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Was macht ein Fahrdienstleiter?
#1 Was macht ein Fahrdienstleiter?
Hallo Forumer, so richtig hats hier noch keiner gesagt, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass man von einem, der hier als Fdl Triptis auftritt, erwartet, dass er mal den im Nachbarstrang angesprochenen Beschreibungs-Job annimmt.
Also, los gehts. Ich muss betonen, dass ich kein Bahn-Profi bin, und dass alle Aussagen nach bestem Wissen und Gewissen (und aus der Sicht eines alten Modellbahners) formuliert werden. Dabei will ich mich an folgende Vorgaben halten, was den Umfang der Beschreibung etwas verkleinern wird:
- Epoche 3/4, also eher "Fdl Gestern"
Das dürfte eine Zeitperiode sein, die für Modellbahner von großem Interesse ist. Mein wichtigstes Nachschlagewerk ist die FV 72 (DV 408)
- Schwerpunkt mechanische Stellwerkstechnik
Die Bedienung bei "moderneren" Stellwerken ist i. d. R. einfacher, weil die Technik dem Fdl einen Teil seiner Tätigkeiten erleichtert; aber im Prinzip sind die Vorgänge vergleichbar.
- Regulärer Betrieb ohne Betriebsstörungen
Der Job des Fdl wird zwar erst bei Störungen so richtig spannend, aber wer möchte schon bei seiner Anlage den Schwerpunkt Störungen darstellen? Außerdem spare ich mir damit eine Menge Schreibarbeit.
- Nur ein Fdl in einem Bahnhof
Das heißt, ich beziehe mich auf eher kleine Bahnhöfe mit maximal drei Stellwerken.
Hier kommen erstmal einige wichtige Begriffe aus dem damaligen Umfeld des Fdl:
Zugleitung (nicht zu verwechseln mit dem Zugleiter im Zugleitbetrieb): Diese Stelle ist der Direktion unterstellt, sie ist verantwortlich für die Fahrpläne und legt beispielsweise Sonderfahrten ein. Eine Etage höher sitzt noch die Oberzugleitung, die für den Gesamtbereich der Direktion zuständig ist.
Vorsteher: Das ist der Vorgesetzte des Fdl, der hat die Bahnhofs-Fahrordnung erstellt und bestimmt auch sonst das Geschehen im Bahnhof.
Aufsicht: Er ist für die Vorgänge und die Sicherheit am Zuge verantwortlich, er stellt die Abfahrbereitschaft fest und gibt den Abfahrauftrag (wenn die Zustimmung des Fdl vorliegt). Er ist erkennbar an der roten Mütze. Der Fdl (aber auch der Zugführer) kann die Aufgaben der Aufsicht übernehmen.
Weichenwärter: Arbeitet im Stellwerk nach Anweisungen des Fdl. Im Wärterstellwerk darf er den Streckenblock bedienen und die Signale ziehen. Es gibt auch noch Schrankenwärter, Blockwärter.
Rangierleiter: Verantwortlich für die Abwicklung von Rangierfahrten. Kommuniziert mit dem Stellwerk, ggfs mit dem Fdl (wenn gleichzeitig Zugfahrten laufen).
Zugmeldestellen: Betriebsstellen, die - wie der Name schon sagt - Zugmeldungen abgeben können, und die die Reihenfolge der Züge regeln. Die sind normalerweis mit einem Fdl besetzt. Besetzte Bahnhöfe und Abzweigstellen sind immer Zugmeldestellen.
Zugfolgestellen: Die "regeln die Folge der Züge", so steht es in der Vorschrift. Die Reihenfolge können sie nicht ändern. Die Folge ist also der zeitliche Ablauf. Eine Zugfolgestelle ist beispielsweise eine Blockstelle, die einen Zug nur in einen Blockabschnitt einfahren lässt, wenn derselbe freigemeldet ist.
Befehlsstelle: Ein kleines Stellwerk im EG oder auf dem Hausbahnsteig ohne Hebel, das hat nur Befehlsabgabefelder. Hier arbeitet der Fdl meistens auch in Personalunion als Aufsichtsbeamter. Im Bahnhof gibt es dann meistens noch zwei Wärterstellwerke an beiden Bahnhofsköpfen.
Befehlsstellwerk oder Fahrdienstleiterstellwerk: Arbeitsplatz des Fdl in Bahnhöfen mit typischerweise zwei Stellwerken. Hier gibt es neben dem Streckenblock Befehlsabgabefelder und Zustimmungs-Empfangsfelder. Bei Stellwerken mit vielen Hebeln kann hier auch noch ein Weichenwärter unterstützend tätig sein.
Wärterstellwerk: Stellwerk ohne Fdl; wird vom Weichenwärter bedient. Hier gibt es Streckenblock, Befehlsempfangsfelder und Zustimmungsabgabefelder.
Anmerkung: Die Begriffe stehen so in der FV aus dem Jahr 1972, danach sieht es so aus, als wären die Funktionen immer mit männlichen Personen besetzt. Wir wissen mittlerweile, dass das überholt ist. Der Einfachheit halber bleibe ich aber dabei und bitte um Nachsicht
Fortsetzung folgt.
Mit Hp1 Gruß - Helmut
#2 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Danke - und Vor- auf Weiteres!
Ich erlaub mir die Anmerkung, dass hier deutsche Begriffe verwendet werden, die natürlich nicht überall gültig sind. Da ich allerdings auch nur reinster Hobby-Eisenbahnfan bin, trau ich mich nur mit Vorbehalten, österreichische Begriffe und Gegebenheiten zu ergänzen:
Die Zugleitung heißt in Österreich Transportleitung, sowas gibt es aber noch nicht so lange wie in D (dort seit den 1930ern, Oberzugleitungen erst im Krieg?; in A m.W. seit den 1970ern, zuerst auf der Tauernbahn). In A haben die entsprechenden Aufgaben teils benannte Befehlsbahnhöfe gehabt, teils Stellen in den 4 Direktionen.
Das Konzept der "Aufsicht" gibt es in A nicht: Der Fdl mit der roten Kappe hatte auch den Abfahrbefehl (aber z.B. auch das Signal für die Vorbeifahrt an einem ungältigen Hauptsignal) zu geben - die rote Kappe war insofern Teil des Signals (und so auch in der V2 dargestellt). Auf sehr großen Bahnhöfen gab es "Außenfahrdienstleiter" - aber damit verlassen wir Helmuts Rahmen mit nur einem Fdl.
Wie Analoges in der Schweiz und anderen deutschsprachigen Ländern oder Landesteilen geregelt war, davon habe ich leider keine Ahnung (mit Ausnahme von Liechtenstein, wo seit jeher die Österreicher die Eisenbahn betreiben).
H.M.
#3 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Nun zum Aufgabengebiet des Fdl: Laut Fahrdienstvorschrift regelt er in eigener Verantwortung die Durchführung der Zug- und Kleinwagenfahrten. Dazu bedient er sich der fahrdienstlichen Verständigung, nämlich hauptsächlich in Form von Zugmeldungen und sonstigen fahrdienstlichen Aufträgen, zB Befehlen zur Stellwerksbedienung. Diese Verständigung geschieht mündlich (auch per Telefon, Funk oder Lautsprecher), durch Signale oder (bis Epoche 3) per Morsetelegraph. Die Aufträge oder Meldungen sind - wenn möglich - wörtlich zu wiederholen und zu bestätigen und dürfen erst befolgt werden, wenn sie zweifelsfrei verstanden worden sind. Außerdem sind sie schriftlich zu dokumentieren, für Zugmeldungen gibt es zB das Zugmeldebuch.
Übrigens: Meine Informationen stammen hauptsächlich aus dem DB/DR Bereich; wie Harald in #2 schon festgestellt hat, können die Regeln und die Begriffe in Österreich und in der Schweiz durchaus etwas abweichen.
Ein wichtiges Prinzip im Betrieb ist das Fahren im Raumabstand; Züge dürfen nur im Abstand der Zugfolgestellen aufeinander folgen. Zur Durchsetzung diese Prinzips gibt es verschiedene Zugmeldeverfahren, das sind genau zu befolgende Rituale zur Regelung und Sicherung der Zugfolge:
- Anbieten und Annehmen
- Abmelden
- Rückmelden
- Abläuten
1. Anbieten und Annehmen
Dieses Verfahren wird hauptsächlich auf eingleisigen Strecken angewendet, und zwar immer zwischen zwei Zugmeldestellen; das geht im einfachen Fall so:
Fdl Adorf: Wählt Fdl Bstadt an, Fdl Bstadt meldet sich.
Fdl Bstadt: Hier Bahnhof Bstadt, Fahrdienst, Schulze
Fdl Adorf: Hier Bahnhof Adorf, Fahrdienst, Müller - Zugmeldung! - Wird Zug 4711 angenommen?
Fdl Bstadt: Zug 4711 ja! (oder: Zug 4711 nein, warten!)
Fdl Adorf: Ich wiederhole: Zug 4711 ja!
Fdl Bstadt: Richtig!
Wenn es einen Streckenblock gibt, dann hat Fdl Bstadt schon sein Erlaubnisfeld geblockt, so dass Fdl Adorf die Erlaubnis hat. Er wird nach der Ausfahrt das Anfangsfeld blocken (=vorblocken). Nach der Annahme der Fahrt durch Fdl Bstadt gilt der Streckenabschnitt als besetzt, er darf erst wieder als frei angenommen werden, wenn entweder von der nächsten Zugfolgestelle rückgeblockt oder (falls es keinen Streckenblock gibt) rückgemeldet wurde.
2. Abmelden
Abgemeldet wird vorwiegend auf zweigleisigen Strecken; die Block- und Schrankenwärter hören mit. Auf eingleisigen Strecken wird nur dann (zusätzlich) abgemeldet, wenn auf der Strecke Streckenposten mithören sollen. Ein Zug darf schon bis 5 min vor seiner Abfahrtzeit abgemeldet werden, dann enthält die Meldung das Wort "voraussichtlich":
Fdl Adorf: Wählt Fdl Bstadt an, Fdl Bstadt meldet sich.
