwei angelegten Stromabnehmern (also mit acht Schleifstücken) anfahren mussten.

Bei den heutigen Drehstromlokomotiven ist der Anfahrstrom viel niedriger, so dass es diese Regel schon lange nicht mehr gibt.

Die Lok hatte im Fahrpult ziemlich viele Bahnverwaltungs-Wahltasten, damit wurde die Stromabnehmer-Konfiguration und der Typ der Sicherungseinrichtung (zB Indusi bei der DB) eingestellt. Die Konfiguration der elektrischen Schaltung wurde nur vorgewählt; die eigentliche Schaltung wurde erst hardwaremäßig hergestellt, wenn ein separates Fühlsystem das am Fahrdraht vorhandene Stromsystem sicher erkannt und die Vorwahl bestätigt hatte.

Übrigens: Die Diesellok auf dem Bild ist die 215 031-6, eine der ersten ROCO-Loks überhaupt, darüber wird im EM 08/2020 berichtet.

Mit Hp1-Gruß - Helmut


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03.11.2020 10:51 (zuletzt bearbeitet: 03.11.2020 11:09)
#3 Hat sich die Ellok verlaufen?
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Eine Ellok auf einer Anlage, wo beim Vorbild nie ein Fahrdraht existiert hat? Naja, ich habe ja begründet, wie und warum die E 410 auf meine Anlage gekommen ist, nach dem Motto: Könnte ja sein ...

Nun habe ich aber im Netz einen ziemlich neuen Beleg gefunden: ein abgebügelte 155 auf "meiner" Strecke als zweite Lok vor einem ziemlich langen Holzzug, mit einer Ludmilla vorne dran! Am km 106,6, das ist zwischen dem Hp Traun und dem Bf Neustadt (Orla) in Höhe des Dorfes Dreitzsch! Der Autor des Bildes gibt eine Erklärung: Der Zug fährt etwa einmal in der Woche von Thüringen nach Kaufering in Bayern; der wird in Triptis beladen, weil dort noch (nach dem Umbau/Rückbau des Bahnhofs) ein geeignetes Freiladegleis vorhanden ist.



Der Zug fährt über Saalfeld - Probstzella - Ludwigsstadt - Nürnberg; ab Saalfeld ist die Strecke elektrifiziert, da übernimmt die 155 die Führung, die Ludmilla schiebt hinten nach, das ist auf der Frankenwaldrampe wahrscheinlich notwendig:



Im G**gle Maps ist ein neues Bild von der mittlerweile umgebauten Gleisanlage des Bahnhofs Triptis sichtbar, da keimt Hoffnung auf; weil "meine" Nebenstrecke Triptis - Ziegenrück - Lobenstein (Strecken-Nr. 6683) noch an die Hauptstrecke angebunden ist, wenn auch nur mit einer Weiche. Die Strecke taucht neuerdings als Reaktivierungs-Kandidat auf, vielleicht erlebe ich noch die Wiederaufnahme des Betriebs. Dann könnte der gezeigte Holzzug bereits am Entstehungsort der Holzstämme beladen werden, beispielsweise in Ebersdorf-Friesau.

Am südlichen Ende der Strecke wird ein Lückenschluss ab Blankenstein Richtung Hölle - Hof diskutiert, hier war die Demarkationslinie zwischen der Ostzone und Bayern, das hat die Ostzonen-Verwaltung nach Kriegsende unterbrochen. Ich bilde mir aber ein, dass ich in den 40er Jahren noch eine bayrische Lok (den typischen Glaskasten) im Bahnhof Triptis gesehen habe.

Mit Hp1-Gruß - Helmut


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21.11.2020 09:40
#4 RE: Hat sich die Ellok verlaufen?
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Ganz ähnliche Biöder gab es auch zwischen Tübingen und Horb, als die Rheintalbahn bei Rastatt und die Gäubahn Abschnittsweise gesperrt war. Da standen in Tübingen Diesellok bereit, die den Zügen Vorspann bis unter die nächste Strippe leisteten.

Ich selbst habe so auch mal einen dringenden Loktausch von Karlsruhe nach Völklingen durchgeführt. Leider konnte ich den Fotografen bei Neustadt Weinstr nie ausfindig machen...

Gruß Kai-Nils

Die Kunst eine Lokomotive zu führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden.
(The Australian Locomotive Enginedriver's Guide)

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