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Corporate identity
Der Begriff ist amerikanisch, aber gegeben hat es das auch vorher schon bei uns: Eine Firma hat einen Markennamen, legt sich ein Logo zu (hieß früher nur anders) und achtet darauf, dass Name und Logo so oft wie möglich und möglichst überall verwendet werden, so dass sie sich ins Unterbewusste der Menschen einschleichen. Als Beispiel nenne ich mal Dr. Oetker und den Frauenkopf im Oval.
Unser Thema ist jedoch die Eisenbahn und da sieht es hierzulande anders aus als in Amerika. Ich kam drauf, als ich neulich in einer älteren Ausgabe des Layout Design Journal blätterte und ein Bild sah, wo ein Anlagenbesitzer an zentraler Stelle seiner Anlage an der Verkleidung des Unterbaus einen riesengroßen PRR-keystone montiert hatte. Wer nicht weiß, was das das ist: PRR ist die Abkürzung für die Pennsylvania Railroad und ein keystone ist der Schlussstein eines Gewölbes wie z.B. bei Tunnelportalen üblich. Das PRR-Logo stellte einen stilisierten keystone mit den drei Buchstaben drin dar, unterlegt mit einem typischen Rotton, der ebenfalls Teil der corporate identity war.
Ja gut, in Deutschland haben wir den DB-Keks in alter oder neuer Form, wo hingegen das DR der Reichsbahn eher nicht merk-würdig war. Der DB-Keks ist also auch corporate identity, denn er ist überall zusehen. Aber was nützt das dem Modellbahner? Der erwähnte amerikanische Modellbahner zeigt jedem Besucher sehr eindrücklich, welche der vielen hundert amerikanischen Eisenbahngesellschaften er zum Vorbild gewählt hat. Damit hat seine Anlage schonmal einen soliden Grundstock an Identität.
Was würde es bedeuten, wenn ein deutscher Modellbahner einen riesigen DB-Keks an seiner Anlage befestigt? Genau: nichts.
Da hätten es diejenigen besser, die eine der früheren Privatbahnen als Vorbild gewählt hätten oder wählen würden, ich meine die Privatbahnen, die noch ein eigenes Gleisnetz hatten wie Osthannoversche Eisenbahnen, Hohenzollerische Landesbahnen oder Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn. Wundervolle Bahnsysteme waren das mit markanten eigenen Lokomotiven und Wagen etc.
Aber: die Nachbildung solcher Bahnsysteme scheuen unsere Modellbahner wie ein Vampir das Kamener oder das Hermsdorfer Kreuz. Und verspielen damit eine riesige Chance, zu einer Anlage mit Persönlichkeit und Identität zu kommen.
Zitat von OOK
[...] ich meine die Privatbahnen, die noch ein eigenes Gleisnetz hatten wie [...] Hohenzollerische Landesbahnen[...] Wundervolle Bahnsysteme waren das mit markanten eigenen Lokomotiven und Wagen etc.
Die HzL hatten nicht, die haben. Zum Thema HzL ist in der Alba-Fibel zur Anlagenplanung übrigens ein wirklich sehenswerter Anlagenvorschlag. Der Zeichnung nach zu urteilen entstammt er der Feder von Ivo Cordes'...
Zitat von OOK
Aber: die Nachbildung solcher Bahnsysteme scheuen unsere Modellbahner wie ein Vampir das Kamener oder das Hermsdorfer Kreuz. Und verspielen damit eine riesige Chance, zu einer Anlage mit Persönlichkeit und Identität zu kommen.
Diese Aussage bedeutet, auf ihre Essenz destilliert, dass Identität nur aus einem Bahnlogo entstehen kann. Dem ist aber nicht so, wie ja hier bereits oft genug festgestellt wurde (siehe die zahlreichen "Identitätsstifter"). Klar fällt mit einem HzL-Logo die räumliche Zuordnung leichter. Besonders bis Epoche III gibt es aber noch derart viele andere identitätsstiftende Dinge auf und neben den Gleisen, dass es nicht zwingend 'ne Privatbahn braucht. Ich nehme meine bereits erwähnte BR 85: wer die sieht, sieht in der Regel schwarz(wald). BR 50 ohne Frontschürze: Süddeutschland (nicht immer, aber oft). BR 50.40 (die Franco-Crosti-50er) hingegen waren eigentlich nur in Norddeutschland stationiert.