Fdl Bstadt: Hier Bahnhof Bstadt, Fahrdienst, Schulze
Fdl Adorf: Hier Bahnhof Adorf, Fahrdienst, Müller - Zugmeldung! Zug 4712 ab 33! (das sind die Minuten der Abfahrtzeit)
Fdl Bstadt: Ich wiederhole: Zug 4712 ab 33.
Fdl Adorf: Richtig!
Wenn es einen Streckenblock gibt, dann wird Fdl Adorf nach der Ausfahrt das Anfangsfeld blocken (=vorblocken). Bis zu Rückblockung oder ggfs Rückmeldung gilt der Streckenabschnitt als besetzt.
3. Rückmelden
Das Rückmelden geschieht im Unterschied zu den vorherigen Verfahren von Zugfolgestelle zu Zugfolgestelle. Es wird angewendet, wenn kein Streckenblock vorhanden ist oder wenn der Streckenblock oder ein Signal auf dem Fahrweg gestört ist. Ein Zug wird zurückgemeldet, wenn er die meldende Betriebsstelle passiert hat und das Schlusssignal sicher erkannt wurde:
Wärter CBlock wählt Fdl Adorf an (von Adorf wurde vorher ein Zug abgemeldet oder angeboten und angenommen)
Fdl Adorf: Hier Bahnhof Adorf, Fahrdienst, Müller
Wärter CBlock: Hier Blockstelle CBlock, Meyer - Zugmeldung! Zug 4713 in CBlock!
Fdl Adorf: Ich wiederhole: Zug 4713 in CBlock.
Wärter CBlock: Richtig!
Nach dem Rückmelden gilt der Blockabschnitt zwischen Adorf und CBlock als frei, der Fdl Adorf könnte jetzt den nächsten Zug loslassen.
4. Abläuten
Das Abläuten gab es auf Hauptbahnen in Deutschland noch bis in die 50er Jahre, ich habe das BimBam-BimBam noch im Ohr. Es wird zusätzlich zu den anderen Verfahren eingesetzt und dient hauptsächlich zur Information der Schrankenwärter. Für Dienststellen mit Morsetelegraph ist es ganz praktisch, denn der Fdl wird jetzt nachschauen, ob nicht auch eine Zugmeldung aus dem Gerät rattert. Im Signalbuch SB 59 (DV 301) finden wir im Abschnitt XIV die Beschreibung:
Lt 1: Ein Zug fährt in der Richtung von A nach B - Einmal eine bestimmte Anzahl von Glockenschlägen
Lt 2: Ein Zug fährt in der Richtung von B nach A - Zweimal dieselbe Anzahl von Glockenschlägen wie bei Lt1
Lt 3: Alle Züge anhalten, es droht Gefahr - Sechsmal dieselbe Anzahl von Glockenschlägen wie bei Lt1
In meinem "Heimatbahnhof" Neustadt (Orla) war festgelegt: Fünfmal BimBam: Richtung Saalfeld; Zweimal fünfmal BimBam: Richtung Gera. Beim Schrankenwärter stand eine "Läutebude", die war so laut, dass man die Schläge noch in fast 1 km Entfernung hören konnte. Im Empfangsgebäude beim Fdl gab es ein kleines Läutewerk, das so ähnlich geklungen hat wie ein Kinder-Glockenspiel.
Die Läutesignale werden vom Fdl vor der Abfahrt und ggfs nach Annahme des Zuges gegeben.
Übrigens: In den FVs vor 1972 gab es noch einen Passus (§18), dass Strecken vom Zugmeldeverfahren befreit werden konnten, wenn kein Zug schneller war als 15 km/h!
Im nächsten Beitrag möchte ich den Fdl in einigen typischen Arbeitsumgebungen beobachten: Fortsetzung folgt.
Mit Hp1 Gruß - Helmut
Edit: Kleine Ergänzung in Absatz 2
#4 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
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Für die Arbeit des Fdl gibt es viele Szenarien; ich habe vier davon ausgewählt, die ich für typisch halte und über die ich einige Informationen habe. In diesem Beitrag kommt die erste Situation:
1. Bahnhof Auma im Original um 1985
Das ist m.E. der einfachste Fall:
Fall_1.jpg
Der Bahnhof an der eingleisigen Nebenstrecke (Triptis - Lobenstein) hat nur Einfahrsignale, am EG angebaut ist ein kleines Stellwerk mit direktem Zugang zu den beiden Bahnsteigkanten. Auf Strecken mit Bahnhöfen ohne Ausfahrsignal darf nicht schneller als 60 km/h gefahren werden.
Auma_Stw.jpg
Der Blick ins Stellwerk zeigt die beiden Signalhebel, daneben und im Hintergrund sind zwei Blockaufsätze mit insgesamt neun zum großen Teil leeren Plätzen für Blockfelder zu sehen. Lediglich zwei davon sind belegt, wahrscheinlich mit Fahrstraßen-Festlegefeldern; an den Fahrstraßenhebeln ist zu erkennen, dass die vier Einfahr-Fahrstraßen signalabhängig sind. Ein Streckenblock ist nicht vorhanden.
Was bedeutet das für den Fdl? Die Zugmeldungen werden per Anbieten/Annehmen plus Rückmelden abgewickelt.
Au_Bf.jpg
Der Fdl dürfte (wie auf dem Bild) gleichzeitig Aufsichtsbeamter sein, außerdem bedient er auch die Bahnschranke, die sich auf dem Bahnhofsbereich Richtung Triptis befindet:
Fdl_Auma.jpg
Möglicherweise kontrolliert er auch die Fahrkarten an der Bahnsteigsperre, er hat also einen ziemlich umfangreichen Verantwortungsbereich, das gleicht sich durch die geringe Anzahl Zugbewegungen aus, im Kursbuch 1985 finden sich sechs Reisezugpaare, dazu kommen noch einige Güterzüge (Kohle zum Kraftwerk und Holzabfuhr aus dem Hinterland).
Bei Einfahrten geht es so, zB aus Richtung Triptis: Der Fdl Triptis hat einen Zug angeboten, Fdl Auma hat ihn angenommen. Er weiß jetzt, dass der Zug gleich unterwegs sein wird, deshalb bereitet er die Einfahrt vor, stellt die Weichen, bedient den Fahrstraßenhebel, legt die Fahrstraße fest. Außerdem wird er die Bahnschranke am linken Bahnhofskopf schließen, obwohl das nicht zur Aufgabe eines Fdl gehört, siehe Bild. Dann zieht er das Signal.
Nach der Einfahrt (der Zug fährt bis an die Halt-Tafel) stellt er den Fahrweg nebst ESig zurück, meldet die Ankunft des Zuges nach Triptis zurück und öffnet schließlich die Bahnschranke.
Während des Fahrgastwechsels bereitet er die Ausfahrt vor, diesmal ohne Fahrstraßenhebel, denn der Bahnhof hat keine Ausfahrsignale, somit auch keine Signalabhängigkeit. Die Sicherung des Fahrwegs liegt also voll in der Verantwortung des Fdl, es gibt keine technischen Hilfen. Er hat natürlich darauf geachtet, dass der vorangegangene Zug von der nächsten Zugfolgestelle (das ist in diesem Fall der Bahnhof Krölpa) zurückgemeldet wurde und dass kein Zug aus dieser Richtung angenommen wurde. Damit ist sichergestellt, dass die Strecke frei ist. Im Zweifelsfall muss er das Zugmeldebuch checken.
Jetzt, kurz vor der Abfahrtzeit, muss er den Zug zur nächsten Zugmeldestelle (Bahnhof Krölpa) anbieten. Im Normalfall wird der Zug dort angenommen, so dass die Fahrt fortgesetzt werden kann.
Wenn die Abfahrtzeit sich nähert, geht er ans Fensterbrett, da liegt seine rote Aufsichts-Mütze und die Zp9-Kelle. Ausgestattet mit diesen Dienstmerkmalen lässt er sich auf dem Bahnsteig vom Zugführer die Abfahrbereitschaft des Zuges bestätigen (zB durch ein Handzeichen). Zur Abfahrtzeit hebt er die Kelle in Richtung Lok und pfeift kurz: Zp9! Abfahrt!
Die Auflösung des Ausfahr-Fahrwegs birgt eine besondere Gefahr: Der Fdl muss vor dem Rückstellen der Weichen absolut sicher sein, dass der Zugschluss die letzte Weiche passiert hat! Besondere Vorgehensweisen für diesen Fall habe ich nicht gefunden; eine Möglichkeit wäre, dass der Fdl die Rückmeldung aus Krölpa abwarten muss, bevor er den Fahrweg zurückstellt.
Die Arbeit des Fdl im Zusammenhang mit dieser Zugfahrt ist beendet, wenn die Rückmeldung aus Krölpa eingetroffen und dokumentiert ist und wenn alle Fahrwegelemente wieder in Grundstellung sind.
Soweit meine Beschreibung des ersten Szenarios, demnächst kommt als Fall 2 der gleiche Bahnhof, aber mit Ausfahrsignalen und Streckenblock. - Fortsetzung folgt.
Mit Hp1-Gruß - Helmut
#6 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
2. Bahnhof Auma im Modell (Triptis I und Triptis II)
Fall_2.jpg
Da ich seit frühester Jugend die große Bahn mit vielen Signalen kennengelernt hatte, und weil ich mir zur Planung von Triptis I die Signal-Bücher von Stefan Carstens angeschafft hatte, kam für mich nur ein Bahnhof Auma mit Ausfahrsignalen in Frage. Dass die Möglichkeit nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, sieht man auch am zweiten Bild in #4, für den Bahnhofsblock sind ausreichend Plätze für die sechs zusätzlich notwendigen Blockfelder vorhanden.
AumaEG_img.jpg
Auf dem Bild (Anlage Triptis I) sieht man den Aufsichtsbeamten, der auch hier in Personalunion mit dem Fdl arbeitet. Hier wird das Rückmelden durch das Rückblocken ersetzt, dafür muss der Fdl höchstpersönlich den Streckenblock bedienen, der Vorgang bei einer Einfahrt geht so:
Er bekommt (wie im Fall 1) eine Zugmeldung zB aus Triptis und nimmt den Zug an. Nun muss er beachten, dass der Fdl Triptis die Erlaubnis benötigt, um seine Fahrstraße festzulegen und das ASig zu ziehen. Spätetens jetzt wird er (der Fdl Auma) also sein Erlaubnisfeld blocken, damit wandert die Erlaubnis nach Triptis. Daraufhin beobachtet er, dass das Endfeld aus Triptis ratternd die Farbe wechselt: der Fdl in Triptis hat vorgeblockt, der Zug ist also auf der Strecke. Jetzt muss er die Einfahrt vorbereiten. Er entscheidet sich für eine Einfahrstraße, zB gemäß Bahnhofsbuch und schaut nach, ob der Fahrweg wirklich frei ist. Dann stellt er alle notwendigen Weichen und Riegel und überprüft ggfs, ob allfällige Weichenschlüssel an ihrem Platz sind. Wenn der Fahrstraßenhebel sich umlegen lässt, dann ist der Fahrweg richtig gestellt. Dann blockt er das Fahrstraßenfestlegefeld (das geht ohne Kurbel, weil es ein Gleichstromfeld ist). Damit ist der Fahrstraßenhebel blockiert, er lässt sich erst wieder zurückstellen, wenn der Zug im Bahnsteiggleis die Zugeinwirklung ausgelöst hat. Jetzt erst kann er das Einfahrsignal ziehen. Der Zug fährt an den Bahnsteig, er hält am ASig, oder an der H-Tafel (falls das ASig nicht am Bahnsteigende steht). Das Festlegefeld ist mittlerweile entblockt, das hat die letzte Achse der Zugeinwirkung ausgelöst, siehe hier. Jetzt kann der Fdl das ESig zurückstellen, die Fahrtraße auflösen und die Hebel in Grundstellung bringen. Und natürlich: Rückblocken nach Triptis, damit ist die Strecke wieder frei gemeldet.
Das nächste Bild zeigt das Stellwerk Auma, wie ich es in der Anlage Triptis I realisiert habe:
StwAuma.jpg
Der Streckenblock ist auf zwei Blockaufsätze mit Fahrstraßenhebeln entsprechend der Fahrtrichtung aufgeteilt, an den Blockaufsatz schließen sich an beiden Enden die Signalhebel an, alle weiteren Hebel liegen im mittleren Teil. Allerdings fehlen in diesem Stellwerk zwei wichtige Blockfelder: Die Fahrtraßenfestlegefelder. Auf die habe ich damals verzichtet, weil mir die Realisierung der Zugeinwirkungs-Funktionen zu aufwendig vorkam. Neben den Blockfeldern sieht man die (funktionsfähigen) Signalmelder für die ESigs, die sind notwendig, weil der Fdl diese Signale (auch im Modell!) nicht im Blickfeld hat.
Doch zurück zur Tätigkeit des Fdl: Während des Fahrgastwechsels wird der Fdl auch in dieser Version die Ausfahrt vorbereiten, nur tut er es jetzt unter Einbezug des Streckenblocks. Zunächst wird er den Zug zum nächsten Bahnhof Krölpa anbieten (im Modell war das der Schattenbahnhof Moßbach mit dem Fdl Unterwelt). Spätestens jetzt bekommt er auch die Erlaubnis aus Krölpa. Nachdem er den Fahrweg auf Freisein gecheckt hat, legt er die passenden Hebel um, zuletzt den Fahrstraßenhebel; dann legt er die Fahrstraße fest und zieht das ASig. Das ist noch kein Abfahrauftrag, sondern nur die Zustimmung des Fdl zur Abfahrt. Den Abfahrauftrag wird die Aufsicht erteilen, wenn der Zugführer die Abfahrbereitschaft des Zuges bestätigt haben wird. Jetzt wechselt der Fdl seine Rolle, er übernimmt den Job der Aufsicht und begibt sich auf den Bahnsteig zum Zug, wo er seines Amtes walten wird. Nach der Ausfahrt des Zuges stellt er (zurück in der Rolle des Fdl) das Signal zurück und blockt vor, indem er das Anfangsfeld nach Krölpa blockt.
Die Auflösung der Fahrstraße geschieht hier früher und mit einem höheren Sicherheitslevel, weil das Fahrstraßenfestlegefeld genau dann entblockt wird, wenn die letzte Achse des Zuges die Zugeinwirkung (hinter dem Ende der letzten Weiche) passiert hat. Der letzte Vorgang im Zusammenhang mit dieser Zugfahrt ist die Rückblockung aus Krölpa, wenn das Anfangsfeld seine Farbe wieder auf weiß rattert.
Soweit zu Fall 2, im nächsten Beitrag kommt eine typische Konfiguration zu einem Bahnhof mit zwei Stellwerken an einer zweigleisigen Strecke. Fortsetzung folgt.
Mit Hp1-Gruß und schönen Rest-Sonntag an einem kühlen Plätzchen - Helmut
Edit: Rückblocken nach Triptis eingefügt, das darf nicht fehlen, sonst stockt der Betrieb!
Hi Helmut,
besonderen Dank für Deine schönen und so unterschiedlichen Illustrationen: Vorbild, Modell, 'ne Skizze - eine feine Ergänzung zum Text! Und das Wort Fahrstraßenfestlegefeld ist ja wohl wunderbar: es haut jeden Lesbarkeitsindex zu Klump.
Dann mal viel Freude am schattigen Plätzchen,
Reiner
an Helmut für die Darstellungen. Ich erlaube mir ein paar Ergänzungen.
Zum ersten habe ich die Gleispläne ein wenig näher an realen Gegebenheiten gezeichnet - ohne symmetrische Verzweigungen, und die Signale alle rechts von Gleis:
Fall 1:
Fall 2:
Die Signale sind hier noch immer abstrahiert dargestellt - insbesondere im zweiten Fall wären in Deutschland niemals, aber auch in anderen europäischen Ländern kaum einflügelige Signale aufgestellt worden. Die Signalsymbole kennzeichnen daher nur die Stellen, wo ein Signal aufgestellt wurde; welche Signale (Anzahl der Flügel, Bedeutung), ist eine historisch und je nach Land sehr interessante Frage ... (ich plane seit einem Jahr, die Dutzenden(!) Möglichkeiten dafür einmal systematisch aufzuschreiben; wird hoffentlich noch heuer was).
Zum Thema Streckenblockung und Bahnhofsblockung: In Deutschland (auch der Schweiz, m.W. den Niederlanden, Belgien u.a.) hat sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Idee durchgesetzt, dass diese beiden Blockeinrichtungen voneinander zu trennen sind - der Vorteil davon ist, dass der Ausfall eines Systems das jeweils andere nicht behindert. In Österreich hat man die gegenteilige Entscheidung getroffen: Die beiden Systeme sind eng miteinander gekoppelt. Daher gibt es auf abhängigen Stellwerken keine Streckenblockfelder; das Rückblocken erfolgt z.B. einfach durch das Blocken des Befehlsempfangsfeldes für die Einfahrt, in dessen Stromkreis daher einerseits das Befehlsabgabefeld der Fahrdienstleitung und andererseits auch das Anfangsfeld der zurückliegenden Zugfolgestelle eingeschleift sind. Die Details erkläre ich gerne irgendwann anders - insbesondere bei Störungen verhalten sich die beiden Konzepte natürlich sehr unterschiedlich.
In Deutschland waren relativ bald die meisten Hauptbahnen mit Streckenblock versehen. In anderen Ländern, z.B. der ganzen k.u.k. Monarchie, war das anders: Dort gab es bis in die jüngste Zeit (noch nach 2000) Hauptbahnen ohne Streckenblockeinrichtungen. Ausfahrsignale waren dort vorhanden, Geschwindigkeiten bis 100 km/h wurden regelmäßig gefahren, gegen die Spitze befahrene Weichen waren natürlich geriegelt (wenn mechanisch angetrieben).
Zu
Zitat
Während des Fahrgastwechsels bereitet er die Ausfahrt vor, diesmal ohne Fahrstraßenhebel
Nach meinem Verständnis ist in diesem Fall der Fahrstraßenhebel (oder, bei Siemens-Stw., -knebel) umzulegen und dadurch die Fahrstraße zumindest zu verschließen.
Zur Frage
Zitat
Die Auflösung des Ausfahr-Fahrwegs birgt eine besondere Gefahr: Der Fdl muss vor dem Rückstellen der Weichen absolut sicher sein, dass der Zugschluss die letzte Weiche passiert hat! Besondere Vorgehensweisen für diesen Fall habe ich nicht gefunden; eine Möglichkeit wäre, dass der Fdl die Rückmeldung aus Krölpa abwarten muss, bevor er den Fahrweg zurückstellt.
Der Fahrdienstleiter muss "einfach sehen", dass das Zugschlusssignal markante Punkte - z.B. das Weichensignal der Spitzenweiche - passiert hat. Wenn er sich nicht sicher ist (bei heftigem Regen, Schneesturm, ...), dass muss er das Gleis abgehen. Bei Mittelstellwerken gab's wegen der schlechten Sicht auf die Weichenbereiche immer wieder Unfälle, allerdings vor allem mit nicht grenzfrei stehenden Fahrzeugen.
Zu
Zitat
Dann blockt er das Fahrstraßenfestlegefeld (das geht ohne Kurbel, weil es ein Gleichstromfeld ist)
Das ist der Regelfall bei Einheitsstellwerken und ihren Vorgängern von Jüdel und Bruchsal nach preußischen Richtlinien. In Österreich hingegen, aber m.W. tw. auch in Sachsen und bei besonderen - komplizierten - Gleisplänen auch sonstwo, ist das Fahrstraßenfestlegefeld ein normales Wechselstromfeld, das mit einem Fahrstraßenauflösefeld korrespondiert und über dieses vom Fdl manuell entblockt wird. Die Zugmitwirkung entfällt in diesem Fall manchmal, häufiger (in Österreich ist das Regelfall) wirkt sie über ein eigenes Wechselstrom-Gleichstromfeld auf das Befehlsempfangsfeld, das nur nach Freifahren einer Isolierschiene durch den Zug geblockt werden kann.
H.M.
Bzgl des Zugschlusssignals.
Grundsätzlich hat aber auch jede Betriebsstelle der Bahn und sei es nur eine simple Blockstelle fest definierte Punkte an der ein Signal erst auf Hp0 gestellt werden darf ( SiZu) und die Fahrstraße aufgelöst werden darf ( FaZu).