Um auf die Corporate Identity zu kommen: bei Privatbahnen mit eingeschränktem eigenem Netz und bis Epoche IV ist das Logo natürlich ganz klar ein Identitätsstifter. Aber es existieren auch für die DB und DR in dieser Zeit eine ganze Reihe von Merkmalen, die eine geografische Zuordnung für Kenner ermöglichen. Spätestens mit Epoche V ist aber die Identität durch Privatbahnen weitgehend futsch - die fahren ja jetzt auch überall. Und die DB AG setzt ihre Triebfahrzeuge zwar bundesweit ein, die jeweiligen Typen sind aber in der Regel in nur wenigen, auf die jeweilige Reihe "spezialisierten" Betriebshöfen stationiert - auch da also von Identität (fast) keine Spur...
Privatbahn (Logo und Farbgebung wie auch Fahrzeuge) kann Identität erzeugen. Keine Privatbahn zu bauen heißt aber nicht, bei der Identität nennenswerte Abstriche zu machen. Es sei denn, man fährt "im deutschen Mittelgebirge, Epoche III und IV". Da hat's aber dann andere Ursachen...
Grüße!
B.
Zitat von OOK
Wundervolle Bahnsysteme waren das mit markanten eigenen Lokomotiven und Wagen etc.
Naja, vielleicht liegt es auch daran dass hier quasi Selbstbau des Fuhrparks angesagt ist, wenn man ein solches Vorbild hat. Aber es gibt ja rühmliche Ausnahmen wie zum Beispiel die Windbergbahn!
Hier in Deutschland ist es halt historisch etwas anders gelaufen als in der USA. Was dort die grossen, alten Bahngesellschaften waren bei uns eher die Länderbahnen und die beiden Kriege setzten dem bunten Treiben fast ein Ende. Wie Boscho schon schrieb kann hier die Identitat unter anderem mit regionalen Rollmaterial geschaffen werden.
Ich würde mir dann halt je nach Epoche ein RBD Ludwigshafen bzw. ein BD Mainz Schild an die Anlage nageln. Oder ich könnte das Logo der heutigen Museumsbahn anbringen!
Gruß Hubert
PS: @Boscho: Die 50.40 ist auch in meiner Region lange gelaufen, BW Bingerbrück und BW Oberlahnstein! ( musste jetzt sein! )
Von meiner Warte aus betrachtet kann Oberlahnstein durchaus schon als norddeutsch gelten.
Das mit den Länderbahnen ist übrigens ein gutes Stichwort: das war ja quasi jeweils Privatbahn im großen Stil - und je nach Land waren ja besonders zu Anfang neben der jeweiligen Staatsbahn auch zig Privatbahnen vertreten. Also: wer CI liebt, greift alternativ zur Epoche I. Oder so.
Grüße!
B.
#5 RE: Corporate identity
Hallo Otto,
an meiner Kellertür, dem Eingang in mein Eisenbahnreich, prangt ein Repli(Pla)kat der bekannten Thiedemann- Graphik: "Aus dem Häusermeer an die See- Lübeck-Büchener-Eisenbahn". Warum wohl?
Das von dir gezeigte PRR-Logo stammt, wenn mein Designerherz nicht alles täuscht, von Raimund Loewy, der neben anderen , heute noch bekannten Logos (Shell, BP, Lucky Strike) auch die mächtige elektrische GG1 der PRR designt hat (und vieles andere mehr...)