Beides kann nun ein markanter Punkt sein, speziell bei der SiZu. Dafür muss der Fdl ja den Zugschluss sehen können um das Signal auf Halt stellen zu können. Aber bzgl der FaZu muss der zu befahrende Weichenbereich vollständig frei sein bevor ich überhaupt da was auflösen darf.
Im Umkehrschluss ist es also schön und gut wenn ich als Fdl, um auf dem Ausgang "Markanter Punkt" zurzu kommen, da alles ablaufen kann. Es nützt mir aber nichts wenn es um den Rückblock geht. Heißt der nächste Zug in meine Richtung MUSS entsprechende Befehle vom Nachbarfdl bekommen die bis zum Esig von mir gelten. Ab dann bin ich für meine Maßnahmen zuständig die ich zu treffen habe.
Aber das nur als kurzer Einschub ohne in die Tiefe zu gehen
#10 Was macht ein Fahrdienstleiter?
3. Bahnhof Triptis im Modell (Triptis I)
Fall_3.jpg
Das ist nach meiner Meinung eine häufig vorkommende Konfiguration in der deutschen Bahnhofslandschaft: Wenn die Stellentfernungen für ein Mittelstellwerk zu lang werden, dann baut man je ein Stellwerk an beide Bahnhofsköpfe. Wobei das mit der größeren Anzahl Hauptsignale als Arbeitsplatz des Fahrdienstleiters ausgerüstet wird. Das ist dann das Befehlsstellwerk (oder Fahrdienstleiterstellwerk), oft erkennbar am "f" als drittem Buchstaben des Stellwerksnamens. Der zweite Buchstabe könnte zB die Himmelsrichtung bezeichnen, in Triptis I gab es Twf und To. Bei der DDR-DR erhielten neu gebaute Stellwerke Bezeichnungen ohne Bahnhofsbezug wie W1 für Wärterstellwerk oder B2 für Befehlsstellwerk.
Für die Arbeit des Fdl gehe ich mal von einer zweigleisigen Hauptstrecke aus (auch wenn in der Skizze nur eine Linie für die Strecke steht). Im Unterschied zu den vorangegangenen Beispielen ist der Arbeitsplatz des Fdl fest in seinem Stellwerk, das bedeutet, dass der Bahnhof eine andere Person als Aufsicht haben muss. Wenn das Stellwerk besonders viele Hebel und Blockfunktionen hat, dann kann zur flotteren Betriebsabwicklung noch ein Wärter unterstützend mitwirken. Die Stellwerke sind mit Streckenblock ausgerüstet, wobei die Blockfelder entsprechend den Strecken-Richtungen auf beide Stellwerke aufgeteilt sind. Zur Kommunikation zwischen den beiden Stellwerken gibt es noch den Bahnhofsblock, normalerweise sind die zugehörigen Blockfelder getrennt vom Streckenblock angeordnet.
Wenn das Hauptsignal einer gewünschten Zugstraße im Wärterstellwerk bedient wird, dann beauftragt der Fdl den Wärter über eine Paarung Befehlsfelder mit dem Stellbefehl. Dabei hat der Fdl für jede zusammengehörige Gruppe von Zugstraßen (zB für alle Ausfahrten in eine Richtung) nur ein Befehlsabgabefeld. Die Unterscheidung der Einzelfahrstraßen geschieht über die Fahrstraßenhebel des Fdl; beim Wärter sind diese Pfade in getrennte Befehlsempfangsfelder aufgeteilt. Hier ein Beispiel für eine Einfahrt aus Richtung Niederpöllnitz, Stellwerk To:
TpI_LagPl_korr.jpg
Der Fdl bekommt eine Zugmeldung aus dieser Richtung, diesmal ist es eine Abmeldung (weil die Strecke zweigleisig ist). Vielleicht ist auch noch das Abläuten aktiv (frühe Epoche 3), dann macht es hörbar mehrmals BimBam. Wenn der Zug in Niederpöllnitz abgefahren ist und der dortige Fdl das Ausfahrsignal zurückgestellt hat, wird er vorblocken. Der Wärter in To sieht (und hört) das an seinem Endfeld, das die Farbe auf rot wechselt.
Stw_Twf_086.jpg
Der Fdl in Twf erfährt das (zB über ein Spiegelfeld des Endfelds) und wählt eine Einfahrstraße (zB a4) aus und bedient erforderlichenfalls alle Hebel, die möglicherweise auch im Stellwerk Twf zu der Fahrstraße gehören. Das betrifft zB die Weiche 19 und das Sperrsignal 4II. Dann legt er den Fahrstraßenhebel a4 um und blockt das Befehlsabgabefeld (zB a1/a3/a4/a5), das seine Farbe von rot auf weiß wechselt. Im Stw To rattert das Befehlsempfangsfeld a4, das wird dadurch entblockt und wird ebenfalls weiß. Der Wärter legt nun alle zugehörigen Hebel um, zuletzt den Fahrstraßenhebel a4. Jetzt blockt er das zugeordnete Fahrstraßenfestlegefeld (das in meinem Modell leider fehlt ), und kann darauf hin das Signal A auf Hp2 ziehen. Nach der Einfahrt blockt der Wärter das Endfeld (beim Vorbild kann er das erst tun, wenn die Streckentastensperre über dem Endfeld die Blocktaste freigegen hat). Der Zug hat mittlerweile das Fahrstraßenfestlegefeld entblockt, so dass der Wärter die Fahrstraße a4 rückabwickeln kann, zuletzt blockt er das Befehlsempfangsfeld. Das sieht der Fdl und kann jetzt seinen Teil der Fahrstraße zurücknehmen. PUH! Ganz schön kompliziert. Meine Mitspieler bei Triptis I sind damals ganz schön ins Schwitzen gekommen, hat aber Spaß gemacht!
Auf den folgenden Bildern zeige ich, wie ich die Stellwerke in Triptis I nachgebildet habe. Die Blockaufsätze mit den Fahrstraßenhebeln sind etwas größer dargestellt, die Links darunter zeigen jeweils das ganze Stellwerk. Die fotografierte Situation zeigt eine Einfahrt von Niederpöllnitz nach Gleis 5 über Fahrstraße a5.
Blockf_Twf.jpg
Stellwerk Twf
Blockf_To.jpg
Stellwerk To
Das mechanische Verschlussregister mit seinen Hebelsperren konnte ich nicht nachbilden, deshalb habe ich in allen drei Stellwerken eine elektronische Überwachungslogik realisiert: Bei jeder Fehlbedienung ging erstmal die große rote Alarmleuchte für fünf Sekunden an, wenn dabei die Fehlbedienung nicht zurückgenommen wurde, dann ertönte eine nicht zu überhörende Warntröööte, das hat den Stress nicht gerade verringert! Die Farb-Anzeige in den Blockfeldern musste ich damals durch rot-gelbe LEDs darstellen, weiße LEDs gab es damals noch nicht.
Bei Ausfahrten in Richtung Niederpöllnitz lief es entsprechend ab. Der Fdl gab den Befehl, diesmal über das Blockfeld p, der Wärter reagierte entsprechend. Die Zugeinwirkung zur Auflösung der Ausfahrstraße befand sich (beim Vorbild!) im Ausfahrgleis hinter der letzten Weiche.
Wenn das Hauptsignal im Befehlsstellwerk bedient wird, dann läuft der Vorgang etwas anders ab, dann spielen die Zustimmungsfelder eine Rolle. Die funktionieren so ähnlich wie die Befehlsfelder, nur in der anderen Richtung. Der Wärter bedient seinen Teil der herzustellenden Fahrstraße samt Fahrstraßenhebel und blockt dann sein Zustimmungs-Abgabefeld. Der Fdl kann seinen Fahrstraßenhebel (einer zustimmungspflichtigen Fahrstraße) erst umlegen, wenn sein Zustimmungs-Empfangsfeld entblockt, also weiß ist. Genau wie die Befehlsfelder sind auch die Zustimmungsfelder rückgabepflichtig, der Fdl muss also nach Abwicklung der Fahrt sein Zustimmumgsfeld wieder blocken, damit der Wärter seinen Teil der Fahrstraße zurückstellen kann.
Die Zugmeldungen haben wir telefonisch abgewickelt; nachdem uns ein "echter" Fahrdienstleiter die korrekten Rituale eingetrichtert hatte, lief alles nach Vorschrift ab. Im Elektronik-Markt (Internet gab es damals noch nicht) hatte ich einen Bausatz für eine kleine Telefonanlage gefunden, daran ließen sich die alten Impulswahl-Telefone mit Wählscheibe erfolgreich betreiben. Unsere Frauen haben sich ganz schön darüber mokiert, dass erwachsene Männer ziemlich formale Telefongespräche über eine Distanz von paar Metern abwickelten!
Bei dieser Stellwerkskonfiguration zeigt sich, dass die Funktion der Aufsicht völlig von der des Fdl getrennt ist; der Aufsichtbeamte bekommt die Zustimmung zur Abfahrt über die Stellung des Ausfahrsignals. Falls das Signal vom Bahnsteig aus nicht gut erkennbar ist, sind auf vielen Bahnsteigen Fahrtanzeiger in Form eines schrägen weißen Streifens (Rückseite: drei weiße Punkte) installiert, die die Fahrtstellung des Hauptsignals wiederholen.
Im nächsten Beitrag will ich den Fdl wieder zurück ins EG holen, da steht in vielen Bahnhöfen so ein Anbau auf dem Hausbahnsteig: Ein Befehlswerk. Fortsetzung folgt!
Mit Hp1-Gruß - Helmut
Edit: Im Lageplan ist ein Fehler: Die Stellwerkssymbole müssten doppelt umrandet sein, weil sie sich in einem hohen Gebäude befinden.
#11 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Zitat von Fdl Triptis im Beitrag #10
Im Lageplan ist ein Fehler: Die Stellwerkssymbole müssten doppelt umrandet sein, weil sie sich in einem hohen Gebäude befinden
Oha, das ist mir tatsächlich noch nie aufgefallen, aber jezt wo Du es erwähnst ... da muß ich bei mir ja auch noch dringend nachbessern.
#12 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
4. Bahnhof Triptis vor 1945 und Bahnhof Neustadt(Orla) in Epoche 3
Hallo Forumer, ich habe den Eindruck, dass das Interesse am Fdl-Job etwas nachgelassen hat. Wir sind jetzt aber bald durch, jetzt kommt als meine letzte Strukturvariante der Fall 4:
Fall_4.jpg
Diese Struktur habe ich in der Frühzeit meines Eisenbahn-Interesses erlebt. Ähnlich zu den Fällen 1 und 2 ist der Fahrdienstleiter hier auch gleichzeitig Aufsichtsbeamter.
Ne_203.JPG
In Neustadt(Orla) war die Befehlsstelle im EG am Hausbahnsteig (roter Pfeil im Modellfoto), am Fenster stand ein Tisch mit dem Morsetelegraphen; der Blockaufsatz war an der hinteren Wand, es gab auch einen Durchgang zum Fahrkartenschalter. Ich habe mich damals nicht getraut, den wichtigen Mann zu fragen, was er da eigentlich macht; ich bin sicher, dass er es mir erklärt hätte. Direkt vor seiner Tür war ein schmaler Bohlenübergang (mit Warnschild), damit er in seiner Eigenschaft als Aufsicht den Inselbahnsteig leichter erreichen konnte. Wenn da schon ein Zug stand (meistens waren das C3Pr-Wagen), dann ist er durch den Wagen durchgeschlüpft. Die beiden Wärterstellwerke hießen No und Nw; das Stw Nw steht heute noch da, ich weiß aber nicht, ob es noch in Betrieb ist, die Formsignale wurden schon vor langer Zeit durch Hl-Signale ersetzt, der Bahnhof hat heute noch gerade mal zwei Weichen.
In Triptis war es vor 1945 ganz ähnlich, auf dem Lageplan-Fundstück sieht man (rot unterlegt) die Stellwerke To, Tm und Tw, wobei das Stw Tm deutlich auf dem Hausbahnsteig platziert ist:
Tp_1940.jpg
Auf dem gelinkten Bild
Bhf Triptis vor 1945 ist auf dem Hausbahnsteig so ein typischer Vorbau zu erkennen; da drin ist wahrscheinlich die Befehlsstelle Tm. Das Stellwerk Tw ist am rechten Bildrand hinter dem Wartehäuschen zu sehen. Genau so ein Wartehäuschen gab es auch in Neustadt auf dem Inselbahnsteig, ich habe das im Modell nachgebaut.
Die Tätigkeit des Fdl in so einer Umgebung muss man wohl nicht lange erklären, er übermittelt die Befehle per Befehlsabgabe-Feld immer in das Stw, das den Signalhebel bedient; die Wärter in den Endstellwerken erledigen den Rest inklusive Streckenblock. In beiden Wärterstellwerken findet man Zustimmumgsfelder in beiden Richtungen: Wenn der Wärter im Stw Tw das Signal stellt, dann benötigt er möglicherweise die Zustimmung aus To; nämlich immer dann, wenn für den betroffenen Fahrweg auch Hebel in To umgelegt werden müssen. To hat dann für die betroffene Fahrstraße einen Fahrstraßenhebel und ein (gemeinsames) Zustimmungs-Abgabefeld. In Tw gibt es ein zur Fahrstraße passendes Empfangsfeld, das entblockt sein muss, damit Tw seinen zugeordneten Fahrstraßenhebel umlegen kann.
Der Fdl muss in dieser Variante keine Hebel umlegen, dafür hat er den zusätzlichen Job der Aufsicht, bei dem er schon mal etliche Meter zu laufen hat, dadurch hat er gegenüber seinem Kollegen aus Fall 3 den höheren Fitness-Grad!
Ursprünglich hatte ich für meine Anlage Triptis II eine Struktur mit drei Wärterstellwerken vorgesehen, weil ich bei meinem ersten Besuch beim Original im Jahr 1985 die Stellwerke W1 + W2 + W3 vorgefunden habe; nach dem Fund des alten Lageplans (der recht gut mit dem Modell zusammenpasst) habe ich die Struktur angepasst, ich musste nur das Stw W3 stilllegen, das Stw W2 in Tw und das Stw W1 in To umbenennen:
TpLagTm.jpg
Tm_201.JPG
To_199.JPG
Tw_202.JPG
Auch bei der Bedienung im Modell war die Strukturänderung kein Problem:
TmBef_196.JPG
ToTw_198.JPG
Mit Hp1-Gruß - Helmut
Hallo Helmut, Dein
Zitat von Fdl Triptis im Beitrag #12täuscht. Ich zum Beispiel muss Deine (und Eure) Beiträge erst einmal nachvollziehen, verstehen und einordnen, bevor ich sie kommentieren oder gar beurteilen könnte. Bevor Du hier erschienen bist, war mir Fdl kein Begriff gewesen - Stellwerksbeamte hätte ich bis dahin gesagt.
Eindruck, dass das Interesse am Fdl-Job etwas nachgelassen hat,
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Beitragsserie ein größeres Publikum interessieren würde. In Form einer Fortsetzungsgeschichte in einem der einschlägigen Hefte oder als gesonderte Publikation. Auf jeden Fall ist Deine Ausgestaltung mit Bildern vom Vorbild und der Modellbahn, Gleisplänen und Skizzen schon eimal extrem gelungen.
Auf jeden Fall freue ich mich über jede Fortsetzung,
bis dahin,
Reiner
Den Beitrag gerade jetzt bewusst wahrgenommen und für sehr interessant gefunden. Vor allem sind die Abläufe hier konzentriert erklärt, die man sich bisher mühsam im Internet zusammensuchen musste. Also ich bekunde definitiv Interesse :-)
viele Grüße
KWer
Hallo Helmut,
auch ich will mich mal zu deinen Beiträgen melden. Es ist oft frustrierend, wenn man etwas erarbeitet und nur stummes Kopfnicken erntet.
Das Themen Zugmeldung, Fdl, Fahrstraßen usw. sind mir böhmische Dörfer. Deshalb ist es mir wichtig, Informationen zu bekommen. Deine Beiträge haben auch immer einen Bezug zum Betrieb auf der Modellbahn. Ich werde das sicher nicht so perfekt umsetzen, aber allein schon zu wissen, was beachtet werden muß, gibt wieder neue Impulse für die eigene Anlage.
Deine vier Berichte habe ich als Word-Dokument abgespeichert, um immer mal nachlesen zu können.
Also mach weiter, du bist nicht allein da draußen, wir sind es auch!
Gruß
Ralf
Zitat von Fdl Triptis im Beitrag #12
ich habe den Eindruck, dass das Interesse am Fdl-Job etwas nachgelassen hat.
Was redest Du? Ich kenne bei Weitem nicht alle Stränge hier, aber dass das hier einer DER WICHTIGSTEN überhaupt ist, sieht doch wohl ein Blinder mit Krückstock! Also bitte weiter machen, gerne auch einzelne Vorgänge und Prozesse (ggf. frage ich auch zu gegebener Zeit noch mal nach) noch ausführlicher und detaillierter
#18 Was macht ein Fahrdienstleiter?
Fast zum Schluss möchte ich noch ein paar Anmerkungen zu den "moderneren" Stellwerken machen. Das kann natürlich nur ein Überblick sein, aber für uns Modellbahner reicht doch eine geringere Eindringtiefe?
Kraftstellwerke (auch elektromechanische Stellwerke genannt) gab es schon in Epoche 2. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Stellvorgänge in der Außenanlage durch elektrische Stellantriebe bewerkstelligt werden, dadurch verringert sich die körperliche Beanspruchung des Bedienpersonals, und die mögliche Stellentfernung wird deutlich vergrößert. Dadurch können von einem Stellwerk viel größere Stellbereiche bedient werden.
Die Signalabhängigkeit der Zugstraßen wird dabei auch durch ein mechanisches Verschlussregister hergestellt, allerdings in viel kleinerer Bauart. Die Betätigungselemente sind in den neueren Versionen spezielle Drehschalter, die in Anlehnung an die rein mechanischen Stellwerke (in Deutschland) auch Hebel genannt werden. Diese "Hebel" werden zur Betätigung gezogen und dann nach rechts oder links gedreht, wobei der Drehwinkel für die Funktion eine wichtige Rolle spielt. Wenn sich ein Weichenhebel zB bis in die Endstellung drehen lässt, dann ist diese Weiche nicht festgelegt und läuft schließlich um.
Die Funktionen des Fahrstraßenhebels, des zugehörigen Festlegefelds und des Signalhebels sind in einem Bedienelement, dem Fahrstraßensignalhebel zusammengefasst, so dass man mit weniger Bedien-Schritten zur Freigabe einer Fahrt kommt.
Wie der Streckenblock bei dieser Bauart arbeitet, ist mir nicht klar, jedenfalls werden die Abhängigkeiten zur Signalstellung elektrisch (also durch Relaistechnik) hergestellt.
Die nächste Entwicklungsstufe bilden die Gleisbildstellwerke, im DB-Bereich heißen die auch Drucktastenstellwerke. Die Funktion wird bei dieser Bauart durch Relais realisiert. In großen Stellwerken füllen die Relaisgestelle ganze Stockwerke. Die eingesetzten Relais haben besondere Sicherheitsmerkmale (zB zwangsgeführte Kontakte), durch die eventuelle Fehlfunktionen auf jeden Fall erkannt werden können, um den sicheren Zustand der Anlagen zu garantieren, Stichwort signaltechnische Sicherheit.
Die Bedienung ist nochmal deutlich erleichtert. Auf dem Stelltisch (oder an der Stellwand) ist ein schematisches Gleisbild in Form von kleinen Mosaik-Stelltischfeldern genau der Außenanlage nachempfunden, die Bedienelemente sind Drucktasten, die den Fahrwegelementen genau zugeordnet sind. Der Zustand der einzelnen Elemente wird durch die Ausleuchtung präzise ablesbar. ZB kann man am Stelltischfeld einer Weiche ablesen, in welcher Stellung sie ist oder ob sie gerade umläuft, ob sie verschlossen oder gar gesperrt ist, ob sie Teil einer Fahrstraße ist und ob dieser Fahrstraßenabschnitt gerade frei oder durch ein Fahrzeug besetzt ist.