windbergbahn
#6 Die Steigerung von Corporate identity ist Corporate Culture
Ach ja, noch eines fällt mir soeben wieder besonders auf: Im Zusammenhang mit dem Corporate identity meiner LBE-Anlage ist mein Nick "Windbergbahn" natürlich etwas kontraproduktiv. Wär sicher besser gewesen, ich hätte Jörg Lübeck geheißen. Meine Oma hieß mit Mädchennamen immerhin Büchner. Vielleicht lässt sich da ja noch etwas machen
Spaß beiseite: Die Steigerung von Corporate Identity ist Corporate Culture, also Unternehmenskultur. Mein alter Kunstprofessor Bazon Brock in Wuppertal hatte zu meiner Doktorandenzeit mal Vorlesungszyklen zu dem Thema angeboten. Wenn ich davon noch etwas richtig behalten habe, dann war die LBE wohl eher eine Art "Gesamtkunstwerk", da sich ihr Stil nicht "nur" auf die Symbolik beschränkte, sondern das ganze Unternehmen in seinen späten Jahren eine Einheit darstellte, von der Symbolik (für die der bekannte Graphiker Alfred Mahlau verantwortlich war) über die Form- und Farbgebung inklusive Inneneinrichtung (Lisel Bertsch, Deutsche Werkstätten) bis hin zum Marketing (Preissystem, Sonderfahren, Pressepräsenz etc.)und last not least ein aus den Erfolgen heraus resultierender -nach allem, was man hört- guter Zusammenhalt der Belegschaft. Davon kann die DB trotz wortgewaltiger Sprechblasen nur noch träumen.
windbergbahn
#7 RE: Corporate identity
Beim Betrieb von Eisenbahn-Modellen ist die Corporate Identity auch dadurch zu präsentieren und zu erleben, dass alle "dienstlichen Dokumente", z. B. auch Wagenkarten, Fahrbefehl-Zettel usw. die entsprechende Gestaltung mit Logo, Typografie usw. haben.
Ein Aspekt hierbei ist: egal was man tut, überall wird man an "seine" Bahngesellschaft erinnert: Beschriftung der Loks und Wagen, die Begleitdokumente beim Betrieb, die Stationsnamen mit Beschritung in Original-Typografie, ...
Von den USA-Anlagen habe ich Fotos von original nachgestalteten Dispatcher-Offices gesehen: echte Original-Ausrüstungsgegenstände für Kommunikation, unbequeme alte vorbildgerechte Stühle, Dispatcher in stilgerechten Klamotten. Sogar alte vor der Verschrottung gerettete CTC-Maschinen gibt es, die umgebaut und dann auf der Anlage eingesetzt werden.
Michael
Bei meiner Braunlager-Andreasberger Eisenbahn gibt es auch so etwas wie corporate identity. Das Kürzel BAE oder der volle Name steht an vielen Stellen zu lesen. Was es nicht gibt, ist ein Logo. Hätte ich liebend gern, wäre aber falsch, denn keine der drei Harzer Meterspurbahnen hatte eins. Oder doch?
Guckt mal hier:
Das ist ein Lieferfoto eines schweren Stahlwagens der NWE von der Waggonfabgrik Wismar. Mit einem tollen Logo dran.
Das Problem: außer auf diesem Lieferfoto ist es nie wieder irgendwo zu sehen gewesen. Also war es vermutlich aus Sperrholz und nur für dieses Foto angebracht. Ob ich trotzdem sowas für die BAE schaffe?
Zitat von Pfalzbahn im Beitrag #9
Wo ist das Problem? Wenn es Drei nicht hatten, heißt es noch lange nicht das die Vierte auch keines hatte!
Finde ich auch. OOK hat ja nicht nur die Bahn erfunden, sondern noch diverse andere Gags wie z.B. Speisewagen und ganze Orte. Da kann er doch auch noch eben ein Logo einführen, aber hallo. Findet
Was Otto in seinem Eingangsbeitrag allerdings nicht berücksichtigt
sind die großen Kleinbahn-Konzerne. DEG, SEG, WN, DEBG/SWEG usw. hatten und/oder
haben doch schon immer ihre CI, und die kennt man auch. Da braucht es kein
großes "System" zum Nachbilden, was einen regional ja auch einschränkt,
sondern die CI ist praktisch bei jeder Größe von "Eisenbahn" zu finden.
Gruß
Alex
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