Die Bedienung geschieht nach dem Zweitasten-Prinzip. Es müssen also immer zwei Tasten gleichzeitig gedrückt werden, um eine Reaktion auszulösen, zB Start und Ziel für eine Fahrstraße oder Weichentaste plus Weichengruppentaste für die Einzelbedienung einer Weiche.
Die Weichen einer angewählten Fahrstraße laufen (nach automatischer erfolgreicher Fahrwegprüfung) nacheinander ein (Weichenlaufkette), damit die Spannungsversorgung der Außenanlage nicht zu stark belastet wird. Die Signale gehen selbsttätig in die Fahrtstellung und fallen nach Vorbeifahrt zurück. In besonders komfortablen Stellwerksversionen lösen sich die Fahrstraßen abschnittsweise auf, so dass Teile davon bereits wieder für andere Fahrwege bereitstehen, bevor der Zug den Fahrweg komplett verlassen hat.
Folgende Melder in den Stelltischfeldern sind besonders wichtig:
Stellungsmelder für Weichen etc. - länglich, gelb oder rot ausgeleuchtet
Verschlussmelder für Weichen etc. - kreisförmig, gelb ausgeleuchtet
Sperrmelder für Weichen etc. - kreisförmig, rot ausgeleuchtet
Festlegemelder für Fahrstraßen - quadratisch, gelb ausgeleuchtet, auf dem Signalfeld
Ersatzsignalmelder für Signale - dreieckig, gelb ausgeleuchtet
Fahrstraßen werden gelb ausgeleuchtet; wenn sie noch im Aufbau begriffen sind, blinken sie; besetzte Abschnitte werden rot.
Die Stelltischfelder sind entweder quadratisch (Bauart L wie Lorenz) oder rechteckig (Bauart S wie Siemens).
Eine Erleichterung für die Projektierung von neueren größeren Stellwerken bringt die Spurplantechnik. Zu jedem Fahrstraßenelement gibt es eine fertige Relaisbaugruppe mit Spurplananschlüssen, die der Struktur des zugehörigen Elements entsprechen. Eine Weichenbaugruppe hat zB drei Spurplananschlüsse. Diese Baugruppen werden entsprechend der Struktur des Gleisplans mit Spurkabeln untereinander verbunden, damit ist die Funktion des Stellwerks bereits definiert.
Die derzeit neueste Entwicklungsstufe bildet das elektronische Stellwerk (ESTW), wo die Funktion durch sicherheitstechnisch besonders ausgerüstete Computer realisiert wird. Es arbeiten mindestens zwei Computer unabhängig voneinander an einer Stellwerksfunktion, beide müssen zum gleichen Ergebnis führen, sonst wird die Aktion nicht durchgeführt. Oft ist auch ein dritter Computer im Spiel, der die Funktion überwacht und bei eventuellen Ausfällen weiter arbeitet. Das Prozessabbild wird in Gleisbildform farbig auf Bildschirmen dargestellt, die auch besondere Sicherheitsbedingungen erfüllen müssen - der bedienende Fdl muss sicher sein, das alles stimmt, was er zu sehen bekommt. Durch die Bildschirmdarstellung lassen sich für die Bedienung besonders wichtige Bereiche zB in Form einer Bahnhofslupe vergrößert darstellen.
Anstelle der Drucktasten kommt hier die Maus als wichtigstes Bedienelement zum Einsatz, allerdings werden zusammenhängende Bedienvorgänge (wie zB Einstellen einer Fahrstraße) durch aufeinander folgende Mausklicks ausgelöst.
Im nächsten (wahrscheinlich letzten) Beitrag diese Strangs möchte ich noch zeigen, wie sich die Eigenschaften der Stellwerkstechnik des Vorbilds auf meine Modellbahnanlagen ausgewirkt haben.
Mit Hp1- Gruß Helmut
#19 Was macht ein Fahrdienstleiter?
Als Abschluss zu diesem "Fdl-Faden" möchte ich noch zeigen, welchen Einfluss die Stellwerkstechnik des Vorbilds auf meine Modellbahn-Aktivitäten ausgeübt haben.
Mechanisches Stellwerk:
Als sich meine Augen für die Eisenbahnwelt geöffnet haben, war das allgegenwärtig. Überall Formsignale, mechanisch oder vor Ort gestellte Weichen, Schrankenkurbeln und viele Menschen, die das bedient haben. So sollte auch meine Modellbahn werden, deshalb ist diese Entwicklungsstufe auch in meiner fünften Anlage nachgebildet. Auch bei der Bedienung habe ich versucht, dem Vorbild nahe zu kommen:
TmBef_197.JPG - Bahnhofsblock
ToTw_198.JPG - Streckenblock
In der älteren Anlage Triptis I war die Beherrschung der Stellwerksbedienung essentiell, ohne korrekte Bedienung des Bahnhofsblocks fuhr kein Zug!
StwTwf.jpg
Eine Funktion ließ sich noch relativ einfach realisieren: Die Schlüsselsperre zur Nachbildung einer einigermaßen vorbildgerechten Sperrfahrt:
Sperr_214.JPG
Was sich nicht so gut nachbilden ließ, war der rein mechanische Stellvorgang der Weichen durch Drahtzugleitungen, hier muss der Modellbahner Kompromisse machen.
Hier im Forum gibt es ein traumhaftes Beispiel für die funktionstüchtige Nachbildung eines Stellwerks mit mechanischem Verschlussregister.
Elektromechanisches Stellwerk:
Das habe ich zwar nicht als Vorbild ausgewählt, aber ein wichtiges Prinzip aus diesem Bereich wenden viele Modellbahner mehr oder weniger versteckt an: Den elektrischen Weichen- und Signalantrieb!
Ich habe gute Erfahrungen mit dem BEMO-Motorantrieb 4425:
BEMO_218.JPG
Den setze ich schon seit fast 40 Jahren ein, etliche Antriebe in Triptis II stammen noch aus meiner alten Anlage und funktionieren heute noch. Die Antriebe haben vier Umschaltkontakte nach dem Schleiferprinzip, die sind also selbstreinigend. Bei mir sind für die Fahrstrom-Weiterleitung immer zwei Kontakte parallelgeschaltet, damit halten die auch gelegentliche Gleiskurzschlüsse aus. Auf dem Bild sieht man, dass ich die Kontakte auf Buchsenleisten geführt habe, das erleichtert den elektrischen Anschluss, auch in weniger gut zugänglichen Bereichen wie im Schattenbahnhof.
Auf dem zweiten Bild sieht sieht man die senkrechte Einbauvariante im Bahnhof Triptis; der Antrieb bewegt sowohl die Stellstange als auch die Weichenlaterne:
B_eing_216.JPG
Gleisbildstellwerk:
Es gibt anspruchsvolle Modellbahner, die den Stelltisch vorbildgerecht nachbauen, zB mit den sehr schönen Elementen der Firma Erbert, die dürften dann aber weniger Zeit für die Außenanlage haben.
Bei mir geht es etwas spartanischer zu, einige wesentliche Funktionen wie Weichen-Stellungsmelder und Zweitastenbedienung gibt es in meinem Stellwerk für den Schattenbahnhof Weida/Oppurg:
Stw_WO_206.jpg
Das Gleisbild ist ein Papier-Negativbild, das auf eine klare Platte aufgeklebt ist, die Gleisymbole sind einfach durchsichtig. Die LEDs sind in eine darunter liegende Lochrasterplatte eingelötet. Mit der RiGT (Richtungs-Gruppentaste) und Richtungstaste wählt man die Fahrtrichtung (und damit den Startbahnhof Oppurg oder Weida) vor, dann zeigen die roten Besetzt-LEDs an, welche Züge für diese Richtung startbereit sind. Für die angezeigte Fahrtrichtung Saalfeld ist der Startbahnhof also Weida. Der Fahrbefehl wird durch Start-Zieltaste gegeben.
Eine weiter Anleihe aus der Technik der Gleisbildstellwerke sind die Relais:
Relais_213.JPG
Meine Anlage funktioniert prinzipiell analog mit der guten alten Fahrstraßen-Z-Schaltung, die ich schon im Jahr 1955 kennengelernt habe. Dabei werden die Zuschaltrelais vom Computer bedient, das geht recht flott und fällt im Zeitverlauf nicht auf. Auf dem Bild sieht man die Zuschaltrelais für den Bereich Neustadt-Triptis-Niederpöllnitz, das ist etwa die halbe Anlage.
Elektronisches Stellwerk:
Die Bildschirmdarstellung meines Prozess-Abbilds orientiert sich am EStW:
Bildsch208.jpg
Allerdings musste ich aus Rechner-Kapazitätsgründen das Bild im Textformat programmieren, dadurch ist es etwas gewöhnungsbedürftig!
Die gelben oder weißen Bezeichnungen aus zwei Zeichen stehen für eine Rangiergruppe, Signale sind rote Einzelbuchstaben, violette Zahlen sind Gleisnummern, blaue Zeichen sind Kürzel für Betriebsstellen. Die Stellungsmelder für die Weichen und Sperrsignale sind etwas seltsam ausgefallen, sparen aber eine Menge Platz auf dem Bildschirm. Im unteren Bereich werden die Vorgänge protokolliert, das sieht man auf dem nächsten (älteren) Bild:
SCR2.gif
Hier sieht man die Situation einer Ausfahrt des Zuges E807 aus Triptis Richtung Niederpöllnitz. Das Signal G zeigt Hp2, die zugehörige Fahrstraße ist festgelegt (rot), der Gleisabschnitt nach Niederpöllnitz ist noch nicht belegt (also noch nicht vorgeblockt), Das ESig F steht noch auf Hp0, die zugehörige Fahrstraße nach Gleis 1 läuft gerade ein, die letzte Schutzweiche ist noch nicht in der richtigen Stellung und unverschlossen (gelb).
Rechts unten sieht man das Protokoll der Stellwerks-Aktivitäten; das Stw Ni ist gerade dabei, den Fahrweg nach dem Signal NiF1 zu stellen (ist damit aber noch nicht fertig). Man sieht auch, das die (damals noch komplett virtuellen) Fahrdienstleiter ihre Zugmeldungen korrekt austauschen und quittieren.
Jedes EStW benötigt eine Schnittstelle zur Außenanlage, die das Spannungsniveau der Steuerung (das sich im Bereich von wenigen Volt abspielt) in das viel höhere und störungsbehaftete Niveau der Stellantriebe und Signallampen umsetzt. Etwas entsprechendes gibt es auch in Triptis II: Die Ein/Ausgabe-Schnittstelle:
B_EA_210.JPG
Hier ist der Spannungsunterschied zwischen Innen und Außen nicht so groß, es sind aber auch hier Vorkehrungen gegen Störbeeinflussungen zu treffen, damit hatte ich in der Anfangszeit schon einige Probleme, einige Weichensteuerungs-Endstufen sind mir durch Störimpulse effektvoll abgeraucht. So etwas Ähnliches muss wohl am letzten Wochenende auch das Stuttgarter Zentralstellwerk außer Gefecht gesetzt haben, weil der "Störimpuls" dabei anscheinend im Kilovolt-Bereich lag!
So viel zu den Beziehungen der Vorbild-Stellwerke zur Modellbahn,
mit Hp1-Gruß - Helmut
#20 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Hallo Helmut,
eine sehr schöne zielgruppengerechte Darstellung , die bestimmt auch eine schöne Eröffnung Deiner Beitragsserie gewesen wäre
Ich erlaube mir im Folgenden noch ein paar Anmerkungen zum Thema.
Zitat von Fdl Triptis im Beitrag #18
Kraftstellwerke (auch elektromechanische Stellwerke genannt) gab es schon in Epoche 2. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Stellvorgänge in der Außenanlage durch elektrische Stellantriebe bewerkstelligt werden...
Der Begriff Kraftstellwerk ist zumindest in Deutschland für elektromechanische Stellwerke schon sehr lange ungebräuchlich (spätestens Ende Epoche 3). Kenne ich nur aus sehr alten Büchern.
International betrachtet ist der Begriff Kraftstellwerk ein Überbegriff für alle Stellwerksbauformen bei denen die Außenelemente nicht mit Muskelkraft via Drahtzugleitung betätigt werden.
Es gab/gibt auch Kraftstellwerke bei denen die Energieübertragung mit Druckluft oder Hydraulik übertragen wurden/werden.
In Deutschland gab es das wenig (Druckluft) bzw. gar nicht (Hydraulik).
Elektromechanische Stellwerke gab es schon in der Epoche 1. Das erste ging 1894 in Betrieb. Eins von den Berliner Stellwerken von 1896 war bis vor einigen Jahren auch im Museum in Nürnberg ausgestellt.
Bei elektromechanischen Stellwerken findet man neben elektrischen Weichenantrieben auch elektrisch betätigte Formsignale und Lichtsignale. Die DB und die DR haben da nach dem Krieg entsprechende Relaisrucksäcke für entwickelt.
Zitat
Wie der Streckenblock bei dieser Bauart arbeitet, ist mir nicht klar, jedenfalls werden die Abhängigkeiten zur Signalstellung elektrisch (also durch Relaistechnik) hergestellt.
Als Streckenblock findet man beim elektromechanischen Stellwerk z.B. einen separaten Felderblockkasten mit passenden Abhängigkeiten zu den Fahrstraßensignalhebeln oder Relaisblock mit eigenem (weißen) Blockhebel oder Relaisblock mit Tastenbedienung im Hebelwerksaufsatz.
Auch einen Bahnhofsblock für die Abhängigkeit von Fahrdienstleiter- und Wärterstellwerk gibt es im eletromechanischen Stellwerk. Die Befehls- und Zustimmungshebel dafür sind grün.
Näheres dazu im Warninghoff (für die DB)
https://www.bahn-fachverlag.de/shop/fach...ellwerk-e-book/
für die DR im Stapf
https://www.eurobuch.com/buch/nr/70caffc...6d57d005b9.html
Solche Abhängigkeiten gibt es auch zwischen verschiedenen Bauformen. In Hanau gibt es bis heute diverse Abhängigkeiten zwischen dem ESTW auf der Nordseite und den diversen elektromechanischen Stellwerken auf der Südseite.
Zitat
Die nächste Entwicklungsstufe bilden die Gleisbildstellwerke, im DB-Bereich heißen die auch Drucktastenstellwerke.
Jein
Der Begriff Gleisbildstellwerk wurde bei der DR als Synonym für Relaistellwerke verwendet. Strenggenommen charakterisiert dieser Begriff nur die Gestalt des Bedienapparates. Daher zählen die ESTW heute auch zu den Gleisbildstellwerken.
Den Begriff "Hebelstellwerk" ist allerdings ungebräuchlich.
Auch der Begriff Drucktastenstellwerk sagt nur etwas über den Bedienung aus, nicht über die Machart der Herstellung der Verschlüsse. Bei den Relaisstellwerken der DR findet man auch Zugtasten.
Zitat
Die Stelltischfelder sind entweder quadratisch (Bauart L wie Lorenz) oder rechteckig (Bauart S wie Siemens).
Auch bei den WSSB-Bauformen bei der DR sind die Tischfelder quadratisch.
Zitat
Eine Erleichterung für die Projektierung von neueren größeren Stellwerken bringt die Spurplantechnik.
Verallgemeinert kann man sagen, dass dies bei Relaisstellwerken das sog. geografische Funktionsprinzip ist, im Gegensatz zum tabellarischen Funktionsprinzip (mit Verschlusstabelle wie bei den mechanischen und elektromechanischen Stellwerken).
Die von Dir angesprochene Einzelelementauflösung ist ein Merkmal des geografischen bzw. Spurplanprinzips. Bei Relaisstellwerken im tabellarischen Prinzip ist funktionsbedingt fast nur eine Gesamtauflösung einer Fahrstraße möglich, wobei es in sehr großen DrS-Anlagen (z.B. Frankfurt Hbf) auch Teilfahrstraßenauflösungen gab, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
Zitat
Die derzeit neueste Entwicklungsstufe bildet das elektronische Stellwerk (ESTW), wo die Funktion durch sicherheitstechnisch besonders ausgerüstete Computer realisiert wird.
...
Das Prozessabbild wird in Gleisbildform farbig auf Bildschirmen dargestellt, die auch besondere Sicherheitsbedingungen erfüllen müssen - der bedienende Fdl muss sicher sein, das alles stimmt, was er zu sehen bekommt.
Da ist die Technik nicht stehen geblieben. Die Entwicklung der ESTW (zumindest in Deutschland bzw. bei der DB) dauert jetzt schon etwa 35 Jahre. Heute sind verschiedene Hersteller schon seit 10-15 Jahren soweit, dass zumindest für den Bedienplatz und die zentrale Technik auf Sicherungsebene keine Spezialhardware mehr eingesetzt wird, das 2x2v2 oder das 2v3-Prinzip ist dabei unberührt. Die Software läuft auf professionellen Industrie-PCs, wie man sie auch in Rechenzentren findet.
Spezialhardware findet man heute im Regelfall bei den meisten ESTW-Bauformen lediglich bei der signaltechnisch sicheren Anbindung der Stelleinheiten und Gleisfreimeldeanlagen.
Zitat
Durch die Bildschirmdarstellung lassen sich für die Bedienung besonders wichtige Bereiche zB in Form einer Bahnhofslupe vergrößert darstellen.
Das Gegenteil der Lupe ist die Bereichsübersicht (Berü).
Grob kann man sagen, dass über die Berü alle Regelbedienhandlungen möglich sind. Hilfshandlungen sind nur über die Lupe möglich. In der Historie des ESTW waren daher auch nur die Lupen eine sichere Anzeige, eben weil man sie auch im Regelbetrieb ohne eine (technische) Störung nicht brauchte.
Zitat
Anstelle der Drucktasten kommt hier die Maus als wichtigstes Bedienelement zum Einsatz, allerdings werden zusammenhängende Bedienvorgänge (wie zB Einstellen einer Fahrstraße) durch aufeinander folgende Mausklicks ausgelöst.
Die Gestalt der Bedienung von ESTW ist in der Historie sehr unterschiedlich gewesen. Am Anfang (in den 1980ern) gab es lediglich eine sog. Dateneingabetastatur (DET), wo man in für den Außenstehenden vergleichsweise kryptischer Form die Kommandos eingab. Heute würde fast man sagen, man benutzt die "Kommandozeile". Die Notation war quasi gleich zu rechnergestützten Bedienmöglichkeiten von größeren Relaisstellwerken z.B. beim SpDrS600. Diese Kommandozeile des ESTW gibt es bis heute.
Ganz am Anfang der ESTW-Historie gab es auch vereinzelt ESTW (4 Stück), die statt der Berü eine Panoramatafel wie ein Relaisstellwerk hatten.
Nach der DET kam das Bedientablett und jetzt eben die Maus.
#21 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Hallo die Herren,
anbei ein Foto vom Arbeitsplatz des Fdl, und der ist auch schön ausgeschildert:
Der mechanische Teil des Ganzen war sehr unansehnlich - aber ein wenig Elektrik war noch zu fotografieren, für was immer sie gut war:
Zehn Jahre sind die Bilder alt. Wie lange das alles da schon außer Funktion war, ist mir nicht bekannt.
Gruß,
Reiner
#22 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
#23 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Hi Jan,
klar, ich weiß auch nicht warum ich das vorausgesetzt habe. Und die Abbildung findet sich hier (#10) im Forum...
Danke für die Info bzgl. der Bahnübergänge. Die müssten fast bis St.Quirin gereicht haben.
Ich wünsche eine Schöne Woche,
Reiner
#24 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Zitat von Gruppentaste im Beitrag #20
eine sehr schöne zielgruppengerechte Darstellung , die bestimmt auch eine schöne Eröffnung Deiner Beitragsserie gewesen wäre
Ebenso besten Dank an Helmut, und auch an Gruppentaste für Ergänzungen.
Und (natürlich) ebenfalls ein paar Anmerkungen meinerseits, vor allem auch, weil's hier wie immer etwas sehr deutschlandlastig zugeht; man lernt daraus aber auch ein wenig, was prinzipiell möglich ist.
Zitat von Gruppentaste im Beitrag #20Zitat von Fdl Triptis im Beitrag #18
Kraftstellwerke (auch elektromechanische Stellwerke genannt) gab es schon in Epoche 2. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Stellvorgänge in der Außenanlage durch elektrische Stellantriebe bewerkstelligt werden...
Der Begriff Kraftstellwerk ist zumindest in Deutschland für elektromechanische Stellwerke schon sehr lange ungebräuchlich (spätestens Ende Epoche 3).
In Österreich kann man die Grenze an zwei Typenbezeichnungen ziemlich genau ausmachen: 1947 hat die OES ein Stellwerk mit der Bezeichnung K47 herausgebracht: Kraftstellwerk 1947. Von den Südbahnwerken kam dann 8 Jahre später eine Variante des Siemens-1912er-Stellwerks mit der Bezeichnung EM55 heraus: Elektro-Mechanisch 1955.
Zitat von Gruppentaste im Beitrag #20
Elektromechanische Stellwerke gab es schon in der Epoche 1. Das erste ging 1894 in Betrieb.
... im damals österreichischen Prerov an der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn, von Siemens gebaut.
Zitat von Gruppentaste im Beitrag #20Zitat
Die nächste Entwicklungsstufe bilden die Gleisbildstellwerke, im DB-Bereich heißen die auch Drucktastenstellwerke.
Jein
Ebenfalls "jein", aus anderen Gründen - und da wird es schwierig: Prinzipiell muss man eigentlich zwischen der Technologie der Stellwerkslogik und der Bedienerführung unterscheiden:
* Die Verschlusslogik (für die Signalahängigkeit) kann mechanisch, elektromechanisch, relaisbasiert oder elektronisch sein.
* Mehr der weniger unabhängig davon(!) kann die Bedienerführung "gleisbildorientiert" oder "(hebel)reihenorientiert" sein.
(* Als Drittes könnte man noch die Abhängigkeitslogik zu anderen Stellwerken ergänzen, die mechanisch, blockelektrisch, gleichstromelektrisch oder elektronisch sein. Das ignoriere ich hier, weil's sonst zu lang wird).
In Deutschland gab und gibt es m.W. nur folgende Kombinationen:
a) mechanisch reihenorientiert - das typische "mechanische Stellwerk"
b) elektromechanisch reihenorientiert - das typische "elektromechanische Stellwerk"
c) relaisbasiert gleisbildorientiert - das typische "Relaisstellwerk"
d) elektronisch gleisbildorientiert - das typische "ESTW"
In der Schweiz und in Österreich (und anderswo) kommen dazu:
e) relaisbasiert reihenorientiert: Das sind z.B. die Schweizer Integra-Schalterwerke, die zwar aussehen wie elektromechanische Stellwerke, aber kein mechanisches Verschlussregister haben. In Österreich (und in Schweden) gab es rein elektrische Ericsson-Stellwerke aus Schweden. Beide sind schon in den 1930ern entstanden.
f) relaisbasiert reihenorientiert ODER gleisbildorientiert: Ein interessanter "Zwitter" waren die Drehachsenstellwerke der OES in Österreich, mit speziellen "langen Relais", an denen man die Unabhängigkeit der Bedienlogik von der Verschlusslogik sieht: In manchen Bahnhöfen wurden die Schalter noch reihenweise angeordnet, in St. Pölten dann schon in einer Fläche "ungefähr nach ihrer Lage", in Straßwalchen dann mit einem richtigen Gleispult. Die "Logikmaschine" dahinter war aber immer dieselbe.
Zitat von Gruppentaste im Beitrag #20
Verallgemeinert kann man sagen, dass dies bei Relaisstellwerken das sog. geografische Funktionsprinzip ist, im Gegensatz zum tabellarischen Funktionsprinzip (mit Verschlusstabelle wie bei den mechanischen und elektromechanischen Stellwerken).
... und bei ESTWs verwischt sich das Ganze: Dort wird intern zum Teil wieder mit Fahrstraßentabellen (aber trotzdem natürlich Einzelauflösung) gearbeitet; ich glaube - als Softwarearchitekt -, dass der Hauptgrund dafür der einfacher nachweisbare Test ist: Man kann die Fahrstraßen der Reihe nach "abhaken", was eine prüfende Behörde gerne mag. Daneben gibt es - Westinghouse fällt mir ein - auch "technisch-formalere Projektierungsvarianten", die mit Logikausdrücken arbeiten, allerdings nur für kleinere ESTWs.
Zu den ESTWs der Schweiz und Österreichs sage ich jetzt nichts, das ist eine eigene Darstellung wert, nur soviel: Man hätte erwarten können, dass da schon länderübergreifende Hersteller wie Alcatel/Thales und Siemens einheitlich (und nicht länderspezifisch) entwickelt hätten - tatsächlich waren aber in den 1980ern und 1990ern einerseits die "nationalen Behördenbahnen" noch so stark und reich (als Auftraggeber), dass sie ihe Vorstellungen massiv einbringen konnten; und andererseits (und teilweise deswegen) die Landesgesellschaften der Hersteller auch so stark, dass sie Eigenentwicklungen vorantreiben konnten. Extrembeispiel ist die Alcatel Austria mit der ELEKTRA, die ein vollkommen anderes Sicherheitsprinzip ("Safety Bag") entwickelte und in Österreich zum Einsatz brachte. Die oben erwähnte Entkopplung von Logik und Bedienung ist aber bei den ESTWs so grundsätzlich vorgesehen, dass mittlerweile mehr oder weniger auf jeder Logik jede Bedienoberfläche aufgesetzt werden kann, sodass internationale Hersteller mitmischen und die Länderspezifika, auch im Signalwesen, immer mehr zu Details werden.
H.M.
#25 RE: Was macht ein Fahrdienstleiter?
Hallo,
Zitat
... und bei ESTWs verwischt sich das Ganze: Dort wird intern zum Teil wieder mit Fahrstraßentabellen (aber trotzdem natürlich Einzelauflösung) gearbeitet; ich glaube - als Softwarearchitekt -, dass der Hauptgrund dafür der einfacher nachweisbare Test ist: Man kann die Fahrstraßen der Reihe nach "abhaken", was eine prüfende Behörde gerne mag.
Tatsächlich gingen die Hersteller (Siemens, SEL/Alcatel) bei den ESTW wieder vom Spurplanprinzip ab und projektierten auf Basis "klassischer" Tabellen. Irgendwo habe ich als Begründung gelesen dass das Spurplanprinzip die Anforderungen der, sagen wir, "deutschsprachigen" Regelwerke (D, A, CH) abbildet. Wenn man so ein Stellwerk in einem Land verkaufen möchte bei dem Eisenbahnsicherungstechnik deutlich anderen Prinzipien folgen muss (Großbritannien, Niederlande, Frankreich) erhoffte man sich wohl dass die Anpassung mit "Verschlußregisterstellwerken" einfacher sei.
Noch was aus der Theorieschublade: Ausgangsfrage dieses Threads war ja was ein Fahrdienstleiter eigentlich so macht. Nun reden wir überwiegend über Stellwerkstechnik und ihre Bedienung, die ja den Arbeitsalltag der meisten Fdl maßgeblich prägt.
Aber: Streng genommen ist "Fahrdienstleiter" einfach eine betriebliche Funktion und heute zwar meist, jedoch nicht zwingend, mit der Bedienung eines Stellwerks verbunden.
- Bei allereinfachsten betrieblichen Verhältnissen könnte ein Fdl einen Bahnhof besetzen der ausschließlich ortsgestellte Weichen (vielleicht sogar Rückfallweichen), keinerlei Signalabhängigkeit und Trapeztafeln anstelle von Einfahrsignalen besitzt. Fdl mit entsprechenden betrieblichen Aufgaben ist er trotzdem, aber: nix mit Stellwerksbedienung.
- In der Anfangszeit der Eisenbahnsicherungstechnik waren Fahrdienstleiter im Empfangsgebäude tätig, koordinierten den Betriebsablauf, machten telefonisch oder telegraphisch Zugmeldungen, bedienten aber keine Weichen oder Signale - das machten "Weichensteller", die dafür jeweils vom Fdl, lange Zeit nur mündlich, beauftragt wurden. - Später kamen ferngestellte Weichen und Signale auf, und die wurden immer noch durch die Weichensteller, die jetzt "Weichenwärter" hießen (und immer noch heißen) von Wärterstellwerken aus bedient.
- Der Auftrag des Fdl an den Weichenwärter erfolgte zunächst immer noch mündlich. Erst nach Erfindung des Blockfeldes kam der Bahnhofsblock hinzu durch den der Wärter Hauptsignale erst nach einer blocktechnischen Freigabe durch den Fdl stellen konnte. Nun stand im Dienstraum des Fdl im Allgemeinen immer noch kein eigentliches Stellwerk (das direkt Weichen oder Signale bedient hätte), aber ein Blockwerk als "Befehlsstelle".
- Von größeren Bahnhöfen in Sachsen (hm, ich meine das in Wilthen vor ESTW-Umstellung gesehen zu haben) befand sich die Befehlsstelle übrigens nicht im Dienstraum des Fdl (da wo Streckenfernsprecher und Zugmeldebuch liegen) sondern nochmals zwei Türen weiter; vermutlich hatte der Fdl früher noch einen Schergen unter sich der in seinem Auftrag den Bahnhofsblock bedienen musste.
- Selbst wenn der Fdl auf dem Stellwerk sitzt muss er nicht zwangsläufig selbst Hand anlegen. Aus großen Stellwerken mit "Alttechnik" (etwa Bhf in Bremen Hbf.) kenne ich es noch so dass der Fdl selber am am Schreibtisch koordinierte, die Zugmeldungen machte ein "Zugmelder", das Stellwerk bedienten zwei Wärter die an der (auf Bhf ziemlich gewaltigen) Hebelbank entlangflitzten.
Alles lange vorbei. Die DB beseitigte die separaten Befehlsstellen nach 1950 in rasantem Tempo, der Fdl musste dann auf eines der Wärterstellwerke umziehen, und heute bedient er in den meisten Fällen die Stellwerkstechnik seines Bezirks komplett selber.
Gruß,
Sebastian
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